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Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)

Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Conrath
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spät für einen Hausbesuch bei Ägidius Bonaventura. Aber sie hatte noch ein wenig Zeit, um sich auf ihren Besuch in der Vorhölle vorzubereiten, der heute Abend auf der Agenda stand.
    Fran sperrte ihr Fahrrad an einen Laternenmast und ging zu Fuß zur Rheinuferpromenade. Die Maisonne verwöhnte die Menschen mit Wärme und Frühlingsdüften. Die Leute flanierten, saßen auf der Wiese, flirteten, turtelten, tranken Bier oder rauchten. Einige lasen in Zeitschriften, andere in Büchern, und ein junger Mann hielt einen E-Reader in der Hand.
    Sie ließ sich auf einer Bank nieder, seufzte und musste schon wieder an Albert Neusen denken. Ob er liiert war? Was sollte das? Er lebte in Hamburg, sie in Düsseldorf. So ein Unsinn.
    Die Dezimaluhr des Rheinturms zeigte kurz nach halb sieben. Es wurde Zeit. Sie wollte auf keinen Fall zu spät kommen, denn dann hätte Vater gleich wieder einen Grund gehabt herumzustänkern, und genau das wollte sie vermeiden.
    Heute hatte ihre Mutter Geburtstag, und es war ungeschriebenes Gesetz, dass sich die Familie zum verspäteten Kaffee traf und dann gemeinsam zu Abend aß.
    Sie blieb noch ein paar Minuten sitzen, ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen, dachte an gar nichts. Als ihre Beine kribbelig wurden, machte sie sich auf den Weg. Ihre Eltern wohnten nicht weit von ihrer Wohnung entfernt, in der Fleher Straße an der Kirche.
    Der Wind fegte ihr um den Kopf, sie spürte die Kraft in ihren Muskeln und trat noch fester in die Pedale. Die 712 kam in Sicht, sie blickte kurz über die Schulter, die Straße war frei, mit einem Ruck sprang sie über die Schienen und zog an den Wagen vorbei, aus denen sie teils neugierige, teils missbilligende Blicke trafen.
    *
    Ich sehe sie auf ihrem Fahrrad vorbeiziehen und erkenne sie sofort wieder, sie hat sich schon oft ein Rennen mit der 712 geliefert, aber ich habe nicht gewusst, was ihr Beruf ist. Ihr Bild war heute Morgen in der Zeitung, aber nur in der Schmutzpresse. Auf dem Nordfriedhof stand sie vor einem Grab, das mit Blut verschmiert war. Ich konnte nicht erkennen, wessen Grab es ist. Sie vermuten, dass es Nazis waren. Wie dumm ist die Polizei eigentlich? Aber diese Frau, Franziska Miller heißt sie, ist gar nicht von der Polizei. Sie ist eine Profilerin, so steht es in dem Artikel. Auf dem Bild sieht sie aus, als wüsste sie genau, was sie tut. Ich muss grinsen. Sie ist die Frau, die mich jagen wird, sobald sie weiß, dass es mich gibt. Und das wird nicht mehr lange dauern. Ein Schauer überzieht meinen ganzen Körper. Was für ein unglaubliches Zusammentreffen! Sie sieht gut aus. Das ist mir noch gar nicht aufgefallen. Ihre braunen glatten Haare hat sie zum Pferdeschwanz zusammengebunden, sie ist schlank, unter der engen Fahrradhose zeichnen sich starke Muskeln ab. Ihre Brüste haben genau die richtige Größe, nicht zu groß, nicht zu klein. Ich muss sie haben. Sie muss für mich schreien. Ich habe sie schon so oft gesehen, aber noch nie so erlebt wie heute. Noch etwas Unglaubliches geschieht. Ich spüre eine Erektion. Diese Frau macht mich geil. Wie lange ist es her, dass ich Lust auf Sex hatte? Als ich Hella gezeugt habe. Ich habees seither nicht vermisst, und jetzt würde ich diese Frau am liebsten packen und durchvögeln. Was für ein böses Wort. Ich kneife mir in den Handrücken. Du darfst keine bösen Wörter denken! Ja, ja, ich weiß. Vielleicht werde ich mit ihr schlafen, aber nur, wenn sie es auch will. Ich bin kein Vergewaltiger, das ist unter meiner Würde. Ich muss mehr über sie erfahren, wo sie wohnt, weiß ich bereits, ich habe mein Viertel gründlich erforscht in den letzten zwei Jahren. Aber wer ist sie wirklich? Wen liebt sie? Was macht sie samstagmorgens? Wie heißt ihre Stammkneipe? Welche Musik hört sie, wenn sie traurig ist? Hat sie einen Freund? Das wäre nicht gut, gar nicht gut.
    Ich muss rechts abbiegen, sie fährt weiter geradeaus, ich sehe noch, wie sie dann links abbiegt. Ich schlage mir mit der Hand an den Kopf. Natürlich! Ich weiß, wo ich sie finden werde.
    *
    »Du wirst ganz friedlich sein«, murmelte Fran zum dreißigsten oder vierzigsten Mal. Sie setzte ein Lächeln auf, zog das Geschenk für ihre Mutter aus der Tasche und drückte den Klingelknopf.
    Einen Moment später schwang die Tür auf. Aber es war nicht Mutter, sondern Anne, die sie anstrahlte und ihr um den Hals fiel. Sie drückten sich eine Weile, bis Fran Anne in den Flur schob und sich losmachte. Sie betrachtete ihre Schwester und musste sie wie

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