Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)
dein Vater war. Nicht nur seinen Namen. Auch seine Gedanken, seine Seele, sein Wesen. Ich habe bei Herrn Rebenpfeil, dem du unbedingt vertrauen kannst, den Schlüssel für ein Bankschließfach hinterlegt. Darin verwahre ich den größten Schatz auf, den ich besitze: das Tagebuch deines leiblichen Vaters, Friedrich von Solderwein.«
Lars konnte es nicht fassen. Wie naiv waren die Bullen eigentlich? Sie wollten ihn tatsächlich dazu bringen, ihnen zu verraten, wo er das Tagebuch versteckt hatte! Er musste sich anstrengen, nicht laut zu lachen. Er setzte eine ernste Miene auf. »Dieser Banker soll mein Vater gewesen sein? Und er hat ein Tagebuch geschrieben, das in einem Schließfach liegt?«
Rebenpfeil nickte.
Was für eine Farce, dachte Lars. Es war an der Zeit zurückzuschlagen. »Ich will einen Anwalt. Wenn ich es richtig sehe, werde ich hier unrechtmäßig festgehalten. Mehr habe ich nicht zu sagen.«
Rebenpfeil seufzte. »Ich werde es weiterleiten.«
Er steckte die Papiere wieder ein, grüßte und verließ das Krankenzimmer.
Endlich war Lars wieder alleine. Er dachte an das Tagebuch und musste sich ein paar Tränen aus den Augen wischen. Soschnell würde er nicht aufgeben. Gut, dass Luzifer ihn alle Schliche der Verstellung gelehrt hatte.
*
Maximilian Rebenpfeil alias Günther hatte einiges erreicht. Es war klar, dass Rüttgen ihn durchschaut hatte und dass er ihnen nicht über den Weg traute, denn er hatte nach einem Anwalt verlangt. Aber Günther war sich sicher, dass Rüttgen das Tagebuch besaß und gut versteckt hatte, dass er wusste, wer sein Vater war und von ihm Hilfe erwartete. Und er war sich sicher, dass Rüttgen unter einer schweren Persönlichkeitsstörung litt, wahrscheinlich eine paranoide Schizophrenie in Verbindung mit einem Borderline-Syndrom. Dass er der Killer war, das konnte Günther nicht ausschließen, aber er führte ein wichtiges Gegenargument an: »Lars Rüttgen ist hochmoralisch. Er lebt in seiner selbst geschaffenen Welt, die voller Regeln ist und eine Art ehrenhaften Wertekanon besitzt. Lars Rüttgen ist empathisch, kein Zweifel. Der Killer, den wir suchen, ist sehr wahrscheinlich ein Soziopath, nicht fähig zur Empathie.«
Fran fielen fast die Augen zu, sie kämpfte gegen den Schlaf. Günthers Worte gingen ihr durch den Kopf, sie wiederholte sie immer wieder, und sie ließen nur eine Schlussfolgerung zu. Rüttgen war nicht der Serienmörder. Außerdem kämpfte sie mit der Überraschung, dass man sie zur Pressekonferenz eingeladen hatte, ihr aber eingeschärft hatte, dass man sie achtkantig rauswerfen würde, wenn sie nur ein Wort sagen würde, ohne gefragt worden zu sein. Senior hatte nur mit den Schultern gezuckt, gegrinst und ihr ins Ohr geflüstert, dass Hasso Kittner immer so freundlich sei. Das sei kein Wunder, wenn man als Vornamen den typischen Namen eines Wachhundes trage.
Die Klappe halten war kein Problem für sie, denn der Tanz mit den Medien war immer ein Tanz mit dem Teufel, und Fran wusste, dass man ein Profi sein musste, um bei diesem Tanz nicht unter die Hufe zu geraten. Deswegen gab es bei der Polizei inzwischen Pressesprecher, die intensiv ausgebildet und ständig weitergebildet wurden.
Die wenigen Stunden, die sie im Bett verbracht hatte, waren alles gewesen, nur kein erholsamer Schlaf.
Senior dagegen sah aus wie frisch aus dem Ei gepellt. Auf ihre Frage, wie er das mache, hatte er nur hintergründig gelächelt und gemurmelt, das sei sein Geheimnis.
Der Andrang der Medien war gigantisch. Ein Wald von Mikrofonen war auf den Tischen aufgebaut. Niemand ließ sich dieses Spektakel entgehen: Es war durchgesickert, dass es um mehrere Morde ging, um Satan und einen Staatsanwalt. Sogar die BBC hatte ein Team geschickt.
Immerhin gab es zu verkünden, dass die Schändung des Grabes von Friedrich von Solderwein aufgeklärt sei.
Fran sah das ganz anders, denn aufgeklärt war nur, wer es getan hatte, aber das Motiv war nicht geklärt und auch nicht, was Friedrich von Solderwein zu verbergen hatte. Aber wenn sie die wegwerfende Handbewegung von Hasso Kittner richtig interpretierte, hatte auch niemand Interesse daran. Wichtig war, dass es eine kleine durchgeknallte Sekte von Teufelsanbetern gewesen war. Ein gefundenes Fressen für die gesamte Medienlandschaft.
Auf dem Podium saßen der Oberstaatsanwalt und Mario Hartbäcker, der Staatssekretär im Innenministerium, und natürlich Heinz Manger, der Polizeichef.
Mario Hartbäcker eröffnete den Tanz. Er fasste die
Weitere Kostenlose Bücher