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Der schlafende Engel

Der schlafende Engel

Titel: Der schlafende Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia James
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als Nächstes etwa auf die Nase binden, dass du die Furie bist?
    »Nein, wohl nicht.« Davina hob ihr Glas und prostete April zu. »Auf April Dunne, die kleine Heldin, die dem Tod ein Schnippchen schlägt«, erklärte sie sarkastisch.
    Diesmal schluckte April den Köder nicht, sondern stand auf und nahm ein Glas aus dem Schrank über ihr. »Ich glaube, ich trinke auch ein Glas«, sagte sie.
    »So ist es richtig.« Lächelnd schenkte Davina ihr ein und sah zu, wie April das Glas an die Lippen hob. »Okay, eines würde ich gern wissen – genauer gesagt, wir alle –, wieso hat der Tod so ein großes Interesse an April Dunne? Hm? Wieso lauert er an jeder Ecke auf dich?«
    »Vielleicht habe ich einfach nur Pech.«
    »Nein, das glaube ich nicht«, widersprach Davina. »Eher im Gegenteil. Wenn jemand mit zwei – nein, drei – Vampiren in einem brennenden Haus eingesperrt ist und am Ende ohne einen Kratzer herauskommt, muss derjenige schon etwas ganz Besonderes sein.«
    April trank noch einen Schluck – um ihre flatternden Nerven zu beruhigen, aber auch, damit Davina ihr Gesicht nicht erkennen konnte.
    Davina Osbourne schien immer alles zu wissen – wer mit wem gesehen oder gesprochen hatte, all den Klatsch und Tratsch, noch bevor er überhaupt passierte, deshalb hatte April keine Ahnung, wie genau sie über die Nacht in Sheldons Haus informiert war. Aber dass April ihren Bruder getötet hatte, indem ihr Blut in seinen Körper eingedrungen war und ihn qualvoll hatte sterben lassen, konnte sie unmöglich wissen, oder?
    »Davina, das mit Ben tut mir aufrichtig leid«, sagte sie leise.
    Davina schnitt eine Grimasse.
    »Das muss es nicht. Er konnte einfach nur den Hals nicht voll kriegen, das ist alles. Ben wollte Macht und war nicht bereit zu warten. Deshalb hat er Sheldon auch so vergöttert. Weil er dachte, dass der Falke der nächste Anführer wird. Und ich gehe davon aus, dass Sheldon das auch dachte.«
    Davina durfte auf keinen Fall erfahren, wie viel April wusste. Noch nicht. Sie musste so tun, als wäre all das völlig neu für sie.
    »Also war Sheldon doch nicht euer Anführer? Wer dann?«
    Davina lächelte dünn, als sei sie nicht sicher, wie viel sie preisgeben sollte.
    »Ja, es gibt jemanden, der noch weiter oben in der Rangordnung steht«, sagte sie dann. »Aber Sheldon war arrogant. Er fand, es sei an der Zeit, den alten Anführer zu vertreiben, und dachte, er sei besser für diese Aufgabe geeignet. Und Ben hat er als seinen tapferen loyalen Soldaten benutzt.« Ihre Worte klangen bitter und wütend, aber auch ein Anflug von Trauer schwang darin mit. Sie starrte auf die Tischplatte und fuhr mit dem Finger durch einen Tropfen Blut, den sie übersehen hatte.
    »Natürlich war er nicht mein richtiger Bruder.«
    »Nicht?«
    Betrübt schüttelte sie den Kopf.
    »Es wundert mich, dass du nicht schon selbst darauf gekommen bist. Nein, wir sind – waren – Vampire, die erst später verwandelt wurden. Sheldon war schon von Geburt an Vampir, was man ihm auch anmerkte. Er war überheblich und fordernd; Eigenschaften, die man recht häufig bei ihnen beobachten kann. Aber Ben und ich haben uns bewusst dafür entschieden. Wir wollten verwandelt werden.«
    »Wie lange bist du schon … ich meine, wann wurdest du verwandelt?«
    »Spielt das eine Rolle? Schon viel zu lange. Ich bin der klassische Fall – ich wollte unbedingt den Glamour, die ewige Jugend haben. Ich dachte, es sei ein Heidenspaß, für immer ein Teenager zu bleiben.« Mit einem bitteren Lachen schenkte sie den restlichen Wein in ihr Glas. »Das glauben alle. Man sieht die weiche, glatte Haut, die seidigen Haare, die Clubs und all das und bildet sich ein, das Leben sei eine einzige endlose Party.«
    Sie rutschte auf ihrem Stuhl vor und nahm Aprils Hand.
    »Es. Ist. Die. Hölle«, sagte sie, wobei sie jedes einzelne Wort betonte. »Wir führen ein Leben im Schatten, sind ständig auf der Flucht, wie gehetzte Tiere. Wann immer wir trinken, riskieren wir unser Leben. Wir leben von der Hand in den Mund, stehlen, lügen und noch Schlimmeres. Viel Schlimmeres.«
    »Ich dachte, euer Leben sei so glamourös.«
    »Was?« Davinas Augen funkelten vor Wut. »Denk doch mal nach! Wie soll das gehen? Eine Sechzehnjährige? Ganz allein? Wovon soll ich leben? Keiner von uns kann einen normalen Job annehmen, weil wir viel zu jung sind. Und wem können wir trauen? Anderen Vampiren jedenfalls nicht. Die haben nur ihre eigenen Probleme im Kopf. Spender kommen auch nicht infrage

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