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Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)

Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Conrath
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Narkose aufwachen, das ist normal. Aber die Erinnerung kommt schnell. Panik flammt auf, er verkrampft.
    Das ist ganz schlecht, also öffne ich den Interkomkanal, der meine Stimme aus dem Studio zu ihm in den Aufnahmeraum überträgt. Ich habe ein Gerät zwischengeschaltet, das meine Stimme verfremdet. »Friedel, hörst du mich?«
    Seine Augen bleiben einen Moment stehen, dann rollen sie wieder von einer zur anderen Seite. Er sagt nichts.
    »Friedel, hörst du mich? Bitte antworte.«
    Sein Atem geht stoßweise, er versucht, Widerstand zu leisten. Er ist trotzig. Nicht zu tun, was ich von ihm verlange, ist sein letztes bisschen Macht gegenüber einem Gegner, der absolute Kontrolle über ihn hat.
    »Friedel, ich weiß, das klingt jetzt seltsam, aber du brauchst keine Angst zu haben. Ich werde dich auf keinen Fall töten. Überleg mal. Du hast mein Gesicht nicht gesehen, und meine Stimme ist so verfremdet, dass du sie nicht wiedererkennen kannst. Ich habe also alle Vorkehrungen getroffen, damit ich dich in ein oder zwei Tagen wieder freilassen kann. Na, was sagst du?«
    Friedels Herzschlag beschleunigt sich weiter. Er traut mir nicht.
    »Okay, ich verstehe, dass du sauer bist, und ich gebe zu, ich wäre es auch, wenn mich jemand entführen und festhalten würde.«
    »Ich habe kein Geld«, quetscht Friedel zwischen den Zähnen hervor.
    Gut, Friedel, gut. Sein Widerstand bröckelt schneller, als ich gedacht habe. Stockholm-Syndrom. Dem kann sich keiner entziehen. Friedels Geist will glauben, was ich verspreche, muss es glauben, damit er nicht wahnsinnig wird.
    »Ich will nicht dein Geld, Friedel. Im Gegenteil. Ich werde dich reich und berühmt machen. Du wirst erleben, dass dein Gesicht in allen Zeitungen abgedruckt wird, dass du Angebote bekommen wirst für Bücher, in denen du beschreibst, wie du mit mir zusammengearbeitet hast und was du erlebt hast.«
    Die Herzfrequenz beruhigt sich, sie stabilisiert sich bei 145 Schlägen pro Minute, das ist gut.
    »Natürlich musst du dich dafür anstrengen, das ist ja klar.«
    »Was?«
    »Was du tun musst? Leih mir deine Stimme. Schrei für mich. Schrei für dich .«
    Friedel runzelt die Stirn, seine Augen huschen immer noch hin und her. Sein Instinkt sagt ihm, dass er in Gefahr ist.
    »Schreien?«
    138. Sein Herz schlägt fast normal.
    »Einfach nur schreien. Auf eine ganz bestimmte Art. So, als ob du Schmerzen hättest.«
    148. Er scheint den Braten zu riechen.
    »Ich weiß, das ist schwer, aber ich werde dich nach Kräften unterstützen.«
    155. Er ist nicht so tumb, wie ich dachte. Er hat anscheinend erkannt, dass ich ihm Schmerzen zufügen werde.
    »Das ist der Deal. Geld und Ruhm gegen Schmerzen. So ist es doch immer, das Leben. Zwei oder drei höllische Tage für viele Jahre in Saus und Braus. Das ist doch ein faires Angebot! Nicht wie in der Religion. Da musst du dein ganzes Leben lang leiden, und ob es das Paradies gibt, das kann dir niemand garantieren.«
    »Nein, ich will das nicht. Ich will nach Hause. Jetzt.«
    Verzweiflung. Angst. Panik. Mein Gott! Er ist den Tränen nahe. So eine Memme. Ich habe noch gar nicht angefangen, und er flennt schon. Habe ich mich so in ihm getäuscht?
    »Friedel, du musst begreifen: Ich bin jetzt dein Gebieter, dein Gott und dein Teufel zugleich. Ich entscheide, was mit dir geschieht. Wenn du dich sträubst, wird es unangenehm. Wenn du mitmachst, wirst du ruck, zuck mit deinem Programm durch sein, und dann darfst du wieder nach Hause. Hey, ich will dir wirklich nichts Böses, das kannst du mir glauben.«
    145. Es wirkt.
    Soll ich ihn mit großem Schmerz überraschen, oder soll ich ihn langsam heranführen? Ich entscheide mich für einen Überraschungsangriff. Ich schalte die Spur scharf, starte das Programm und drücke den roten Knopf. Ein nicht tödlicher, aber schmerzhafter Stromstoß von fünftausend Volt jagt für den Bruchteil einer Sekunde durch seinen Körper, er bäumt sich auf und schreit. Die Stromstärke beträgt nur wenige Tausendstel Ampere, ansonsten würde ihn die Hochspannung augenblicklich töten.
    Ich traue meinen Augen nicht. 120 Dezibel. Das ist so laut wie ein Düsentriebwerk beim Start. Ohne meine elektronischen Filter, die die Eingangslautstärke automatisch optimal einstellen, wäre die Aufnahme unbrauchbar, weil verzerrt. Aber so erhalte ich ein Juwel an Schrei. Von ganz tief unten rasen Bassfrequenzen, so um die einhundert Hertz, hinauf bis auf achttausend Hertz. Fantastisch. Friedel ist der Hit. Eine wirklich gute

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