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Der Schönheitschirurg

Der Schönheitschirurg

Titel: Der Schönheitschirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Assistentenstelle zu erwischen, wäre ein höchst wertvolles Nebenprodukt dieses Nachmittags.
    «Ich denke, daß ein Wort von mir die Sache regeln würde.» Dr. Whitehead brach ein Keks. «Obwohl Sie natürlich Ihre Antrittsbesuche machen müßten. Im Sloane sind wir eigentlich ein Klub, wissen Sie. Wir sehen es gerne, wenn die Bewerber vorher die Konsiliarii besuchen. Mit ihren Frauen. Früher, vor dem Krieg, galt dieser Brauch in allen Londoner Krankenhäusern. Es tut mir leid, ihn aussterben zu sehen.»
    «Ich habe keine Frau», sagte Graham hastig.
    «Ah, Sie sind in dem glücklichen Alter, da die Jagd mehr befriedigt als die Wahl.» Er lächelte. «Lassen Sie sich ruhig Zeit. Ich habe mehr vielversprechende Karrieren von der falschen Frau ruiniert gesehen als von der falschen Diagnose. Ich werde mit Grafton sprechen, wenn Sie wollen.» Er wandte sich plötzlich um und begann eine Unterhaltung mit einem anderen Gast.
    Graham sah durch das Fenster, daß es bald regnen würde. Er hatte keinen Mantel mitgenommen.
    «Müssen Sie wirklich gehen?» fragte Miss Cazalay, als sie die Marmortreppe hinabstiegen. «Aber vielleicht haben Sie recht. Sie würden nur mit vielen dummen Fragen belästigt werden. Wußten Sie, daß ich während des Krieges einen Ambulanzwagen chauffierte? Obwohl ich wahrscheinlich mehr Leben in Gefahr brachte, als ich rettete. Ich bin ein fürchterlich schlechter Fahrer.» Sie lachte. «Aber es war die einzige Möglichkeit, in meinem eigenen Haus bleiben zu können. Biddenden wurde als Genesungsheim verwendet, wissen Sie.»
    Graham erinnerte sich an Bilder dieses kentischen Herrenhauses im Bystander. Sehr großartig. Nur für Offiziere, vermutlich. Sie waren in der Halle angelangt. Die Tür öffnete sich, und ein kleiner, dicker, fettbackiger Mann im Cut eilte herein, gefolgt von einem jüngeren, der eine rote Depeschentasche trug. «Daddy! Darf ich Dr. Trevose vorstellen. Du weißt doch - er hielt meinen Leuten vom Roten Kreuz einen Vortrag. Er ist ein Plastik-Chirurg .»
    Lord Cazalay schenkte ihm einen Blick intensivsten Interesses. Er streckte die Hand aus und schüttelte eifrig Grahams Rechte, während er ihn am Ellbogen hielt. «Es freut mich, Sie kennenzulernen, Dr. Trevose. Ihre Leute haben im Krieg großartige Arbeit geleistet. Unser Vaterland ist Ihnen zu Dank verpflichtet.»
    «Danke», sagte Graham und erinnerte sich, daß er «Milord» hinzufügen mußte, wie er es in Romanen gelesen hatte.
    Lord Cazalay wandte den Blick ab, entzog ihm seine Hand und entschwand durch das Haustor. Es war ihm ein Prinzip, daß ein Politiker seinem Publikum schmeicheln muß wie ein Geschäftsmann seinen Kunden, wenn er sie auch noch so geschickt beschwindelt. Diese kleine Szene, die er ohne jede Unterbrechung seiner schwirrenden Gedanken abspielte, war ihm so geläufig, daß er sie auch im Schlaf aufführen konnte. In der Tat geschah das auch oft, er murmelte dann noch im Erwachen ernsthafte Platitüden zu allen möglichen verdienstvollen Bürgern, die in seinen Träumen davonflogen.
    «Sie müssen unbedingt diesen Sommer an einem Wochenende zu uns nach Biddenden kommen», lud Miss Cazalay unbestimmt ein. «Vielleicht, wenn die Whiteheads bei uns sind, dann kann meine Mutter über alle ihre Beschwerden zugleich sprechen.» Ein Diener öffnete das Tor. «Interessieren Sie sich für Pflanzen? Wir haben angeblich eine der großartigsten Sammlungen exotischer Flora im ganzen Land. In den Treibhäusern wachsen chinesische Rhododendren, Himalayabambus, Waldorchideen aus Singapur ...» Sie zählte sie an den Fingern her. «Nein, ich vermute, es würde Sie langweilen. Mich langweilt es schrecklich. Der Diener wird Ihnen ein Taxi rufen.»
    «Nein, danke, ich gehe zu Fuß.» Graham war dazu erzogen worden, Taxis als liederliche Verschwendung anzusehen.
    «Aber es schüttet ja!»
    «Ich muß noch auf einen Sprung in ein Geschäft hier um die Ecke.»
    «Also gut. Auf Wiedersehen, Dr. Trevose. Vielen herzlichen Dank für all Ihre Mühe.»
    Sie lächelte und reichte ihm die Hand. Graham hatte Miss Cazalay inzwischen schon recht oft berührt. Aber da er in seiner kindlichen Einfalt annahm, sie habe mit ihrer Einladung angedeutet, daß sie nach seiner Gesellschaft geradezu dürste, setzte ihn ihr Händedruck in eine Erregung, die er kaum verbergen konnte. Das Tor schloß sich. Er ging im Regen die Half Moon Street hinunter.
    Als er die Kreuzung der Bond Street erreichte, begann sich der Wolkenbruch ernst zu nehmen. Die

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