Der Schlüssel zur Hölle (Ein Tom Hunt-Thriller) (German Edition)

tolle Frau kennengelernt zu haben. Nach seiner Scheidung hatte er nicht mehr damit gerechnet, sich jemals wieder verlieben zu können. Es war ein schönes, verloren gegangenes Gefühl, das seinen wahrlich komplizierten Job erheblich erträglicher machte. Regina gab mehr als sie nahm, ohne es zu wissen.
    Da er keine Telefonnummer von Pfarrer Donoy hatte, konnte er sich nicht vorher anmelden. Es war kein weiter Weg, denn die beeindruckende, im neogotischen Stil erbaute Kirche war nur ein paar Straßen vom Museum entfernt. Um zum Eingang des Pastorats mit der Dienstwohnung des Geistlichen zu gelangen, musste er einmal um die Kirche herumgehen. Tom klopfte mehrmals an der mächtigen Eichentür. Er wollte sich gerade abwenden, als sie knarrend geöffnet wurde.
    » Special Agent Hunt.«
    Pfarrer Donoy lächelte verschmitzt .
    » Sind mal wieder schwarze Schafe in unserer Gemeinde unterwegs?«
    » Ja, leider.«
    Tom freute sich wirkli ch, den alten schlauen Kauz wiederzusehen und ärgerte sich zugleich über sich selbst. Weil er immer nur vorbeischaute, wenn er etwas von ihm wollte. Pfarrer Donoy, mit einer geringen Körperlänge ausgestattet, trug den Schalk im Nacken. Für Tom eine Persönlichkeit mit einer besonderen Willenskraft. Seine Gesichtszüge ähnelten denen eines Falken mit einer zu langen Nase. Seine warmen freundlichen und blauen Augen machten diesen Umstand wett.
    In der katholischen Kirchenwelt genießt er einen besonderen Ruf. Er gilt als brillanter Dogmatiker und hätte eine große Karriere anstreben können. Aber er wollte nur Pfarrer in seiner geliebten New Yorker Gemeinde sein. Er winkte Tom herein. Die Tür schloss mit einem dumpfen, mächtigen Geräusch.
    » Ich habe gerade Earl Grey aufgesetzt, möchten Sie eine Tasse mittrinken?«
    » Sehr gern.«
    Tom mag Tee überhaupt nicht, er wollte dem alten Mann aber seine Freude lassen. Denn er bot, wie er wusste, nur wenigen Menschen sein Lieblingsgetränk an.
    Sie setzten sich in der kleinen Küche an einem Holztisch. Alles hier war spärlich und einfach eingerichtet, aber auch sehr ordentlich.
    » Kandis?«
    » Ja, bitte.«
    » Nun Tom, da Sie es ja immer eilig haben, wie kann ich Ihnen helfen?«
    Tom holte aus seiner Jacke den zusammengefalteten Ausdruck von William Blake, behielt ihn aber noch in seiner Hand. »An einer Wand eines Tatortes haben wir heute folgende Buchstaben und Ziffern gefunden:
    Dtn 28,18 und dieses Bild …
    Es ist ä hnlich, wohl nachgemalt. Es hing an einer besonderen Stelle im Haus.
    Der eigentliche Maler dieses Bildes ist der Künstler William Blake und der Titel lautet:
    „Der Flug des Moloch s“«
    Pfarrer Donoy nahm genüsslich einen kräftigen Schluck aus seiner Tasse.
    »Natürlich kenne ich diesen Künstler und seine religiös, mystisch angelehnten Werke .«
    Nach einer weiteren nachdenklichen Weile:
    » Es ist aus dem Alten Testament. 5. Buch Mose, Deuteronomium oder hebräisch Devarim:
    Dtn 28,18:
    „Verflucht ist die Frucht deines Leibes und
    die Frucht deines Ackers, die Kälber, Lämmer
    und Zicklein.“
    „ Moloch“, bleiben wir wieder im Hebräischen. „Molech“ leitet sich aus der Wurzel „König sein“ oder „herrschen“ her. In der biblischen Überlieferung des Deuteronomiums ist es als Gottesnamen umgedeutet.
    In diversen geschichtlichen Belegstellen bedeutet es eigentlich immer:
    Ki nderopfer dem Moloch darbringen!
    Im Altgriechischen und Lateinischen wird von Opferungen von Kindern für Kronos-Baal in Karthago berichtet. Ein sehr schwieriges, komplexes Thema. Wurde in Ihrem Fall ein derartiges Ritual durchgeführt?«
    Tom erzählte ihm alles, was er bisher über den Fall berichten konnte. Er wusste, dass alles , was hier besprochen wurde, niemals diesen heiligen Ort verlassen würde.
    »Grundgütiger Gott!«
    Pfarrer Donoy bekreuzigte sich.
    » Was für ein geistig wahnsinnig Verirrter muss hier am Werk sein.
    Das Kapitel 28 der Gebote Gottes verkündet noch einige Flüche und Segen für Gehorsam - beziehungsweise Ungehorsam. Ich bete dafür, dass es nicht noch weiter geht.«
    Kurze Stille .
    » Mein lieber Pfarrer, genau das ist auch meine Befürchtung. Dass wir es hier mit einem oder mehreren Tätern zu tun haben und dass diese Tat wahrscheinlich nur der Anfang war. Könnte der Schlüssel auch eine religiöse Bedeutung haben?«
    » In der Tat, es ist sehr kryptisch. Aber die Kette mit dem Schlüssel könnte …«
    Pfarrer Donoy wurde von Toms Handy klingeln unterbrochen, er hielt inne.
    » Sorry.«