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Der Schlüssel zu Rebecca

Der Schlüssel zu Rebecca

Titel: Der Schlüssel zu Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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im Spiegel. Ihr Gesicht war an allem schuld, seinetwegen führte sie dieses sinnlose Leben. Du hast mich in die Irre geführt, dachte sie; du hast mir vorgetäuscht, jemand anders zu sein. Du bist nicht mein Gesicht, du bist eine Maske. Hör endlich auf, über mein Leben zu bestimmen.
    Ich bin keine Schönheit der höheren Gesellschaft von Kairo, ich stamme aus den Slums von Alexandria.
    Ich bin keine unabhängige, reiche Frau, sondern kaum besser als eine Hure.
    Ich bin keine Ägypterin, sondern eine Jüdin.
    Mein Name ist nicht Elene Fontana, sondern Abigail Asmani. Und ich möchte nach Hause.
     
    Der junge Mann am Schreibtisch der Jewish Agency in Kairo trug ein schwarzes Käppchen. Abgesehen von ein paar dünnen Bartstoppeln, waren seine Wangen glatt. Er fragte sie nach ihrem Namen und ihrer Adresse. Sie vergaß ihren Vorsatz und nannte sich Elene Fontana.
    Der junge Mann schien verwirrt. Sie war daran gewöhnt: Die meisten Männer gerieten aus der Fassung, wenn sie sie anlächelte. Er sagte: »Werden Sie – ich meine, haben Sie etwas dagegen, wenn ich Sie frage, weshalb Sie nach Palästina wollen?«
    »Ich bin Jüdin«, antwortete sie abrupt. Sie konnte diesem Jungen nicht alles erklären. »Alle meine Verwandten sind tot. Ich vergeude mein Leben.«
    »Welche Arbeit würden Sie in Palästina übernehmen?«
    Daran hatte sie nicht gedacht. » Jede.«
    »Es gibt vor allem landwirtschaftliche Arbeit.«
    »In Ordnung.«
    Er lächelte sanft. Langsam gewann er die Fassung zurück. »Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber Sie sehen nicht aus wie eine Landarbeiterin.«
    »Wenn ich mein Leben nicht ändern wollte, hätte ich nicht vor, nach Palästina zu gehen.«
    »Ja.« Er spielte mit seinem Federhalter. »Was tun Sie zur Zeit?«
    »Ich singe. Wenn ich kein Angebot bekomme, tanze ich, und wenn ich nicht tanzen kann, arbeite ich als Kellnerin.« Es entsprach fast der Wahrheit. Sie hatte alle dreiTätigkeiten schon einmal ausgeübt, allerdings war sie nur beim Tanzen erfolgreich gewesen, und auch dafür war sie nicht allzu begabt. »Ich habe Ihnen schon gesagt, daß ich mein Leben vergeude. Was sollen all die Fragen? Nimmt Palästina nur noch Universitätsabsolventen auf?«
    »Davon kann keine Rede sein, aber es ist sehr schwer hineinzukommen. Die Briten haben eine Quote festgelegt, und alle Plätze werden von Flüchtlingen vor den Nazis beansprucht.«
    »Wieso haben Sir mir das nicht schon vorher gesagt?« fragte sie wütend.
    »Aus zwei Gründen. Der eine ist, daß wir Leute illegal einschleusen können. Der andere ... der andere läßt sich nicht so leicht erklären. Wenn Sie einen Moment warten? Ich muß jemanden anrufen.«
    Sie war immer noch verärgert. »Ich bin nicht sicher, daß es Zweck hat zu warten.«
    »Es hat Zweck, das verspreche ich Ihnen. Nur ein oder zwei Minuten. Es ist ganz wichtig.«
    »Also gut.«
    Er ging in ein Hinterzimmer, um zu telefonieren. Elene wartete ungeduldig. Es wurde wärmer, und das Zimmer war schlecht belüftet. Sie kam sich ein wenig lächerlich vor, da sie so impulsiv hierhergekommen war, ohne sich Gedanken über die Emigration gemacht zu haben. Zu viele ihrer Entscheidungen kamen so zustande. Sie hätte vorhersehen müssen, daß man ihr Fragen stellen würde. Dann hätte sie sich Antworten zurechtlegen können. Außerdem hätte sie etwas weniger Auffälliges anziehen sollen.
    Der junge Mann kam zurück. »Es ist so heiß«, sagte er. »Wollen wir über die Straße gehen und etwas Kaltes trinken?«
    So war das also! Sie beschloß, ihn zurechtzuweisen, musterte ihn abschätzig und erwiderte: »Nein, Sie sind viel zu jung für mich.«
    Er war schrecklich verlegen. »Oh, bitte mißverstehen Sie mich nicht. Ich möchte Sie nur mit jemandem bekannt machen.«
    Elene wußte nicht, ob sie ihm glauben konnte. Aber sie hatte nichts zu verlieren und war durstig. »Einverstanden.«
    Er öffnete ihr die Tür. Sie überquerten die Straße, wichen den wackligen Karren und klapprigen Taxis aus und wurden plötzlich von der lodernden Sonnenhitze umhüllt. Sie beugten sich unter eine gestreifte Markise und betraten das Cafe, das angenehm kühl war. Der junge Mann bestellte Zitronensaft. Elene entschied sich für Gin und Tonic.
    »Sie können Leute illegal einschleusen?«
    »Manchmal.« Er stürzte die Hälfte des Getränks hinunter. »Zum Beispiel, wenn der Betreffende verfolgt wird. Deshalb mußte ich Ihnen ein paar Fragen stellen.«
    »Ich werde nicht verfolgt.«
    »Eine andere Möglichkeit

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