Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)
Besitzer entworfen hatte, damit seine Welt nicht in sich zerbrach: »Bewusstseinsstudien auf der ganzen Welt zeigen das Gleiche: Unser Bewusstsein existiert noch, wenn unser Herz zu schlagen aufgehört hat und wir keinerlei Herzaktivität mehr messen können. Und dass wir mit den Toten kommunizieren können. Sie sind um uns herum im Raum.« Bergmann lachte kurz und sah zu Niels: »Ärzte, die Patienten wiederbelebt haben, erzählen, dass sie über die wiederbelebten Patienten Nachrichten bekommen haben von ihren bereits ver storbenen Eltern. Diese Fälle sind gut dokumentiert und gar nicht selten. Und warum sollte das nicht möglich sein?«
»Was ist möglich?«, fragte Niels.
»Mit ihr zu reden. Mit Maria zu reden. Sie zu fragen, wer das getan hat.«
Bergmanns Stimme setzte ein paarmal aus. Niels kannte diese Stimme. Man klang so, wenn man alles aufgegeben hatte. Wenn man zur Tat schreiten wollte. Das Gespräch war zu Ende.
Ich muss irgendetwas Unerwartetes tun, dachte Niels. Ihn überraschen. Ihn dazu bringen, in anderen Bahnen zu denken.
»Sie sind ein Idiot, Bergmann!«, rief Niels mit einer Lautstärke, die ihn selbst überraschte. »Sie schaden Ihrer Tochter! Was glauben Sie denn, wie das hier enden wird? Mit Ihnen im Gefängnis und einem Mädchen, das dann weder Vater noch Mutter hat.«
Bergmanns Wut loderte auf wie ein alter, trockener Zunderschwamm. Niels bemerkte gar nicht, dass er auf ihn zukam, bis er dicht vor ihm stand und er seinen Atem riechen konnte.
»Es endet damit, dass wir den Mörder finden«, flüsterte der Arzt. »Ihre Frau wird ihn für mich finden.«
»Und dann?«
»Und dann findet meine Tochter ihren Frieden. Ich opfere mich gerne.«
»Und Sie opfern auch gerne andere? Meine Frau. Mich. Dicte. Wie viele noch?«
Bergmann stand mitten im Raum, bevor er zu Hannah ging und seinen Atem unter Kontrolle brachte.
»Du warst ja schon einmal tot«, sagte er.
Hannah räusperte sich. Niels war überrascht, wie gefasst sie klang:
»Ja, ich war mehrere Minuten tot«, sagte sie. »Das wissen Sie, deshalb sind wir hier.«
»Und jetzt sollst du noch einmal auf die gleiche Reise gehen.«
»Nein, Bergmann. Ich bitte Sie«, flüsterte Niels und begann an den Kabelbindern zu ziehen, mit denen seine Hände gefesselt waren. Sie saßen stramm. Wenn er sein Handgelenk abreißen könnte, er hätte es getan.
»Wie lange willst du mich tot sein lassen?«, fragte Hannah.
»Zehn Minuten. Dicte war am nächsten dran. Sie hatte acht Minuten. Du bist stark. Die Flüssigkeit, in der du ertrinkst, ist eine …«
»Salzwasserlösung«, unterbrach Hannah ihn kurz.
»Du weißt, was das bedeutet?«
»Sie schafft die besten Voraussetzungen für eine Reanimation.«
»Ideale Bedingungen«, sagte der Schlafforscher.
Niels hörte ihrem Gespräch zu, während Bergmann den me dizinischen Prozess minutiös durchging und Hannah hin und wie der trockene Bemerkungen oder Kommentare machte. Von Forscher zu Forscher . Nur dass der eine an einem Metallgitter hing, während der andere den Kontakt zur Erde verloren hatte. Davon abgesehen war alles normal.
»Es ist wichtig, dass du nicht das Licht suchst«, sagte Bergmann. »Dicte war so nah dran. Sie hat ihr Gesicht gesehen. Strahlend.«
»Und wenn ich das Gleiche sehe?«, fragte Hannah.
»Dann gehst du zu ihr, so dicht es nur geht. Du sagst ihr, dass ich dich schicke, denn sie liebt mich noch immer, das weiß ich. Und dann fragst du sie: Wer hat dich ermordet?«
33.
Valby, 23.28 Uhr
Pop . Was sollte das? Leon war ins Bett gegangen. Aber er war ärgerlich, und seine Beine wollten keine Ruhe geben. Er schob sie wieder aus dem Bett und richtete sich auf. Pop .
»Stimmt was nicht?«, fragte ihn seine Frau von der anderen Seite des Bettes.
»Ich bin sauer«, sagte er.
Seine Frau wusste genau, dass sie ihn in solchen Momenten in Ruhe lassen musste. Bei Leon war Verärgerung oft die Vorstufe einer wichtigen Erkenntnis. Er stand auf. Nahm sein Handy von einem der beiden idiotischen Nachtschränkchen, die seine Frau gekauft und auf jeder Seite des Bettes samt passenden Lampen platziert hatte. Keine Nachricht, kein Anruf. Er öffnete noch einmal die SMS , die Niels ihm geschickt hatte, während er Tennis gesehen hatte. Eigentlich hatte er die ja ignorieren wollen. Pop . Typisch Bentzon. Musste er ihm wieder Vorwürfe machen, dass er populär war? Er wusste ganz genau, was Bentzon über ihn dachte. Er hielt ihn für einen Opportunisten, dem es mehr darauf ankam, nach der
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