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Der Schockwellenreiter

Der Schockwellenreiter

Titel: Der Schockwellenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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verbrennen. »Und nun färben wir die Wände ein«, sagte sie und klatschte zufrieden in die Hände. »Aber vielleicht möchten Sie ein Bier, bevor wir uns in die nächste Runde stürzen. Ich mache selber echtes Bier und habe sechs Flaschen kaltgestellt.«
    » Echtes Bier?« Um Sandy Lockes Image um jeden Preis zu wahren, stellte er die Frage in ironischem Ton.
    »So eine Plastikperson wie Sie glaubt wahrscheinlich gar nicht, daß es so etwas überhaupt gibt«, sagte sie und verschwand durch den Eingang zur Küche, ehe ihm eine geeignete Erwiderung einfiel.
    Als sie mit zwei schaumgekrönten Krügen zurückkam, wußte er wenigstens wieder, was er sagen sollte. »Es ist eine Schande, sie mit Farbe zu übertünchen«, sagte er und wies auf die Hieroglyphen. »Sie sind sehr gut gemalt.«
    »Ich habe sie seit Januar an den Wänden«, erklärte sie kurzangebunden. »Sie waren die Einrichtung für mein Inneres, und das allein ist es, was zählt. Wenn Sie ausgetrunken haben, schnappen Sie sich ein Farb-Spray.«
    Ungefähr um 17 Uhr war er bei ihr eingetroffen. Eine Viertelstunde nach 22 Uhr saßen sie zwischen frisch geweißten Wänden, und die Wohnung war von allem entledigt, was Kate für nicht länger erforderlich erachtete, all das war hinuntergeschafft auf die Rampe, von wo Mitarbeiter des städtischen Müll- und Schrottbetriebs es am Monatsende abholen würden und dafür ein angemessenes Entgelt festsetzen. Die Zimmer wirkten nun weit und geräumig. Sie saßen inmitten dieser Weiträumigkeit und verzehrten Omeletts, tranken den Rest des echten Biers, das ausgezeichnet schmeckte. Durch den Eingang zur Küche sah und hörte man Bagheera mit alten stumpfen Zähnen an einem Fleischknochen nagen, wobei er gelegentlich ein Rrrr der Behaglichkeit von sich gab. »Und nun«, sagte Kate, als sie ihren Teller beiseite stellte, »zur Begründung.«
    »Was meinen Sie?«
    »Ich bin für Sie buchstäblich eine Fremde. Trotzdem haben Sie mir fünf Stunden lang dabei geholfen, Möbelstücke herumzuschieben, Mülltonnen zu füllen und die Wände zu bearbeiten. Was versprechen Sie sich davon? Sich zur Belohnung mal bei mir einstöpseln zu dürfen?« Er saß stumm und reglos da. »Wäre es so.« Sie betrachtete ihn voller Nachdenklichkeit. »Ich glaube, ich würde nicht nein sagen. Sie sind sicher ein prächtiger Keiler, daran zweifle ich keineswegs. Aber Sie sind nicht deshalb gekommen.« Schweigen füllte den hellen, geweißten Raum so dicht aus wie Federn ein Kissen. »Vielmehr glaube ich«, ergänzte sie schließlich, »daß Sie aufgekreuzt sind, um mich endlich genauer zu taxieren. Na, haben Sie mich schön gewogen und vermessen?«
    »Nein«, entgegnete er schroff, stand auf und ging.
Zwischenbericht
    »Bundesamt für Datenverarbeitung, guten Tag!«
    »Den Stellvertretenden Direktor, bitte. Mr. Hartz erwartet meinen Anruf. Mr. Hartz, ich dachte, vielleicht interessiert es Sie, daß ich mich einem kritischen Punkt nähere, wenn Sie also noch einmal vorbeikommen möchten, um. Oh. Ich verstehe. Wie schade. Dann werde ich dafür sorgen, daß man Ihnen meine Bänder ins Büro fernkopiert. Ja, natürlich. Durch eine absolut sichere Leitung.«
Unentrinnbarkeit
    Es war ein Tag der Ruhelosigkeit, alles verlief äußerst nervös. Heute beriet man über ihn; nicht bloß Rico und Dolores und Vivienne und die anderen, die er schon kannte, sondern auch hohe, ferne Persönlichkeiten im interkontinentalen Management. Vielleicht hätte er nicht positiv reagieren sollen, als Ina von der grundsätzlichen Bereitschaft der Firma dazu sprach, ihn als Semi-Permanenten zu beschäftigen, sogar andeutete, man würde ihm möglicherweise Anteile geben. Aber Stabilität - wenigstens für eine Zeitlang - war eine schwere Versuchung. Er hatte keine andersartigen Pläne verlauten lassen, und was ihn selbst anbetraf, so zog er es vor, zu handeln, wann er es wollte, nicht durch den Mutwillen einer Zweitausgabe von Shad Fluckner. Doch gegenwärtig verspürte er innerlich immer stärker das Gefühl eines großen Risikos. Ins Blickfeld von Leuten mit solcher Macht und soviel Einfluß zu gelangen - was konnte gefährlicher sein? Waren nicht im Tarnover Personen damit beauftragt, Nickie Haflinger, für den die Regierung dreißig Millionen für Sonderausbildung, Studienkosten und Unterhalt ausgegeben hatte, ausfindig zu machen und ihn in Ketten zurückzubringen? (Vielleicht gab es inzwischen weitere Ausreißer. Aber er könnte es nicht wagen, mit ihnen in Verbindung zu

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