Der Schlaf und der Tod: Thriller (German Edition)
Charlotte sahen sich an.
»Vielleicht die Initialen einer Person mit vier Namen? Das ist heutzutage ja gar nicht so selten«, versuchte Niels ihnen auf die Sprünge zu helfen.
Die Mutter schüttelte den Kopf.
»Niels Michael?«, schlug Niels vor. »Niels Michael und irgend wie weiter?«
Dictes Vater schüttelte den Kopf.
»Nadja … Natascha Marie …«
Der Vater fiel ihm ins Wort: »Warum fragen Sie? Ich verstehe das noch immer nicht. Warum haben Sie Grund zu der Annahme, dass Dictes Tod etwas mit einem Verbrechen zu tun hat?«
»Das weiß ich noch nicht. Aber wie gesagt, hatte ich den Eindruck, dass …« Niels gab den Versuch, ihnen das alles zu erklären, auf. Stattdessen konzentrierte er sich auf die Fakten. »Sie hatte das auf ihre Hand geschrieben. NMSB – Montag, 16 Uhr. Das kann natürlich auch die Abkürzung für irgendeinen Ort sein oder eine Vereinigung, eine politische Partei.«
Wieder nur Kopfschütteln.
»Wenn Ihnen etwas in den Sinn kommt, wer oder was das sein könnte …«
»Dann rufen wir an.«
»Tun Sie das auch, wenn Sie glauben, dass es eigentlich keine Relevanz hat. Nur damit wir unsere Ressourcen nicht falsch einsetzen.«
»Natürlich«, sagte Hans Henrik trocken, endlich wieder in einem Themenbereich, in dem er sich zu Hause fühlte. Nutzen von Ressourcen. Verschwendung minimieren . Niels warf ihm einen mitfühlenden Blick zu.
»Okay, reden wir kurz über Dictes Verhältnis zu anderen Menschen. Es ist ja nichts Ungewöhnliches, dass Menschen sich in berühmte Persönlichkeiten verlieben. Wir haben Unmengen von Stalkingfällen auf dem Tisch. Meistens handelt es sich dabei aber um Filmstars und Popmusiker und so. Aber das ist natürlich auch bei Tänzerinnen möglich.«
Er sah zu Dictes Mutter, die aber nur mit den Schultern zuckte und ihn fragend ansah.
»Wann haben Sie zuletzt mit ihr gesprochen?«
Hans Henrik räusperte sich: »Das ist ein paar Wochen her.«
»Ein paar Wochen. Geht es präziser?«
Die Mutter nahm Hans Henriks Hand. Die Frage traf sie, das spürte Niels ganz deutlich. Deshalb fuhr er fort:
»Eher fünf Wochen oder eher zehn?«
»Wofür soll das relevant sein?«, fragte der Vater sichtlich verärgert.
»Sollten die Rahmenbedingungen des Todes Ihrer Tochter tatsächlich als ungeklärt eingestuft werden, müssen wir versuchen, die letzten Tage und Stunden ihres Lebens zu rekonstruieren.«
Hans Henrik unterbrach ihn. »Wir haben mit Dicte seit einem halben Jahr nicht mehr geredet. Sind Sie jetzt zufrieden?«
Niels antwortete nicht.
Hans Henrik fügte stotternd hinzu: »Sie … wir …« Dann versagte seine Stimme.
Charlotte übernahm. »Dicte hat sich zurückgezogen.«
»Zurückgezogen?«
»Sie wollte uns nicht mehr sehen.«
»Warum nicht?«
Hans Henrik meldete sich wieder: »Gibt es wirklich einen Grund dafür, dass wir …«
»Warum hatten Sie seit einem halben Jahr keinen Kontakt mehr zu Ihrer Tochter?«, fragte Niels.
Schweigen. Quälende Sekunden, in denen Charlottes Blick der Tischkante folgte, oder dem Saum des Teppichs?
Hans Henrik räusperte sich. »Wie gesagt, Dicte hatte sich zurückgezogen. Sie wollte nicht mehr in ihr Elternhaus kommen.«
»Warum nicht?«
»Ich muss Ihnen die Antwort schuldig bleiben.« Er sah schnell zu Charlotte. Nicht um Hilfe zu erhalten, dachte Niels. Eher im Gegenteil. Er will sichergehen, dass sie sich nicht einmischt. »Das hat sich so entwickelt, begonnen hat das letzten Herbst. Sie hat nicht mehr angerufen und auch nicht mehr auf unsere Anrufe reagiert. Und nach Hause gekommen ist sie auch nicht mehr. Das letzte Mal, dass wir mit ihr gesprochen haben, war im Theater vor der Premiere von – tja, was hatte sie damals getanzt?« Er sah zu Charlotte, die jetzt wieder etwas sagen durfte.
»Kameliendame . «
»Genau, ja, wir haben sie vor der Vorstellung getroffen, aber sie war sehr kühl zu uns. Unnahbar. Und – ja, ich weiß noch, dass wir beide, als wir auf dem Rückweg im Auto saßen, richtiggehend erschüttert über ihr Verhalten waren. Es war irgendwie, als hätte sie …« Er sah wieder zu seiner Frau, die erneut zu weinen begonnen hatte. »… als hätten wir es auf einmal mit einer ganz anderen Dicte zu tun.«
»Und was war danach?«, wollte Niels wissen.
»Wir haben versucht, wieder Kontakt mit ihr aufzunehmen. Charlotte war sogar ein paarmal bei ihrer Wohnung und hat geklingelt, aber Dicte hat nie aufgemacht. Wir waren außen vor. Sie hat uns aus ihrem Leben geschmissen.«
»Sie haben aber doch
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