Der schlagende Beweis
Geräusche innerhalb des Lagers. Betrunkene weinten leise, und die Verrückten tobten über Dinge, die für andere unsichtbar waren. Daniel hatte Angst, zusammengeschlagen oder beraubt zu werden, wenn ihm nicht gar Schlimmeres widerfuhr, und so versuchte er, nicht einzuschlafen. Wenn er doch einmal einnickte, genügte das geringste Geräusch in der Nähe seiner Schlafmatte, und er war, das Messer in der Hand, hellwach.
Um etwa zwei Uhr morgens war er vor Ersch öpfung weggedöst, als er von den Geräuschen geweckt wurde, die zwei Männer beim Kampf um eine Flasche billigen Wein von sich gaben. Er hatte mit weit aufgerissenen Augen zugesehen, wie die Männer mit wild wütender Energie zuschlugen. Als es vorüber war, blieb der Gewinner blutverschmiert stehen, und der Verlierer lag zusammengekauert und vor Schmerz stöhnend am Boden. Die Weinflasche war schon bei den ersten Hieben zu Bruch gegangen und die fl üssige Trophäe im Schmutz des Schlachtfelds versickert. Daniel lag, entsetzt über die Gewalt und gelähmt vor Angst, in seinem Schlafsack. Als er wieder in der Lage war, sich zu rühren, hatte das Stöhnen des Mannes am Boden aufgehört. Daniel konnte nicht wieder einschlafen. Am Morgen ging er, nachdem er seine Sachen gepackt hatte, zu dem Toten hinüber.
Der Eindruck, den diese erste Leiche hinterlassen hatte, war immer noch lebendig, und Arthur Briggs ähnelte ihr in mancherlei Hinsicht. Seine Augen hatten blind geradeaus gestarrt, seine Haut war wächsern und seine unglaubliche Energie war aufgezehrt gewesen.
Auf halbem Wege nach Portland lie ß das Adrenalin, das Daniels panikartige Flucht ausgelöst hatte, allmählich nach und wich der nüchternen Realität. Briggs war tot, und ein Augenzeuge hatte mitbekommen, wie er, Daniel, vom Cottage wegrannte. Hatte der Fahrer ihn deutlich genug gesehen, um ihn zu identifizieren? Es war dunkel gewesen, doch die Scheinwerfer hatten ihn erfasst, bevor er sein Gesicht verdecken konnte. Ihm wurde übel. Er war als Teenager im Gefängnis gewesen, und die Erfahrung war ihm verhasst. Wenn er jetzt in den Knast käme, dann wegen Mordes.
Sobald Daniel in seiner Wohnung war, betrachtete er sich im Spiegel. Er konnte kein Blut entdecken, aber um sicherzugehen, zog er sich um und steckte die getragenen Sachen in die Waschmaschine im Keller. Kaum war er wieder oben, versuchte er, sich dar über klar zu werden, wie die Polizei ihn mit dem Mord in Verbindung bringen konnte. Er war sich ziemlich sicher, dass er im Cottage keine Fingerabdrücke hinterlassen hatte, doch der Zeuge hatte ihn möglicherweise deutlich gesehen. Und dann war da noch Renee Gilchrist. Er hatte ihr erz ählt, dass Briggs sich am Abend mit ihm im Cottage treffen wollte. Wenn sie das der Polizei meldete, war er erledigt.
Pl ötzlich erinnerte er sich an Briggs' Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Sie würde beweisen, dass er zur fraglichen Zeit im Cottage an der Starlight Road war. Daniel hatte das Band gerade gelöscht, als das Telefon klingelte. Er wartete. Es klingelte noch einmal. Daniel nahm den Hörer ab.
»Mr. Arnes?«
»Ja.«
»Inspektor Brewster, Polizei von Portland.«
Daniel drehte sich der Magen um. »Wir sind uns gestern Nacht begegnet.«
»Ach, ja.«
»Ich stehe mit einem Kollegen und einigen Beamten in Uniform vor der Tür. Wir würden uns gerne mit Ihnen unterhalten.«
»Worüber?«, fragte Daniel und ging ans Fenster. Billie Brewster sprach von einem Handy aus. Zeke Forbus stand neben ihr. Ein Beamter in Uniform blickte zum Fenster hoch. Daniel trat zurück.
»Das möchte ich nicht am Telefon besprechen«, sagte Billie. »Wären Sie bereit herunterzukommen?«
Daniel überlegte, welche Möglichkeiten er hatte. Er konnte in der Wohnung bleiben, und die Polizei würde seine Tür eintreten und ihn gewaltsam rausholen, oder er konnte freiwillig hinuntergehen. In beiden Fällen würden sie ihn verhaften; es war nur eine Formfrage.
»Okay«, sagte Daniel. »Ich komme runter.«
Er sah sich in der Wohnung um. Seine Sachen waren in der Waschmaschine im Keller. Die Polizei w ürde seine Wohnung durchsuchen, aber möglicherweise würden sie nicht unten nachsehen. Er wollte gerade gehen, als ihm mit voller Wucht zu Bewusstsein kam, dass er vielleicht für lange Zeit hinter Gittern verschwinden würde. Er musste jemandem Bescheid geben, aber wem? Daniel überlegte und wählte dann die Nummer von Kate. Der Anrufbeantworter war eingeschaltet.
»Kate, Daniel am Apparat. Die Polizei wartet
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