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Der Schmetterlingsthron

Der Schmetterlingsthron

Titel: Der Schmetterlingsthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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bei der bevorstehenden Geburtstagsfeier. Es war ihre Aufgabe, die Truhe des Avlen zu bewachen, die von dem Zaubererkönig Avlen IV. von Vindium nach Trimandilam gebracht worden war. Invasoren aus den nördlichen Steppen hatten die drei Königreiche von Alt-Novaria überrannt und das düstere Zeitalter eingeleitet, das dem Aufstieg der Zwölf Städte vorausging.
    Die Truhe enthielt Avlens kostbarste Zaubermanuskripte, mit denen er bei Ghish dem Großen Hilfe gegen seine Feinde erbitten wollte. Aber Ghish ließ den hilfesuchenden König umbringen und stellte die Truhe unter Bewachung, um die Papiere im Notfall selbst einsetzen zu können. Niemand durfte den Inhalt lesen außer dem Oberzauberer von Mulvan. Als einige Jahrhunderte später Yargali am Hofe auftauchte, hatte ihr König Venu die Bewachung der Truhe übertragen.
    Es hieß, dass verschiedene hochstehende Mulvanier, vom König an abwärts, Yargali des Nachts besuchten, angeblich um übernatürliches Wissen bei ihr zu erlangen, obwohl es Gerüchte gab, wonach sie ihren Besuchern auch handfestere Gunstbeweise gewährte. In letzter Zeit war nicht davon die Rede gewesen, dass sie sich in eine Schlange verwandelt und ihre Liebhaber verschlungen habe, wie in den Zwölf Städten noch behauptet wurde.
    Jorian und Karadur schmiedeten also Pläne, ohne große Fortschritte zu machen. Sie wussten nicht, wie sie an die Truhe herankommen sollten.
    »Der Fluch der Götter auf dich und deine Hexenmeister!« wetterte Jorian. »Ich hätte nicht übel Lust, einfach zu verschwinden. Wenn sich deine verdammte Prinzessin nicht in eine Schlange verwandelt, werden mich Shajus Wächter mit Pfeilen spicken. Ich könnte mich bei den armen Mädchen viel nützlicher machen und sie nach Hause geleiten. Warum könnt ihr Progressiven nicht eure eigenen Zaubersprüche schaffen, anstatt die alten abzuschreiben?«
    »Sei friedlich, mein Sohn. Du weißt, dass du deine Aufgabe hier nicht aufgeben kannst – du kämst dabei um, der Zauber wirkt noch immer. Ich hätte dir bei deiner Flucht aus Xylar auch ohne Gegenleistung geholfen, aber die anderen Altruisten haben darauf bestanden. Bei der Eroberung von Alt-Novaria ist viel Zauberwissen verloren gegangen, und wir hoffen, einen Teil in der Truhe des Avlen wieder zu finden.« Er seufzte. »So stehen die Dinge nun mal. Vielleicht ergibt sich etwas während des Balls.«
    »Nimmst du teil?«
    »Ich hatte eigentlich nicht die Absicht. Ich lese gerade alte Manuskripte in der Königlichen Bibliothek und hoffte auch den Abend damit zu verbringen.«
    »Aber könntest du daran teilnehmen?«
    »Sicher – als Mitglied der Priesterklasse kann ich überall hin. Ich stehe im Rang über jedem Laien in Mulvan, außer dem König.«
    »Dann komm zu dem Fest. Vielleicht brauche ich jemanden, der den König ablenkt, während ich mich an die Prinzessin heranmache.«

 
6
     
    In einen neuen roten Satinmantel mit Edelsteinknöpfen gekleidet, folgte Jorian Harichumbra durch das Gewirr der Höfe und Säle in die Räume der Grünen Schlange, wo der Ball abgehalten werden sollte; Karadur schlurfte hinterher. Als Adliger und Fremder durfte Jorian in Trimandilam sein Schwert tragen, musste es allerdings am Eingang zum Ballsaal abgeben. Die Mulvanier kannten keine Friedensdrähte. Jorian warf einen letzten Blick auf Randir, das in der Ecke der Garderobe stand, die einzige gerade Klinge in einem Meer von Krummsäbeln.
    Der Ballsaal nahm im Erdgeschoß den größten Teil des Hauses der Grünen Schlange ein. Er hatte einen polierten braunen Marmorfußboden und lange Fenster voller kleiner bleigefaßter Scheiben verschiedener Größe und Form; draußen erstreckte sich eine Terrasse. Die meisten Fenster standen in der milden Abendluft offen, und Unmengen von Insekten schwirrten selbstmörderisch um die Flammen der zahlreichen Kerzen. Einige niedere Mulvanier waren ständig mit Besen und Kehrblech unterwegs und fegten kleine verkohlte Körper vom Boden.
    Die Terrasse grenzte an einen großen Garten, dessen Hecken und Büsche im Zwielicht düster aufragten. Brunnen plätscherten.
    Eine große Anzahl mulvanischer Würdenträger und ihre Frauen stand bereits im Ballsaal herum, unterhielt sich, trank Fruchtsaft und nahm Süßigkeiten von einem Buffet, das an der Wand entlang aufgebaut war. Die Männer in Samt und Seide, mit Federbüschen und Edelsteinen, boten einen großartigen Anblick. Adlige vom Osten und Süden zogen Röcke vor, während die Bewohner des Westens und Nordens

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