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Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)

Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Conrath
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Wahl. Ich bin stolz auf mich. Diesmal hat sich meine Geduld fürstlich ausgezahlt: Ich habe ihn drei Wochen observiert.
    Friedel sackt in sich zusammen, Schweiß dringt aus jeder Pore. Seine Augen sind verdreht, er sieht aus, als sei er vollkommen balla-balla, aber das sind nur die Muskeln, die durch den Strom nicht mehr so richtig wissen, was sie tun sollen. Das gibt sich in ein paar Minuten, dann stehen die Augen wieder ganz normal. Friedel atmet, als habe er einen Doppelmarathon hinter sich, seine Werte sind aber vollkommen in Ordnung. Er ist wirklich topfit.
    Ich drücke den Knopf, damit er mich hören kann. »Friedel, das war absolute Spitze! Du kannst echt stolz auf dich sein. Dieser Schrei war vom Allerfeinsten. Gratulation.«
    Friedel hechelt immer noch. »Tu das nie wieder«, sagt er abgehackt. »Tu das nie wieder, oder ich bringe dich um. Du bist ein Bekloppter. Du gehörst in die Klapse.«
    Er verschnauft einen Moment, dann stößt er einen Schrei aus, keinen Schmerzensschrei, sondern einen Wutschrei, der alle meine Anzeigeinstrumente erneut in den roten Bereich treibt. Er schnappt nach Luft, dann bricht er in Tränen aus. Ein schöner Schrei, den ich unter »Aggressionsabbau« ablegen werde.
    »Für heute bist du fertig, Friedel«, sage ich freundlich und löse eine Injektion aus, die ihn ins Land der Träume schickt. »Schlaf schön und erhol dich gut«, sage ich und klicke an den Anfang der Aufnahme, die ich sorgfältig beschrifte: »Friedel, Take 1, 4. Mai, 5000 Volt, 0,1 Milliampere, 1 Tausendstel Sekunde, fünf Sterne. Kategorie: Subfrequenzüberschlagschrei, Klasse 1.«
    Ich höre mir das Meisterwerk wieder und wieder an, Glück strömt durch meinen Körper, meine Seele kommt zur Ruhe. Was für ein Genuss!
    Friedel wird meine Sammlung um einige wertvolle Stücke bereichern. Er ist eindeutig ein Kandidat für die Rippenschere. Damit kann ich Finger glatt und sauber abtrennen, eine besondere Spezialität. Denn dabei vereinen sich der Schmerz desSchnittes und der Schock des Verlustes eines Fingergliedes zu äußerst reizvollen Schreiabfolgen, ganze Kaskaden von wunderbaren Klängen entstehen. Und wenn seine Stimme verbraucht ist und er mir gegeben hat, was er geben konnte, wird er einen sanften Tod sterben, den er nicht spüren wird, das bin ich ihm schuldig.

6. Mittwoch
    Der letzte Engel, den Lars erledigte, hatte sich von hinten herangeschlichen, aber Lars konnte die Mistviecher riechen. Mit der stumpfen Seite seines Henkelkreuzes zerschmetterte er dem Engel den Schädel, jetzt war die Himmelspforte unbewacht, aber bevor Lars hineinstürmen konnte, um Gott zu stürzen, schnitt ein Hahnenschrei durch seinen Kopf.
    Lars schreckte hoch. Verdammt, es war schon sechs Uhr! Er schaltete den Wecker seines Handys aus, der Hahnenschrei erstarb. Er sprang aus dem Bett, stellte sich unter die Dusche, und obwohl er einen mächtigen Ständer hatte, beherrschte er sich. Es war Fastenzeit, und er wollte sein Keuschheitsgelübde nicht brechen. Er duschte kurz heiß und kalt, schlüpfte in seine Schulklamotten, die ihn aussehen ließen wie einen ganz normalen Pennäler. Jeans, T-Shirt, Turnschuhe. Viertel nach sechs. Die Schultasche hatte er schon gestern Abend gepackt, er nahm sie am Tragegurt, ging hinunter in die Küche und platzierte sie an der Haustür. Er kochte Kaffee für sich und Tee für seine Mutter. Müsli für sich, Toast mit Erdbeermarmelade für seine Mutter. Ein hart gekochtes Ei für sich, ein Butterkeks für seine Mutter. Er nahm das Tablett, auf dem er alles angerichtet hatte, und ging in das Schlafzimmer seiner Mutter.
    Sie war bereits wach, so wie jeden Morgen. Mehr als drei oder vier Stunden Schlaf waren nicht drin, selbst das Morphium konnte ihre Schmerzen nicht vollends vertreiben. Die Ärzte waren am Ende ihres Lateins angekommen und führten seine Mutter unter der Rubrik »austherapiert«. Nichts mehrzu machen. Der Krebs fraß sie langsam, aber sicher auf, die Metastasen hatten bereits einige Lendenwirbel so angegriffen, dass sie sich nur unter Schmerzen bewegen konnte. Wenn einer bräche, wäre sie querschnittsgelähmt.
    »Guten Morgen, Mama«, sagte Lars.
    »Guten Morgen, mein Junge«, flüsterte sie und lächelte ihn an. »Stell dir vor, heute Morgen habe ich überhaupt keine Schmerzen.«
    Lars hob die Augenbrauen. »Das ist ja wundervoll. Wie lange hast du geschlafen?«
    »Sechs Stunden ohne Unterbrechung. Stell dir das vor! Bald bin ich wieder gesund, das spüre ich.«
    »Na, dann kommt

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