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Der Schönheitschirurg

Der Schönheitschirurg

Titel: Der Schönheitschirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Überflüssige weg. Sozusagen ein «Abnäher» im Gesicht. Er bildete sich ein, daß sie einander heimlich betrachteten. In diesem Zimmer wäre für den Sarazenen hübsch zu verdienen, sagte er sich fröhlich. Der Vortrag endete erst, als der Butler, den Graham in der Halle seelisch verstümmelt hatte, erschien, um den Tee zu servieren. Es gab Gurkensandwiches, für die er die gleiche Leidenschaft empfand wie Wildes Algernon Moncrieff.
    «Sie waren schrecklich gut», lächelte Miss Cazalay mit ihrem Pflaster auf der Wange. Sie war erleichtert, daß das Risiko, ihn statt des Sarazenen einzuladen, gerechtfertigt gewesen war. Er dankte ihr und nahm ein zweites Sandwich. «Waren Sie schon immer Schönheitschirurg?»
    «Ich bin überhaupt noch nicht lange Arzt. Den Großteil meines ersten Jahres verbrachte ich in einem Sanatorium - als Patient.»
    «Wirklich? Wie gräßlich.» Tuberkulose zu bekommen war vielleicht die schändlichste Schwäche überhaupt. «Warum wurden Sie dann ausgerechnet Schönheitschirurg?»
    Er nahm noch ein Sandwich. «Mehr oder weniger Zufall. Ich glaube, das trifft auf alles grundlegend Wichtige im Leben zu.»
    Sie schürzte die Lippen. «Wie schade. Ich dachte, Sie wären vielleicht ein Pygmalion, der sich danach sehnt, seine Galatea zu schaffen.» Graham, der eine streng wissenschaftliche Erziehung genossen hatte, verstand die Anspielung nicht, aber es klang hübsch. «Nun gut, es ist ja noch Zeit, Dr. Trevose. Vielleicht wird sich eines Tages halb London vor Ihrer Tür drängen.»
    «Das kommt darauf an, ob ich eine neue Stelle bekomme oder nicht, fürchte ich.»
    Sie sah sehr verblüfft aus: «Haben Ärzte Stellen? Wie merkwürdig! Wer könnte bei Dr. Whitehead an eine Stelle denken!»
    Diese Überlegung wurde von Dr. Whitehead selbst inspiriert, der versprochen hatte, vorbeizuschauen. Er hatte eine Meisterschaft darin entwickelt, bei eleganten Gesellschaften vorbeizuschauen. Er hielt dies für eine bequeme Art, sich potentiellen Patienten ins Bewußtsein zu bringen, ohne dabei seine Leber oder seinen Magen zu strapazieren. Er war groß, hager und trug den vornehmen Gehrock, den viele seiner Kollegen in der Harley Street während des Krieges aufgegeben hatten. (Da viele von ihnen auch ihre Praxis aufgegeben hatten, um in der Armee zu dienen, ging es ihm blendend.) Er war ein Spezialist ohne Fach, außerordentlich gesucht von Leuten, die es sich leisten konnten, der Behandlung ihres Hausarztes zu mißtrauen. Er hatte nicht nur im Salon, sondern auch unter den hoffnungslosesten klinischen Umständen eine Delikatesse und Gewandtheit, die ihn selbst größeren Persönlichkeiten als Miss Cazalay unentbehrlich machten. Sein Name stand auf allen Bulletins, die an den Palastgittern hingen, während sich die Reihe der anderen Namen darauf von Fall zu Fall änderte.
    «Darf ich vorstellen - Dr. Trevose. Er sucht eine Stelle», sagte Miss Cazalay sofort.
    Dr. Whitehead betrachtete Graham würdevoll. «Sie sind bei dem Sarazenen, nicht wahr?»
    In seiner Verwirrung, dem Königlichen Leibarzt gegenüberzustehen, hatte Graham noch ein Sandwich genommen. Er sagte sich streng, daß eine so grobe Funktion wie der Appetit niemals in den Salons der Half Moon Street gezeigt werden dürfe. Die Anspielung auf den Sarazenen verwirrte den jungen Mann noch mehr, Doktor Whitehead aber lächelte und sagte: «Wir sollten ihm dankbar sein, daß er die Londoner Szene belebt. Ist es wahr, daß er einen Rolls-Royce für sich selbst und einen für seine Instrumente hat?» Er schätzte die noblen Eigenschaften der Erfolgreichen so sehr, wie seine Kollegen im East End die noblen Eigenschaften der Armen schätzten. «Sie suchen also eine Stelle? Ich hörte, daß sich der Sarazene einschränken muß.» Er nahm eine Tasse Tee von einem Diener entgegen. «Was für eine Stelle? In der plastischen Chirurgie gibt es keine, würde ich sagen.»
    «Ich hatte gehofft, etwas in Hals-Nasen-Ohren zu finden, Sir. Zumindest würde es mich über Wasser halten, während ich für meine Fellowship arbeite.»
    «Soviel ich weiß, wird eine HNO-Stelle im Sloane Hospital frei.» Er ließ ein königliches Desinteresse an unwichtigen Promotionen durdiblicken. «Ich bin natürlich im Stab. Graf ton sucht einen Assistenten - Sie haben zweifellos von ihm gehört? »
    Graham nickte eifrig. Sloane war ein kleines Krankenhaus hinter der Oxford Street, dessen Facharztstellen wegen seiner Großzügigkeit mit Privatbetten bitter umkämpft waren. Dort eine

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