Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)
allem gab es noch Unmengen von Fällen, die mit der OFA überhaupt nur gelöst werden könnten .
»Was ist mit dem Erkennungsdienst?«, fragte Fran und schaute zum Himmel.
Der zumindest war ihnen günstig gesonnen. Kein Regen in Sicht, sie konnten sich also hier einrichten und in aller Ruhe Bestandsaufnahme machen.
»Sind unterwegs«, erwiderte Senior. »Wir bekommen zwei Mann vom LKA . Experten.« Senior grinste. »Es geht doch nichts über gute Beziehungen.«
Fran staunte immer wieder über das Netz von Kontakten, das Senior hatte. Ihr fehlte es, weil ihr das diplomatische Geschick fehlte. Small Talk war ihr ein Gräuel.
Ein junger Kollege von der Schutzpolizei mit traurigem Gesichtsausdruck trat hinzu.
Senior stellte die beiden vor. »Goran Coskun, ein echter Straßenbulle, Fran Miller, eine echte Schreibtischtäterin, macht Profile und so.«
Coskun deutete eine Verbeugung an. »Eine Prophetin aus dem Turm der Erkenntnis. Welche Ehre.«
Fran kniff die Augen zusammen. »Wir arbeiten hart daran, dass ihr überflüssig werdet. In ein paar Jahren sagen wir genau voraus, wer wo ein Verbrechen begehen wird. Wie im Film.«
Coskun lachte. »Dagegen habe ich nichts einzuwenden.« Er wurde ernst. »Wir haben ein paar interessante Spuren entdeckt.« Er zeigte auf Büsche, die den Friedhof begrenzten, etwa dreihundert Meter vom geschändeten Grab entfernt. »Sehr wahrscheinlich haben sich da die Täter versteckt, der Sicherheitsdienst hat dort einen blinden Fleck in einer Größenordnung von etwa einer Viertelstunde.«
Fran hob die Hand, Coskun schwieg. »Sicherheitsdienst? Warum das denn?«
Coskun unterdrückte sichtbar ein Lachen. »Die Gräber hier werden alle ziemlich aufwendig gepflegt. Mit frischen Schnittblumen zum Beispiel. Teurer Spaß.«
»Das heißt …« Fran unterbrach sich und schlug sich mit der Hand an den Kopf.
»Genau das heißt es«, sagte Coskun. »Die Blumen werden geklaut. Zum Teil zum Weiterverkauf, zum Teil einfach so. Macht sich gut auf dem Wohnzimmertisch. Was meinen Sie, was vor Muttertag hier los ist? Oder war. Ein Schaden in einer Größenordnung von vielen Tausend Euro. Seit der Sicherheitsdienst hier patrouilliert, sind die Diebstähle drastisch zurückgegangen, und einige Diebe konnten wir dingfest machen. Die Investition der Grabbesitzer in die Sheriffs macht sich bezahlt.« Coskun räusperte sich. »Wie auch immer, wir haben die gleichen Schuhabdrücke gefunden wie in der Graberde. Ohne den Spezialisten vorgreifen zu wollen: Es sind Abdrücke von Springerstiefeln. Sehr deutlich, drei verschiedene Größen, so wie es aussieht von zwei Männern und zwei Frauen.«
»Also doch Nazis?« Senior schaute Fran fragend an. »Eine neue Strategie? Die kapitalistischen Volksfeinde fertigmachen?Dem Volk geben, was dem Volk gehört? Manche Parolen von denen klingen erschreckend links.«
»Linke Chaoten tragen auch Springerstiefel«, erwiderte sie. »Und sind nicht viel besser.«
Coskun nickte. »Alle möglichen Leute tragen Springerstiefel. Aber was uns weiterbringen könnte, ist das Taschentuch, das wir bei den Abdrücken im Gebüsch gefunden haben.«
»Falls der Eigentümer in der Kartei ist«, gab Fran zu bedenken und merkte im selben Moment, dass das eine unnötige Bemerkung war. Sie rieb sich die Augen, um die aufkeimende Unruhe zu verscheuchen, die sie immer wieder heimsuchte und die sie nur mit einem Schuss Adrenalin wirksam bekämpfen konnte. Der Sprung am Wochenende hätte eigentlich für eine ganze Woche reichen sollen. Dass die Unruhe so schnell wiederkam, das war ungewöhnlich. Niemand wusste davon, warum auch? Sie konnte damit umgehen, das hatte auch ihre Therapeutin bestätigt, und nur darauf kam es an.
»Und falls es nicht von einem Besucher stammt, der es in den Busch entsorgt hat«, ergänzte Coskun genauso unnötig, grüßte und machte sich wieder an seine Arbeit.
»Ich werde mich mal um Solderwein kümmern, Fran. Ach ja. Manger hat gesagt, er erwartet Ergebnisse.«
»Er weiß doch, dass man nichts erzwingen kann.«
»Klar weiß er das. Aber er ist der Polizeipräsident und erwartet es trotzdem. Wir telefonieren später.«
Senior wollte losgehen, aber Fran hielt ihn zurück. »Was hältst du davon, wenn wir den Spieß mal umdrehen: Ich komme nicht zu euch in die Festung, sondern du kommst zu uns? Da sind wir ungestört, und wir haben unsere technische Infrastruktur.«
»Warum nicht? Sagen wir um fünfzehn Uhr? Ich bringe Kuchen mit.«
Fran knuffte ihn in die Seite.
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