Der schlagende Beweis
uns sagen, warum?«
»Ich wollte keinen Kontakt mit ihnen pflegen.«
»Würden Sie mir zustimmen, dass es ziemlich ungewöhnlich ist, wenn eine Tochter zwanzig Jahre lang keinen Kontakt mit ihren Eltern hat?«
»Einspruch! Die Frage gehört nicht zur Sache.«
»Ist die Beziehung der Zeugin zu ihren Eltern von Bedeutung für unseren Fall, Ms. Jaffe?«, fragte Richter Opton.
»Ja, Euer Ehren, aber ich ziehe meine Frage für den Augenblick zurück.«
Amanda wandte sich wieder an die Zeugin.
»Haben Sie Geschwister?«
»Ich habe eine jüngere Schwester, Dorothy.«
»Hat Ihre Schwester die Beziehung zu Ihren Eltern aufrechterhalten?«
»Ja.«
Amanda machte sich ein paar Notizen und kam auf ein anderes Thema zu sprechen.
»Ich würde gerne mit Ihnen über Ihren Bildungsweg sprechen. An welchen Universitäten wurden Ihnen Ihr Magister- und Ihr Doktortitel verliehen?«
»An der Templeton University.“
»Wo haben Sie Ihren Collegeabschluss gemacht?«
»Ich habe keinen.«
Amanda gab sich überrascht. »Das ist etwas verwirrend für mich«, sagte sie. »Müssen Sie nicht zuerst ein College absolvieren, bevor Sie Ihren Magister und Ihren Doktor machen können?«
»Das wurde an der Templeton nicht verlangt.«
»Ist die Templeton University eine richtige Fakultät mit einem Campus und einem Football-Team?«
»Templeton ist eine Fernuniversität. Ich habe mein Studium per Korrespondenz absolviert.«
»Wie lange haben Sie für den Magister und für den Doktor an der Fernuniversität gebraucht?«
»Etwa drei Jahre.«
»Jeweils?«
»Insgesamt.«
Amanda hatte Richter Optons volle Aufmerksamkeit, und Daniel bemerkte, dass Mike Greene ein wenig nerv ös zu werden schien.
»Was waren Ihre Spezialgebiete bei Ihrem Studium?«
»Theozentrische Betreuung.«
»Ich glaube nicht, dass ich schon mal davon gehört habe. Könnten Sie dem Richter erklären, was er sich unter theozentrischer Betreuung vorzustellen hat?«
»Theozentrisch bedeutet auf Gott zentriert. Dem Konzept liegt keine spezielle religiöse Ausrichtung zu Grunde«, sagte Fairweather, ohne sich dem Richter zuzuwenden. Daniel hatte den Eindruck, als ob sie zu niemandem im Besonderen spreche, sondern sich von den Vorgängen im Gerichtssaal distanziere.
»Dr. Fairweather, ist Templeton University eine staatlich anerkannte Universit ät wie etwa die Oregon State University?«
»Ich glaube, nicht.«
»Und Sie üben Ihren Beruf ohne irgendeine staatliche Anerkennung aus?«
»Ja.«
»Kommen wir auf Ihre Eltern zurück. Wurden Sie als Kind von Ihrem Vater missbraucht?«
»Einspruch! Das ist vollkommen irrelevant.«
Amanda stand auf. »Im Gegenteil, Euer Ehren, wenn Sie mir ein bisschen freie Hand lassen, werden Sie sehen, dass diese Art der Befragung unmittelbar auf die Glaubwürdigkeit und Kompetenz der Zeugin hinausläuft.«
Richter Opton brauchte einen Moment, um eine Entscheidung zu treffen. Er sah nicht gl ücklich aus.
»Ich werde Sie fortfahren lassen, allerdings unter der strikten Voraussetzung, dass Sie die Relevanz für dieses Verfahren nachweisen können. Wenn Sie mich nicht bald davon überzeugen, werde ich Mr. Greenes Einspruch stattgeben.«
»Danke, Euer Ehren. Dr. Fairweather, hat Ihr Vater Sie missbraucht?«
»Ja.«
»Wie?«
»Sexuell, physisch, emotional.«
»Von welchem Alter an?«
»Das weiß ich nicht mehr so genau. Nach meinen frühesten Erinnerungen muss ich vier, fünf gewesen sein.«
»Wenn Sie von physischem Missbrauch reden, was genau meinen Sie damit?«
»Schlagen, würgen, einsperren«, gab sie eintönig und emotionslos Auskunft, so wie Daniel es vielleicht tun würde, wenn er jemandem erz ählen sollte, was er in den Nachrichten gesehen hatte.
»Und mit sexuellem Missbrauchs ?«
»Berührungen, Verkehr.«
»Er hatte mit Ihnen Verkehr, als Sie vier waren?«
»Ja.«
»Noch etwas?«
»Sodomie, oralen Sex. Er ... er hat Gegenstände benutzt. Flaschen und andere Dinge.«
»Und wie lange ging das so?«
»Bis ich mein Elternhaus verlassen habe.«
»Wie alt waren Sie da?«
»Einundzwanzig.«
»Das lief also siebzehn Jahre lang?«
»Ja.«
»Jedes Jahr?«
»Jede Woche.«
»Haben Sie irgendjemandem von diesem physischen und sexuellen Missbrauch erzählt?«
»Ich ... Ich hab es vielleicht meinen Lehrern gesagt. Ich weiß nicht mehr.«
»Wären Sie überrascht, wenn ich Ihnen sagte, dass mein Ermittler mit einigen von Ihren Lehrern gesprochen hat, sich aber keiner von ihnen daran erinnert, von Ihnen jemals
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