Der Schock: Psychothriller (German Edition)
erwartet hätte, hob er ihre Hand mit seiner empor. Das hatte er einmal in einem Tanzfilm gesehen. Sie verstand die Aufforderung und tanzte unter seinem erhobenen Arm hindurch und drehte sich in ihn hinein, so dass ihr Rücken sich an seinen Körper schmiegte. »Wer bist du?«, flüsterte sie über ihre Schulter in sein Ohr.
Ein überwältigendes Ziehen jagte von seinem Ohr hinab bis in seine Zehenspitzen. Er hätte nie gedacht, dass es ein solches Gefühl geben könnte. Wie im Fieber sagte er heiser: »Spielt das eine Rolle?«
Sie lachte. Für einen Moment dachte er, dass es ein Lachen voller Alkohol war. Aber dafür stand sie doch zu sicher auf den Beinen, oder? »Vielleicht find ich’s ja raus«, sagte sie aufreizend.
Bloß nicht, dachte er.
»Vielleicht findest du’s ja raus, wenn wir hochgehen«, hörte er sich selbst sagen.
Eine Ohrfeige oder ein höhnisches Lachen hätte ihn nicht verwundert. Er rechnete fest damit, dass sie sich lachend hinwarf, sich auf dem Boden wälzte und brüllte: »Froggy, was bist du nur für eine arme Sau.« Und der ganze Saal würde einstimmen. Alle würden lachen, über Froggy, den Frosch, wie er vermutlich sein Leben lang genannt werden würde, weil ihn nie eine Prinzessin küssen wollte und weil er fast immer diese Brille mit den dunkelgrünen Gläsern trug.
Stattdessen drückte sie ihren Hintern an ihn. »Komm mit, ich weiß, wo.«
Als die Tür von Dr. Stelzers Schlafzimmer hinter ihnen zufiel, war er immer noch nicht ganz sicher, ob sie nicht vielleicht seinen Schwanz aus der Hose holte und ihn dann vor Lachen prustend stehen ließ. Ich bin nicht ich , redete er sich ein. Ich bin jemand anders. Froggy kann man verachten. Mich nicht!
Jenny starrte ihn an, ihre Blicke leckten förmlich über sein Gesicht. »Ich steh auf diesen Tattoo-Kram«, flüsterte sie. »Ist das Voodoo oder so?«
»Es macht mich stärker«, sagte er.
»Wie stark?«, fragte sie, halb betrunken und halb klar.
»Tausendmal stärker«, sagte er berauscht. Und das war noch nicht einmal gelogen.
Eine Sekunde später tat sie das Ungeheuerliche. Das, was er sich tausendmal vorgestellt hatte, aber was immer anderen vorbehalten gewesen war. Sie küsste ihn. Ihn! Ihre Zunge drang in seine Mundhöhle, und in seinem Kopf explodierte ein Feuerwerk. Wie von selbst griffen seine Hände nach ihr, und er fragte sich einmal mehr, wer er jetzt war, wer zum Teufel dieser andere war.
Er zog sie aus, kam sich dabei vor, als würde ein Tier in ihm stecken, und er drängte sie zum Bett. Sie riss ihm fahrig die Hose herunter, und sein Schwanz sprang ihr förmlich entgegen. Er stocherte mit seinem Glied unbeholfen zwischen ihren Beinen herum, bis er plötzlich spürte, wie er in sie glitt und ihm heiß wurde. Er biss in ihren Hals, krallte seine rechte Hand in ihren Po, dass seine Fingerspitzen brannten. Sie schrie auf, aber das waren nicht nur Schmerzen, das konnten nicht nur Schmerzen sein.
Es war perfekt. Es war gleich zu gleich, pure Magie. Und er hatte die Macht über dieses farblose Wesen vom anderen Stern.
Mit einem Schwall war es vorbei. Die Erregung war einfach zu viel. Seine Maske schien plötzlich zu schrumpfen, genauso wie sein Penis.
Gott, wie er sich schämte. Jenny sah ihn verblüfft an. »Junge, das ging aber schnell«, nuschelte sie. »Ist das immer so schnell bei dir vorbei?«
Ehrlicherweise hätte er ja sagen müssen. Es war ja sein erstes Mal. Und damit war es ›immer‹. Aber er sagte nichts.
Er stand auf, mit jagendem Herzen, und grinste. Ein beschissenes Grinsen, fand er. Aber besser als jeder blöde Satz.
»Wer bist du?«, fragte Jenny. Sie kniff prüfend die Augen zusammen und stand auf. Ihre Haut leuchtete weiß. Am Hals hatte sie schwarze Flecken von seiner Maske. Sie leckte sich mit der Zunge über ihre Fingerspitzen und streckte die Hand nach seinem Gesicht aus. »Deine Augen«, lallte sie. »Für einen Moment dachte ich, die sind rot.«
Er blinzelte und versuchte weiter zu grinsen, doch er musste hart darum kämpfen.
Mit ihrem Speichel begann sie die Maske aus seinem Gesicht zu reiben. Jenny hätte alles mit ihrem Speichel tun dürfen. Alles und überall. Aber nicht die Maske! Auf keinen Fall! Froggy war nicht hier, und das musste so bleiben.
Panisch riss er die Arme hoch und schlug ihre Hände beiseite. Sie schrie überrascht auf und stieß ihn vor die Brust. »Was soll das, verdammte Scheiße? Wer bist du?«
Wütend packte er sie am Hals, stieß sie zu Boden und sprang auf sie.
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