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Der Schönheitschirurg

Der Schönheitschirurg

Titel: Der Schönheitschirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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der Welt ohne die Augen der Liebe ausgesprochen und trostlos «gewöhnlich» Vorkommen mußte. «Ich sehe darin nichts besonders Beleidigendes, meine Liebe.»
    «Du hättest sie hören sollen», sagte Edith angeregt. «Uh! Ich möchte ihr die Augen auskratzen.»
    Robin saß auf dem Bett und griff nach seiner Bibel. Er las täglich einige Verse und fand, es sei ein gutes Mittel, in der winzigen Kabine die Konversation zu ersticken. «Wir müssen uns von Gott die Stärke holen, um solche Bosheit zu überwinden, und Ihn bitten, Er möge ihr vergeben.»
    Edith schürzte die Lippen. Sie hatte Gott als Teil von Robin akzeptiert und war aufrichtig bemüht, beiden zu gefallen. Aber sie wollte nicht, daß irgend jemand der Frau an ihrem Tisch verzeihen sollte.
    «Leider gibt es im Osten furchtbar viel kleinlichen Snobismus», fuhr Robin fort. «So hört man jedenfalls.»
    «Snobismus?» Sie hatte durch das Bullauge gestarrt und drehte sich nun mit solchem Zorn um, daß sie ihn aufschreckte. «Was haben wir dann zu befürchten? Jetzt sind wir die Snobs. Oder nicht?» Die Straße der Selbstverbesserung, die sich hinter ihr bis zurück nach Ramsgate erstreckte, war im Triumph beschritten worden. Es war herzzerreißend, daß das Ziel mehr oder weniger wie der Anfang sein sollte. «Oder nicht?» wiederholte sie.
    Aber Robin war tief in die Heilige Schrift versunken.
    In ihrer erneuten Begeisterung über Singapur vergaß Edith schnell ihre Zurücksetzungen. Sie genoß den merkwürdigen Anblick der Mädchen in Cheongsams, die bis zu den Schenkeln geschlitzt waren (sie fand, es müßte ein Spaß sein, so etwas zu tragen), der vertikalen Schrift über den Geschäften, die nicht größer waren als ein Schrank, der Frauen, die ihre Babys auf den Rücken gebunden hatten und, auf der Straße hockend, mit Stäbchen Reis aßen, der Rumstuben und sogar der Todeshäuser, wo man kränkelnde Angehörige bequem auf Pritschen unterbringen konnte, bis sie zu einem fröhlichen und außerordentlich lautstarken chinesischen Begräbnis wieder herausgeholt wurden. Sie verbrachten etwa eine Woche bei einem alten schottischen Arzt und seiner Frau, die so lange im Osten gelebt hatten, daß ihr Teint chinesisch geworden war, aber trotzdem mit unverfälschtem Inverness-Akzent sprachen. Ihre letzte Fahrt führte in die Provinz Wellesley, die nördlichste der Straits Settlements gegenüber der Insel Penang, eine dreitägige Dampferreise entlang der Küste mit einer Unterbrechung in Port Swettenham. Ein Lastwagen brachte sie und ihre Besitztümer endlich in die Mission von Kapala Batas, die aus drei Gebäuden in der Größe einer Dorfschule bestand. Das mit der Glocke war die Kirche, ein zweites beherbergte die Schule, das verfallenste war das Spital mit der Apotheke. Es gab drei Bungalows, einen für den Arzt, einen für den Lehrer, und einen für den ehrwürdigen Missionar, der, wie sie herausfanden, die Gelegenheit wahrgenommen hatte, in die bequemeren und kurzfristig leerstehenden Räumlichkeiten seines ärztlichen Mitbruders umzuziehen. Selbst als der ungewohnte Luxus, vier Diener herumkommandieren zu können, eine reine Angelegenheit häuslicher Routine wurde, hatte Edith nie Langeweile. Ihrer gelassenen Natur war Langeweile ebenso fremd wie Bosheit. Sie fand jeden Tag irgend etwas, das sie interessierte - eine neue Pflanze, einen neuen Vogel oder die Wechselfälle der Schlacht in ihrem Krieg gegen die Ameisen.
    Im übrigen bewahrte sie die Isolierung vor den Messerstichen gesellschaftlicher Hinterhalte. Ihre einzige Gesellschaft waren der Lehrer und seine Frau, ein eingetrocknetes Ehepaar, das vor dem Krieg in die Provinz Wellesley gekommen war, und der alte und redselige Missionar, dem öfters der Speichel in den Bart troff. Diese drei fanden die Neuankömmlinge recht angenehm, obgleich sie aus Erfahrung erst nach einer angemessenen Zeitspanne von etwa ein, zwei Jahren ein endgültiges Urteil abgeben wollten.
    Robin litt bald unter großer Langeweile. Bei seiner Ankunft hatte er sich als Kreuzritter gesehen, der gleichzeitig Gesundheit und Erleuchtung brachte, wo sie bitter vonnöten waren. Er fand, daß weder das eine noch das andere Geschenk besonders willkommen war. Er wurde mit Argwohn und Angst betrachtet, nicht als Feind von Krankheit und Tod, sondern als ihr engster Genosse, in dessen Gesichtskreis man sich besser nicht verirrte. Er war so ungeschickt, auf die komplizierten menschlichen Beziehungen einzugehen, daß er seine undankbaren und

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