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Der Schleier der Angst - Der Schleier der Angst - Voile de la Peur

Titel: Der Schleier der Angst - Der Schleier der Angst - Voile de la Peur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samia Shariff
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fürs Leben reichen will, werde ich noch glaubhafter wirken. Ich sehe nicht, was an unserer Heirat schlecht sein sollte!«
    »Meine Familie findet alles, was ich tue, schlecht. Ihr Zorn kennt keine Grenzen.«
    Hussein beruhigte mich, er beteuerte mir seine Liebe und betonte, wie sehr er sich auch meinen Töchtern gegenüber verpflichtet fühle. Ich wurde geliebt, ich war nicht länger allein! Ich fühlte mich geborgen, denn ich bedeutete einem Mann etwas. Diese von Liebe erfüllten Augenblicke wogen zumindest teilweise all die verlorenen Jahre auf. Ach, wenn dieser Zustand nur von Dauer sein würde!
    Ein paar Tage später erschien mein jüngerer Bruder um die Mittagszeit und teilte mir mit, dass mein Vater seinen Urlaub abgebrochen hatte und mich und meine Töchter so schnell wie möglich zu sehen wünsche.
    Was würde jetzt geschehen? Da die Mädchen wieder in die Schule mussten, sagte ich meinem Bruder, dass ich allein kommen würde.
    »Papa hat ausdrücklich gesagt: dich und deine Töchter!«
    »In Ordnung. Wir werden spätestens in einer halben Stunde da sein. Geh nach Hause zurück, und sag unserem Vater Bescheid.«
    »Nein! Papa hat mir eingeschärft, dass ich nicht ohne euch zurückkommen soll.«
    »Dann setz dich hin. Die Mädchen werden erst einmal zu Ende essen. Ich habe noch etwas in meinem Zimmer zu erledigen.«
    Ich nutzte die Gelegenheit, um heimlich Hussein anzurufen. Er sollte wissen, dass jetzt die Unterredung mit meinem Vater bevorstand.
    »Mach dir keine Sorgen«, beruhigte er mich. »Wenn du nicht zurückkommst, werde ich bei deiner Familie erscheinen. Ruf mich heute Abend an.«
    Ich forderte meine Töchter auf, ihre Schultaschen zu nehmen, und legte meinen Schleier an. Wir waren bereit, aber als wir ins Auto steigen wollten, musste Melissa sich übergeben. Sie war sehr sensibel, und wenn sie Angst hatte, wurde ihr übel. Sie klammerte sich an mich.
    »Mama, ich habe solche Angst«, flüsterte sie mir ins Ohr. »Ich fürchte mich vor Großvater und Großmutter. Ich spüre, dass ein Unglück geschehen wird. Vor allem habe ich Angst um dich, denn ich weiß, dass sie dich nicht lieben.«
    »Mach dir keine Sorgen, mein Liebling, es sind deine Großeltern. Großeltern tun ihren Enkeln niemals etwas Böses an!«
    Während der Autofahrt streichelte ich unablässig Melissas Haar, um sie zu beruhigen. Mir war klar, dass die Situation ernst war. Die vorzeitige Rückkehr meiner Eltern verhieß nichts Gutes. Ich hatte mich die ganze Zeit darauf vorbereitet, was ich ihnen über meine Beziehung zu Hussein sagen wollte. Als wir ankamen, ging ich erneut meine Worte in Gedanken durch. Ich war noch nicht bereit, ihnen die Stirn zu bieten, aber würde ich das jemals sein?
    Als wir aus dem Auto stiegen, warf ich einen Blick auf das gewaltige Haus, das mächtig und düster wirkte. Ein Schauer lief mir den Rücken hinunter, aber ich durfte meine Angst nicht vor meinen Töchtern zeigen. Hand in Hand trat ich mit ihnen über die Schwelle, während ich still zu Gott betete.
    Obwohl die ganze Familie versammelt war, herrschte ein bedrückendes Schweigen. Melissa wollte ihre Großmutter umarmen, doch die stieß sie zurück und warf sie zu Boden. Das war zu viel für mich. Meine Wut brach heraus, und niemand konnte mich zurückhalten. Zornig eilte ich zu meinerTochter, um ihr aufzuhelfen. Da packte mich jemand an den Haaren und zerrte mich in Richtung unserer Vorratskammer. Ich wurde hineingestoßen, und gleich darauf folgten meine Töchter. Wie Vieh wurden wir eingesperrt.
    Ich lag am Boden und musste erst einmal begreifen, was geschehen war. Melissa weinte herzzerreißend und rief nach mir. Norah stand wie erstarrt in einer Ecke des Raums. Instinktiv rückten wir ganz nahe zueinander, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Was bedeutete diese Aggression? Warum galt sie auch meinen Töchtern?
    Wie ein General stand meine Mutter in der Tür, die Fäuste in die Hüften gestemmt, um keinen Raum freizugeben. Meine beiden Brüder flankierten sie.
    »Tragt den Gefrierschrank hinaus«, befahl sie ihnen jetzt. »Das dort gelagerte Fleisch könnte verderben, wenn es mit diesen verdorbenen Kreaturen in Berührung kommt! Seit deiner Geburt, Tochter, bist du stets Abschaum gewesen, und mit deinen Töchtern hast du weiteren stinkenden Abschaum hervorgebracht. Ihr beide seid dem Beispiel eurer Mutter gefolgt. Nun, jetzt wird euch das gleiche Schicksal treffen wie sie! Huren werden mit Huren untergehen. Es war noch nicht genug, dass

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