Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)
anderer Gedanke. Es war doch Sonntag? Sie hatte doch frei? Oder? Nein, sie hatten Bereitschaft vereinbart, also war etwas passiert. Gerade, als sie das Gespräch annehmen wollte, verstummte das Handy, sie drückte die Rückruftaste, und Senior meldete sich sofort.
»Volksgarten. Eine junge Frau. Johanna Magold. Wir haben einen dringend Verdächtigen. Nimm den Zugang über die Redinghovenstraße. Kommst du?«
»Sofort«, brummte Fran in das Gerät, unterbrach die Verbindung, bestellte ein Taxi, weil sie keinen Streifenwagen blockieren wollte, und nahm eine Expressdusche.
Senior führte sie zur Fundstelle. Er zog sich am Ohrläppchen und sah sie von der Seite an. »Du siehst echt scheiße aus, Fran.«
»Oh, danke, das baut auf.«
»Soll ich lieber schleimen? Ich mache mir Sorgen, ist das so schlimm?«
»Ich bin erst um vier ins Bett, das ist alles. Worum geht es hier?«
Senior kratzte sich am Kopf. »Sie ist erdrosselt worden.«
Und wahrscheinlich hat der Täter ihren Rücken mit satanischen Zeichen verunstaltet, dachte Fran.
Ein weißes Zelt kam in Sicht, es stand am Rand einer Wiese, die in eine kleine lichte Waldfläche überging.
Herz kam gerade aus dem Zelt, hielt auf sie zu, grüßte mit einer müden Handbewegung und führte Fran zur Leiche. »Eine Rentnerin hat sie gefunden und sofort Alarm geschlagen.«
»Wie geht es ihr?«
»Bestens. Sie ist traurig über die furchtbare Tat, aber sie hat mir erzählt, dass sie im Krieg ganz andere Sachen gesehen hat.«
Eine Frau mit Schwielen auf der Seele, dachte Fran und fragte sich, ob die Schwielen auf ihrer eigenen Seele sie blind machten.
Johanna Magold lag auf dem Bauch, sie war nicht nackt, ihre Bluse war aufgerissen, der Rücken frei, die blutigen Linien gut sichtbar. Fran erkannte sofort, dass es kein Muster war, es war kein satanisches Zeichen zu erkennen. Sie seufzte. Ein Trittbrettfahrer? Aber bis jetzt hatten die Medien dichtgehalten – oder doch nicht? Verstellte der Täter seine Handschrift? Sollte das ein Rätsel sein und keine Botschaft? Auf jeden Fall hatte sich der Modus Operandi verändert. Erdrosseln ist eine sehr direkte Art des Tötens, im Gegensatz zur Vergiftung mit einem Schlafmittel, dachte Fran. Erdrosseln ist Zweikampf, das Opfer zappelt, versucht sich zu wehren, der Tod kommt langsam, beide Körper haben engen Kontakt, Schweiß, Blut, Röcheln, es ist eine Tötung, die nur Menschen ausführen können, die solch engen Kontakt vertragen oder sogar genießen. Und das Risiko eingehen, dass sich das Opfer befreit und kämpft, vielleicht sogar obsiegt.
Der Gerichtsmediziner bestätigte, dass das Opfer keinerlei Brandmarken oder andere Folterspuren trug. Allerdings war sie vor ihrem Tod ins Gesicht geschlagen worden, sie war gestürzt und hatte sich eine stark blutende Kopfverletzung zugezogen, die allerdings nicht tödlich war. Vielleicht war sie bewusstlos gewesen, eine kurze Zeit lang, aber nicht mehr.
»Keine Spuren einer Vergewaltigung. Ach ja, Fundort und Tatort sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit identisch. Gewebe und Blut unter den Fingernägeln. Ich bin fertig«, sagte er.
Fran bedankte sich, der Arzt packte seine Sachen und murmelte vor sich hin, dass ausgerechnet, wenn er Bereitschaft habe, immer die übelsten Sachen passierten. Und dass er schon in Verzug sei, dass drei weitere Tote auf ihn warteten.
»Was sagst du?« Senior war hinter Fran getreten.
»Mein Kopf sagt: Das war ein anderer. Alles ist anders. Nicht schwer zu erkennen, oder? Mein Bauch sagt: Es war derselbe.«
»So sehe ich das auch. Allerdings gibt es eine Parallele zu satanischen Symbolen. Johanna Magold war Mitglied in einer Sekte.«
Senior zögerte, Fran verdrehte die Augen. »In einer satanischen, nehme ich an.«
»Church of XXXL .«
»Church of XXXL ?« Fran kicherte. »Das ist ein interessanter Name, klingt ein bisschen nach McFastfood oder auch …« Sie schaute Senior tief in die Augen.
»Nach meiner Kleidergröße?«
Fran musste grinsen. »Na ja … irgendwie schon.«
Senior verzog keine Miene. Als Antwort hielt er Fran eine Plastiktüte unter die Nase, in der ein aufgeklappter Ausweis steckte, der Johanna Magold als Mitglied der Church of XXXL auswies. In goldenen Lettern auf schwarzem Grund prangten die Worte: »Church of XXXL – die wahre Kirche Luzifers«. Der Ausweis war gut gemacht, wirkte wie ein echtes offizielles Dokument.
Fran schluckte. Sie hatte von dieser Sekte schon gehört, undwenn sie sich
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