Der Schlüssel zum Tode Kommissar Morry
weiter! Das alles dauert mir schon viel zu lange.“
Frederick Lawes griff rasch nach seiner Kelle und machte sich wieder über das Mauerloch her. In einer Stunde war die Arbeit getan. Die Wand wirkte wieder sauber und ordentlich. Niemand konnte ahnen, welche Schätze sich dahinter befanden.
„Geh jetzt!“, fauchte Alfred Glashill ungeduldig. „Und laß dich nicht so rasch wieder bei mir blicken, hörst du? Ich habe genug von deiner dämlichen Visage.“
Frederick Lawes grinste und ging. Vergnügt fummelte er an den knisternden Scheinen in seiner Tasche herum. Ein wohliges Gefühl durchrieselte ihn, so oft seine Fingerspitzen die kostbaren Steine berührten.
Ich werde mir ein paar tolle Tage machen, dachte er berauscht. Bisher haben sich die Miezen in Moncktons Kellerbar immer an meinem Buckel gestört. Heute' werden sie das sicher nicht tun. Wenn sie Geld sehen, macht ihnen ein Höcker nichts aus.
Den ganzen Nachmittag trieb er sich in den verschiedensten Kneipen herum. Abends gegen neun Uhr fuhr er mit dem Bus nach Stepney hinüber. Am Mardon Place stieg er aus. Er kam an dem Saalbau vorbei, in dem auch heute wieder der Polizeiverein London Ost tagte. Die berüchtigte Kellerbar war nur hundert Yard entfernt.
Frederick Lawes schlich sich gebeugt an das graue Haus heran. Schüchtern und linkisch stieg er die Stufen hinunter. Das Kellergewölbe tat sich vor ihm auf. Die nackten Steine waren mit buntem Flitter und billiger Seide verkleidet. Überall schwebten Luftballons herum. Ein Musikautomat winselte in den hellsten Tönen.
„Hey, der Bucklige“, rief eine schrille Mädchenstimme. „Was willst du hier, Frederick? Bei uns gibt es nichts zu schnorren. Wir sind selbst schwach bei Kasse.“
Frederick Lawes blickte mit wässrigen Augen durch das schummerige Lokal. An allen Tischen saßen billige Mädchen mit schmachtenden Blicken. Sie hatten lackierte Lippen und getuschte Wimpern. Die wenigsten machten sich die Mühe, Frederick Lawes überhaupt einen Blick zu schenken. Sie behielten weiterhin den Eingang im Auge, um nach zahlungskräftigen Freiern Ausschau zu halten.
In der hintersten Ecke der dunkelroten Polsternischen saß Lissy Black und rührte mit einem Strohhalm in ihrem Cocktail herum. Sie trug wieder die helle Seidenbluse, an der aus kalter Berechnung die zwei obersten Knöpfe fehlten. Ihre üppigen Formen zogen Frederick Lawes in magischen Bann. Er kam mit schüchternem Grinsen an ihren Tisch heran. „Ist es gestattet?“, fragte er lüstern.
Lissy Black sagte weder ja noch nein. Sie rückte lediglich ein Stückchen zur Seite. Das war alles. Frederick Lawes ließ sich zögernd neben ihr nieder. „Ich bin lange nicht mehr dagewesen“, hüstelte er verlegen. „In der letzten Zeit fehlte mir das Geld. Aber heute . . .“
Er legte zwei Scheine auf den Tisch und winkte den Kellner herbei. „Was willst du?“, fragte er seine hübsche Nachbarin. „Es soll mir auf ein paar Schilling nicht ankommen.“
Lissy Black machte große Augen. Sie fuhr mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen. Das tat sie immer, wenn sie ein lohnendes Geschäft witterte. Anscheinend hatte sie seit Tagen gefastet. Denn sie ließ Koteletts und Salate auffahren, daß Frederick Lawes die Augen übergingen. Sie verzehrte das knusprige Fleisch mit wahrem Heißhunger. Ihre Wangen röteten sich. Ihre Augen bekamen den alten Glanz.
„So“, sagte sie, als sie endlich fertig war. „Jetzt kannst du mit mir reden. Du suchst ein Nachtquartier, wie?“
Frederick Lawes murmelte ein paar unverständliche Worte vor sich hin. Er hätte sich überhaupt jede Silbe sparen können. Seine Blicke redeten deutlich genug. Er faßte unbeholfen nach ihren weichen Armen und versuchte, sie zu sich herüberzuziehen. Aber Lissy Black wehrte ab. „Nicht hier“, sagte sie unwillig. „Die Cops haben in letzter Zeit ein scharfes Auge auf Moncktons Kellerbar. Wir können zu mir gehen, wenn du willst. Ich wohne gleich nebenan.“
„Gut“, sagte Frederick Lawes mit hungrigen Augen. „Gehen wir! Ich werde dir später noch etwas schenken. Du wirst verdammt überrascht sein.“
Sie brachen schon nach wenigen Minuten auf. Von spöttischen Blicken verfolgt, gingen sie aus dem Lokal. Eng nebeneinander wanderten sie auf das Haus Lissy Blacks zu.
„Was willst du mir denn schenken?“, fragte das Mädchen neugierig. „Das ist ein seltener Fall, daß ein Freier mehr zahlt, als man verlangt.“
„Später“, murmelte Frederick Lawes. „Erst
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