Der Schluss-Mach-Pakt
»Und was genau sagt uns die Wissenschaft über die Liebe?«
Er war mir so nahe, dass ich die goldenen Sprenkel in seinen braunen Augen sehen konnte. Ein kaum sichtbares Muttermal war unter seinem linken Auge zu erkennen und ein heller Pfirsichflaum bedeckte die Haut oberhalb seiner Lippe. Ich schluckte und gab die Worte wieder, die sich mir in all den Jahren, die ich mich nun schon mit medizinischen Werken befasste, ins Gehirn gebrannt hatten. »Liebe ist eine Form der Lust. Lust wird durch die Ausschüttung von Endorphinen ausgelöst. Das, was eine Person unserer Ans icht nach attraktiv macht, basiert nur auf Pheromonen. Wi r reagieren positiv auf jemanden, dessen Pheromone zu den unseren passen, und dann denken wir, wir hätten uns verliebt. Aber das spielt sich alles nur im Kopf ab, reine Einbildung. Buchstäblich.«
Jetzt grinste Zac über das ganze Gesicht und klopfte mir mit dem Stift leicht auf die Nase. »Du bist wirklich so was wie ein wandelndes medizinisches Nachschlagewerk. Du hast alles durchschaut, was?« Seine dunklen Augen blickten mich unverwandt an, und ein leises Lächeln kräuselte seine Lippen, als wüsste er eh schon, was ich sagen würde, auch wenn er nicht daran glaubte.
Tja, alles hatte ich noch nicht durchschaut. Bei ihm hatte ich immer noch so meine Probleme.
»Ich weiß genug, um nicht so leicht auf die Biologie reinzufallen.« Ich starrte ihn eine Weile an und forderte ihn im Stillen heraus, sich mit mir anzulegen oder mich eines Besseren zu belehren. Doch das tat er nicht. Er starrte zurück, ebenso schweigend, bis ich mich schließlich von seinem Blick löste, da mir die Röte übers Gesicht kroch.
Ich nahm einen Schluck von meinem Getränk, um meinen mit einem Mal total trockenen Hals zu befeuchten. »Ich finde immer noch,« sagte ich dann, »dass Partnervermittlungen nichts als Beschiss sind, aber wenn du es für eine gute Idee hältst, bitte schön. Solange ich eine eins dafür kriege, ist es okay für mich.«
Meine letzte Hoffnung war jetzt, dass Mr Freeman was dagegen hatte und uns zwingen würde, uns was anderes auszudenken.
Fünf
»Also dann«, meinte Hannah Cohen, während sie mit dem Hammer auf den Tisch schlug. »Die Sache ist beschlossen. Die Einnahmen aus dem Frühlingsflohmarkt gehen an das örtliche Tierheim. Ich bin mir sicher, die Hunde und Katzen werden sehr dankbar sein für das Fressen, das mithilfe unserer Spende gekauft werden kann.«
Molly lehnte sich auf der anderen Seite von Hannah mit ihrem Stuhl zurück, um eine Grimasse zu schneiden, und sie wackelte mit dem Kopf, wie Hannah das immer tat, wenn sie bei den Sitzungen unserer Jahrgangsstufe etwas sagte. Ich hustete, um mein Lachen zu vertuschen. Hannah nahm ihren Job als Vorsitzende des Jahrgangs viel zu wichtig und gab sich in dieser Funktion bei den monatlichen Versammlungen immer fast noch arroganter, als sie es eh schon war.
Doch als Vizepräsidentin ging ich mit meinem Lachen nicht unbedingt als bestes Vorbild für den Rest der Mitglieder durch. Auch wenn es einfach total treffend und witzig war, wie Molly sie nachmachte.
Hannah warf mir einen kurzen Blick zu, ehe sie ihr Haar zurückwarf und sagte: »Gibt es sonst was Neues?«
Natalie Spinelli, auch bekannt als Hannahs rechte Hand, meldete sich. »Ich wäre dafür, dass wir uns über die Wahl der diesjährigen Klassenkönigin und des Klassenkönigs unterhalten.«
Als Molly sich nun kerzengerade aufrichtete, donnerten die Füße ihres Stuhls mit einem lauten Knall auf den Fliesenboden. »Was gibt es da denn zu besprechen? Die Sache mit dem Klassenkönig und der Klassenkönigin ist ein archaisches Ritual, das man schon vor zwanzig Jahren hätte abschaffen sollen. Sind wir an dieser Schule denn ernsthaft noch an Beliebtheitswettbewerben interessiert? Täusche ich mich oder leben wir inzwischen im einundzwanzigsten Jahrhundert?«
Gemurmel wurde laut vom Rest der Leute, einige waren ganz Mollys Meinung, andere offensichtlich nicht, bis Hannah schließlich wieder mit dem Hammer auf den Tisch schlug.
»Wir haben deinen Einwand registriert, Fräulein Schriftführerin«, sagte Hannah an Molly gewandt, »doch leider muss er abgewiesen werden. Der Klassenkönig und die Klassenkönigin sind tief verwurzelte Traditionen hier an der Willowbrook High, und indem wir sie jedes Jahr aufs Neue wieder aufleben lassen, gedenken wir derer, die vor uns hier waren. Ich schließe mich der Anregung von Ratsmitglied Spinelli an, dass wir die Wahl diskutieren
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