Der Schönheitschirurg
Gedanken nicht unterdrücken, daß sie dabei halb betäubt aussah. Er inspizierte ihre Nase, in drei bis fünf Zentimeter Entfernung. Sie war wirklich zu sehr aufgebogen. Wenn man einen Schnitt durch die innere Schleimhaut führte und so eine Narbe vermied, dann mit gekurvter Schere die Spitzen der kleinen, flügelförmigen Knorpel wegzwickte ...
Sie sprang auf. «Horch! Es ist jemand unten.»
«Vermutlich der Junge mit dem Braten für morgen.»
«Nein, nein. Es ist im Haus. Ehrlich.»
Sie sah so verschreckt aus, daß Graham sagte: «Ich gehe nachschauen.» Beide begannen hastig, ihre Kleider anzuziehen. In der Halle fand Graham seinen Bruder, der sehr verärgert aussah.
«Wo warst du?» fragte Robin kurz angebunden.
«Zigaretten holen.»
«Wo ist Edith?»
Graham hob die Brauen. «Keine Ahnung. Im Zimmer des Alten, glaube ich. Irgendwelche Notizen holen.»
«Aus seinem Zimmer?» Robin runzelte die Stirn. «Es ist doch alles im Arbeitszimmer.»
«Wahrscheinlich hat er sie mit hinaufgenommen und im Bett gelesen.»
«Das wäre mir neu. So etwas hat er noch nie getan.»
«Was hast du eigentlich?» herrschte ihn Graham böse an. «Glaubst du vielleicht, meine zukünftige Frau durchsucht seine Taschen, oder was?»
Robin war sichtlich aus der Fassung gebracht und antwortete höflicher. «Ich habe mich nur gewundert, daß sie nicht an ihrer Arbeit ist, sonst nichts.»
Die Brüder standen und starrten einander an. Graham überlegte besorgt, ob Edith wohl daran gedacht hatte, den Knauf wieder anzuschrauben.
«Hast du deinen Kompaß bekommen?» fragte er.
«Kompaß?» Robin schien verwirrt. «Oh, den Kompaß. Nein, schließlich doch nicht. Ich will am Montag irgendwo in der Nähe schauen.»
Graham blickte auf seine Armbanduhr. Irgendwie mußte er Robin aus der Halle bringen. Edith könnte jeden Augenblick in höchst suspekter körperlicher und geistiger Verfassung herunterkommen. «Wie wäre es mit einer Tasse Tee?» schlug er vor. «Da alle ausgegangen sind, müssen wir ihn selbst brauen.»
«Ja, mach uns einen.» Robin nickte. «Ich bin im Wohnzimmer. Ich muß noch einen Stoß Zollformulare ausfüllen.»
Graham sah zu, wie er die Zimmertür schloß, ehe er durch den grünen Boivorhang in die Küche ging. Er bemerkte plötzlich, wie heiß und stickig es im Haus war. Kein Wunder, daß sie so geschwitzt hatten. Ihre Körper waren wie zwei frische Schollen aufeinandergeklatscht. Er hoffte, daß ihm nichts anzumerken war.
Robins Blick für körperliche Unregelmäßigkeiten war so gut trainiert wie sein eigener. Er suchte ein Streichholz, stellte den schwarzen Eisenteekessel auf die Gasflamme und begann «Alexander’s Ragtime Band» zu pfeifen.
Robin wartete. Er stand direkt neben der Wohnzimmertür und blickte durch den Türspalt. Edith erschien auf der Treppe. Keine Notizen, keinerlei Papiere. Und Grahams Zigaretten? Er rauchte jedenfalls nicht, und man marschiert nicht ins Schlafzimmer um eine Packung Zigaretten, wenn man nicht dringend rauchen will.
Aber bevor er noch irgend etwas sagen konnte, lächelte Edith und sagte unschuldig: «Hallo, Robin! Also ich habe Arbeit, auch wenn sonst niemand zu tun hat.» Dann wandte sie sich in aller Seelenruhe zum Arbeitszimmer.
Er folgte ihr. «Was hast du oben mit Graham getrieben?» fragte er zornig.
Sie legte die Hände auf die Tastatur der Schreibmaschine.
«Nichts.»
«Schwörst du es?»
«Ach was! Sei nicht dumm.»
Robin fiel auf die Knie, umklammerte ihre Beine und in seiner Begeisterung auch die des Stuhls. «Mein Liebling, mein Liebling! Du wirst mich nicht im Stich lassen?»
«Natürlich nicht.»
Er sah besorgt auf. «Du hast ihm nichts gesagt?» Sie schüttelte den Kopf. «Mein Engel, ich könnte deine kleinen Füße küssen», fuhr er fort, begnügte sich aber damit, ihren Rock zu heben und ihre Knie mit seiner Nase zu streicheln.
«Du mußt jetzt gehen, mein Süßer.» Sie lächelte. Robin war ein so heißköpfiger, starker Mann. Wie ein Stier. Wirklich sehr erregend. Sie streichelte sanft seinen Kopf, und er stöhnte laut. «Er könnte hereinkommen, nicht?»
«Er muß es einmal wissen.»
«Aber nicht jetzt, Lieber. Nicht gerade jetzt.»
Robin stand auf. «Es ist nicht leicht für mich, ihn den ganzen Tag sehen zu müssen.»
«Ja, wir sind doch wirklich furchtbar schlimm», sagte Edith. «Oder etwa nicht?»
Als sich die Tür schloß, wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu. Graham hatte sie unterbrochen, als sie gerade schrieb, «Im
Weitere Kostenlose Bücher