Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)
hinweggewaschen werden. So soll das Blut und der Bann über die kommen, die es gewagt haben, gegen mich, Amothep den Großen, Hohepriester Luzifers, die Lüge zu führen.«
Er zog sein Messer aus der Tasche, setzte es am Unterarm an und zog eine blutige Linie von der Armbeuge bis zum Handgelenk. Wohlig fuhr ihm der Schmerz in die Glieder. Dies war ein Schwur, der nur gültig war, wenn er sein eigenes Blut vergoss. Das Schicksal seiner ehemaligen Schule und aller Menschen darin war besiegelt. Nur Dr. Meybaum würde er verschonen.
*
Fran schob den Teller in die Mitte ihres Schreibtischs und stöhnte. »Senior, wo hast du diesen Rhabarberkuchen her? Er ist die pure Sünde!«
»Womit wir beim Thema wären.«
Fran nickte unwillig. Es war gerade so gemütlich gewesen; sie hatten über das Wetter geredet und über die neuesten Kinofilme.
Das Team war noch vor Ort, sie waren begeistert, dass sie endlich mal wieder ins Feld durften, ihre Theorien in der Praxis erproben konnten. Bisher hatten sie meist Akten bearbeitet, waren selten in die direkte Tatortarbeit eingebunden worden. Ein schöner Erfolg für Fran – dank Senior. Nur der Zeitrahmen war eng. Sie fragte sich, wie sie innerhalb von drei Tagen die Datenflut auswerten sollten, die das Team mitbringen würde.
Senior steckte sich noch ein Stück Kuchen in den Mund und begann zu reden, ein paar Krümel landeten auf seinem Pullover. Frans Vater hätte Senior rausgeschmissen oder hätte den Raum verlassen, wenn das nicht möglich gewesen wäre. Mit vollem Mund reden, das war für ihren Erzeuger eine Todsünde.
»Also das mit Solderwein, das könnte noch interessant werden …«
Fran hob die Augenbrauen. »Senior, der Kuchen ist echt gut, aber deswegen musst du keine Volksreden halten. Komm zur Sache.«
Er hob abwehrend die Hände. »Okay, okay. Ich konnte über Solderwein nichts rausfinden, außer dem, was wir schon wissen.«
»Wo bist du nicht weitergekommen?«
»Bei allem. Im System habe ich nichts gefunden, außer seiner Verurteilung, die eigentlich gar nicht mehr da sein dürfte. Er war katholisch bis zu seinem Tod, nicht aktiv in der Gemeinde. Angehörige hat er keine. Seine Frau ist 1996 gestorben, keine Nachkommen, keine zweite Heirat. Ich wollte bei seiner ehemaligen Bank nachfragen, mal in die Unterlagen schauen, aberdie haben mich in Begleitung zweier Rechtsanwälte, die unentwegt auf mich eingeredet haben, zum Ausgang gebracht. Als ich einen Beschluss haben wollte, hat Staatsanwalt Böhrerjan nur abgewunken und gesagt, wir sollten uns nicht lächerlich machen und er würde nur über seine Leiche irgendetwas anfordern, was mit der Düsseldorf Real-Investment zu tun hätte, ohne knallharte Beweise.«
»Aber wir wollen doch nichts Böses!«
Senior unterbrach sie. »Da rennst du bei mir offene Türen ein. Du kennst doch die Empfindlichkeiten. Die Bosse wollen die Affäre schnell aus der Welt haben und nicht auf den Nerven der Banken herumtrampeln. Die Krise ist schon heftig genug, niemand hat Interesse daran, in altem Schlamm herumzuwühlen.«
»Jetzt ist das schon eine Affäre?« Fran nahm einen Schluck Kaffee, der schon kalt war.
»Ja, so wird es eingestuft. Wann hatten wir den letzten Anschlag auf einen Friedhof?«
»Nicht auf einen Friedhof, aber auf eine jüdische Synagoge. Erinnerst du dich nicht daran?«
Senior kratzte sich am Kopf. »Natürlich. Zweiter Oktober 2000. Aber das waren weder Satanisten noch Rechtsradikale noch Linke gewesen. Araber haben einen Brandsatz geworfen, um sich für den Tod eines kleinen Jungen zu rächen, der von israelischen Soldaten erschossen worden war.«
Fran zuckte mit den Schultern. »Nicht unser Thema. Das hat weder mit dem einen noch mit dem anderen was zu tun.«
Senior nickte bestätigend.
»Bei Solderwein waren ebenfalls keine Nazis am Werk. Das sieht ein Blinder mit Krückstock.« Fran schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Wir müssen mehr über Solderwein erfahren. Warum haben sie sich dafür entschieden, auf seinemGrab eine schwarze Messe zu feiern? Das Opfer führt uns zu den Tätern!«
»Keine Frage, aber wie?« Senior legte die Stirn in Falten. »Wir brauchen einen richterlichen Beschluss. Sonst geht gar nichts.«
»Vollkommen richtig. Ich rufe die Fellmis an«, sagte Fran grimmig.
Senior grinste. »Du siehst aus wie ein trotziges Kind.«
»Trotzige Kinder sind das Hartnäckigste, was es gibt, das solltest du wissen.«
Er neigte den Kopf. »Touché. Viel Glück!«
Fran presste
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