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Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)

Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Conrath
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platzen lassen, die einige hochgestellte Banker fast mit in den Abgrund gezogen hätte. Sie hatte sich die Prozessakten angesehen. Friedrich von Solderwein hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Er hatte fest damit gerechnet, seine Verurteilung sei der erste Dominostein, der umfiel und alle anderen mit sich zog. Da hatte er sich gründlich geirrt. Er hatte zu hoch gepokert, die Schuld wurde allein ihm aufgebürdet, alle anderen wurden entweder freigesprochen, weil sie nur getan hatten, was er angeordnet hatte, oder die Verfahren wurden wegen Geringfügigkeit oder mangelnden öffentlichen Interesses eingestellt. Friedrich von Solderwein musste in schwere Depressionen verfallen sein, als ihm das klar wurde.
    Anton Mocher jedenfalls hatte sich an sein Versprechen gehalten und nicht preisgegeben, wodurch sein Sinneswandel ausgelöst worden war und er sich selbst angezeigt hatte. Außer ihm, Fran und Senior kannte niemand die Wahrheit. Der Staatsanwalt hatte keine andere Wahl gehabt, als ein Ermittlungsverfahren zu eröffnen und bei einem Richter die Exhumierung zu beantragen.
    Niemandem stand der Sinn nach Konversation. Die Leiterin der Gerichtsmedizin, Professorin Welken, stand etwas abseits und telefonierte, die Arbeiter, vier an der Zahl wegen des schweren Zinksargs, rauchten. Niemand sonst war anwesend, der Friedhof war abgesperrt, um Gaffer und Presse auszusperren. Alles sollte so diskret wie möglich abgewickelt werden.
    Mit zehn Minuten Verspätung trafen endlich die Gemeindevertreter ein. Senior begrüßte sie, überreichte den richterlichen Beschluss, die beiden Herren nickten, die Arbeiter begannen mit einem kleinen Bagger das Grab zu öffnen. Professorin Welken beendete ihr Telefongespräch, schüttelte denGemeindevertretern die Hand und erläuterte kurz die Vorgehensweise: Sie würden an Ort und Stelle den Sarg öffnen, sie würde eine äußerliche Leichenschau durchführen und dann entscheiden, ob die Leiche obduziert werden müsste. Wieder nickten die beiden Herren, und das Gespräch versiegte.
    Schon nach wenigen Minuten schlug die Schaufel des Baggers auf Metall, vorsichtig legte der Arbeiter den Sarg frei. Oben waren Ösen befestigt, Stahlseile wurden eingehängt, und schon baumelte der Zinksarg in der Luft. Wie eine Feder ließ der Baggerfahrer den schweren Kasten zu Boden gleiten. Die anderen Arbeiter begannen, die Schrauben des Sargdeckels zu lösen, insgesamt waren es zwölf. Alle Schrauben gaben ohne Widerstand nach, der Baggerfahrer kam zu Hilfe, zu viert hoben sie mit Mühe den Deckel ab, der Fran vorkam wie der Verschluss eines Sarkophags.
    Süßlicher Verwesungsgeruch stieg Fran in die Nase. Sie schluckte, öffnete leicht den Mund, versuchte, nicht durch die Nase zu atmen, das machte es etwas erträglicher.
    Solderwein war in einem sehr guten Zustand. Zwei Jahre im Zinksarg unter Luftabschluss hatten dem Leichnam nicht viel anhaben können.
    Professorin Welken trat an den Sarg, gab einige Laute von sich, deren Bedeutung Fran nicht verstand, beugte sich über den Sarg und schob die Ärmel des Totenhemdes nach oben. Wieder brummte sie vor sich hin, dann wandte sie sich an die Gemeindevertreter. »Meine Herren, es tut mir sehr leid, aber ich muss die sterblichen Überreste des Friedrich von Solderwein obduzieren. Es besteht der Verdacht, dass er weder Suizid begangen hat, noch, dass er eines natürlichen Todes gestorben ist. Wir führen die Obduktion sofort durch, in zwei bis drei Stunden haben wir das Ergebnis. Ich werde Sie informieren, wenn das Ermittlungsverfahren eröffnet wird, wovon ich ausgehe.«
    Die Gemeindevertreter schwiegen auch jetzt, nickten und verließen den Friedhof.
    Die Arbeiter nahmen den Leichnam aus dem Sarg, legten ihn auf eine vorbereitete Bahre und fuhren ihn zum Leichenwagen, der am Haupteingang wartete.
    Fran, Senior, Herz und Welken gingen hinterher.
    »Haben Sie es gesehen?«, fragte Welken.
    Senior nickte. »Griffhämatome an den Armen.«
    »Und die Schnitte an den Armen waren nicht tödlich, sie sind im rechten Winkel zum Arm geführt«, ergänzte Fran. »Ein Anfängerfehler. Die entscheidenden Blutgefäße werden nicht verletzt, es gibt nur wenig Blutverlust.«
    »Aber genug, um das Wasser in einer Badewanne rot zu färben«, sagte Herz.
    »Ausgezeichnet!« Welken klatschte in die Hände. »Friedrich von Solderwein ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ermordet worden.«
    *
    »Der Banker ermordet, der Satansjünger gesprungen, nicht schlecht.«

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