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Der Schönheitschirurg

Der Schönheitschirurg

Titel: Der Schönheitschirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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im Parlament, Donner von der Kanzel und so weiter. Es wird so schlimm werden wir Mr. Willetts Sommerzeit.»
    «Ich kann nicht sagen, daß Kliniken wirklich notwendig sind», sagte Maria zimperlich. «Es ist eine so private Angelegenheit zwischen Mann und Frau.»
    «Für diese neuen Pessare werden Kliniken jedenfalls notwendig sein. Sie gehen nicht instinktiv hinein, leider. Es ist erschütternd, wie wenig die meisten Frauen über ihre eigene Anatomie wissen.»
    Er sah, wie sich Maria in die Lippen biß. Aber sie sprachen über «Frauen», ein objektives, philosophisches Thema, sagte sie sich, wie die Armen. «Ich glaube, nicht einmal ich weiß, wie diese Dinge funktionieren.»
    «Das Pessar sitzt dicht unter dem Uterushals - der Gebärmutter.»
    «Die Gebärmutter... das ist anders als die andere... die andere Passage, nicht wahr?»
    «Ich zeichne Ihnen eine Skizze», bot Graham an.
    Sie brachte ihm einen Bogen Briefpapier mit Krone.
    Es amüsierte ihn, das errötende Unbehagen des größten Lichtes der Sonnenschein-Liga und des Klubs für unentgeltliche Medizin zu sehen. Das war wieder seine Bob-Sawyer-Methode. Sein ganzes Leben lang konnte er den grinsenden Geist dieses Dickensschen Hafenarbeiters nicht abschütteln. Bei Edith hatte er die Kleiderhaken voller Leichen ins Treffen geführt, eine Dame von Marias Intelligenz und Feingefühl aber konfrontierte er mit der Gebärmutter.
    Bei ihrem nächsten Treffen kam das Thema Geburtenkontrolle irgendwie wieder auf.
    «Aber die Armen, welche Methode verwenden die?» fragte Maria. Sie war ihrer Verlegenheit Herr geworden. Schließlich war es völlig in Ordnung, derartige intime Verallgemeinerungen mit einem jungen Mann zu besprechen, wenn er zufällig auch ein junger Arzt war. Außerdem war es ziemlich aufregend. «Diese Instrumente kosten Geld.»
    «Coitus interruptus. So frei wie die Luft, die wir atmen.»
    «Ich glaube, ich verstehe nicht.»
    «Es ist ein zeremonieller Salut an die Göttin der Liebe, ohne im Ernst zu schießen.»
    «Ich verstehe noch immer nicht.»
    «Ich zeichne Ihnen wieder eine Skizze.»
    Er fragte sich, ob sie wirklich so unschuldig sein konnte. Er wußte aus dem Tatler, daß sie auf einer Wolke von «Bewunderern» durchs Leben segelte, jungen Männern aus guter Familie und mit gutem Schneider, die ihr die halbe Bond Street zum Geschenk machen konnten. Aber vielleicht war sie doch nicht die großmütige Spenderin vergnügter Gunst, wie er angenommen hatte. Vielleicht, so fiel ihm plötzlich ein, konnte sogar ein ernsthafter junger Akademiker wie er selbst eine Chance haben. Ein erregender Gedanke. Jedenfalls schien sie ihn interessanter zu finden als das Komitee der Sonnenschein-Liga.
    Und Maria begann darüber nachzudenken, wieweit er seine Kenntnisse aus Büchern bezogen habe.
    Während dieses Winters nahm Graham ihre Gedanken mindestens ebenso sehr in Anspruch wie ihre Komitees. Seine einfachen Aufmerksamkeiten rührten sie. Er war schließlich gutmütig, amüsant, sensibel, hatte durchaus annehmbare Manieren und wußte genau über das weibliche Becken Bescheid. Sie hatte das Gefühl, daß er sich in sie verliebte. Graham hatte dasselbe Gefühl. Wenn sie seine Annäherungsversuche ermutigte, war er gern bereit, die Leidenschaft beizusteuern. Zu Weihnachten ließ sie sich von ihm zum Sloane Hospital Ball führen, einer prächtigen alljährlichen Angelegenheit in Park Lane, wo sich die Reichen pflichtschuldig unterhielten und dinierten, um Geld für die unterernährten Armen aufzubringen. Sie stellte nachher fest, daß sie ihn wirklich recht lieb gewann, und er tanzte wundervoll. Er hatte schließlich mit Edith genug geübt.
    Maria beschloß endlich, den kleinen Doktor zu heiraten, mit ebenso klarem Kopf, wie sie alle ihre Angelegenheiten regelte. Viele Männer hatten erklärt, sie seien von Liebe zu ihr gequält, aber am Ende hatte sich keiner willens gezeigt, diese Qualen exklusiv werden zu lassen - sie wußte den Grund gut genug, doch zog sie es vor, ihn im Augenblick nicht zu erwähnen. Und irgend jemanden mußte sie ja heiraten. Zu Ostern 1920 lud sie ihn zusammen mit drei anderen Verehrern nach Biddenden ein, aber einer bekam Mumps, ein anderer wurde plötzlich vom Außenamt beauftragt, bei Sèvres mit den Türken Frieden zu schließen, der dritte, ein munterer junger Journalist, enschuldigte sich in letzter Minute telegraphisch in kostspieliger Weitschweifigkeit. Sie sah sich plötzlich als alte Jungfer, von der Bühne des Lebens in die

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