Der Schönheitschirurg
Sinnen gewesen war?
«Wissen Sie nicht?» Dr. Whitehead lächelte. «Dann ist es vielleicht besser, Sie hören es vom Professor selbst. Es ist ohnedies kaum mehr als ein Gerücht.»
«Nichts Mißliches, hoffe ich?» fragte Graham rasch. Er hatte zu seiner Zeit genug Studentenklatsch im Seziersaal mit angehört, wo sein Vater als der «Schmierige» bekannt war, ein Spitzname, der nicht nur auf seine nachlässige Kleidung zurückzuführen war.
«Keineswegs! Sogar höchst ehrenhaft.»
«Dann erzählen Sie doch. Sie können es mir doch sicher sagen?»
Aber was für eine Perle die Mitteilung auch immer sein mochte, Graham konnte sie nicht aus der Auster herausholen. In seiner Praxis hatte Dr. Whitehead gelernt, professionelle Diskretion bis ins Extrem zu bewahren. Mit dem St. Sebastian’s Hospital und Marias Schwangerschaft hatte Graham zu viele Dinge im Kopf, um seinen Vater aufzusuchen. Auch erwartete er täglich, daß der Sarazene in der Great Ormond Street auftauchen würde, aber der Amerikaner verzögerte seinen Besuch bis zur Woche vor Weihnachten. Vielleicht machte er sich Hoffnungen auf die weihnachtliche Stimmung, da er auf eine Anleihe aus war.
«Die Dinge stehen nicht allzu gut», gab er zu, als er mit einer Zigarre vor dem Kamin im Salon saß. Es war dies das erste Understatement, das Graham je von ihm gehört hatte. «Obwohl ich immer noch weiß, daß ich recht habe. Bei Gott! Wer könnte das Gegenteil behaupten? Nur einer von diesen Law Lords hätte ein klein wenig anders denken müssen. Richter sind wie Pferde, schätze ich», seufzte er. «Man kann nie genau sagen, wie sie springen werden.»
Graham drückte sein Mitgefühl aus.
Der Sarazene erklärte, die Dinge sähen nicht so schwarz aus, wie die Zeitungen schrieben. Seine mächtigen Freunde in New York würden eine finanzielle Rettungsboje auf den Atlantik setzen, ehe sie ihn untergehen ließen. Aber Rettungsoperationen brauchten
Zeit. Er richte seine Bitte ungern an Graham - weil er ihn eher als persönlichen Freund denn als Standeskollegen betrachte -, wäre aber sehr dankbar für zwei- oder dreitausend Pfund auf kurze Zeit. Als Graham den Kopf schüttelte, reduzierte er seine Forderung großzügig auf einen einzigen Tausender. Graham schüttelte wieder den Kopf. Der Sarazene verlor die Beherrschung.
«Glauben Sie nicht, daß Sie mir etwas schulden? Werden Sie in der plastischen Chirurgie nicht Ihre Lebensarbeit finden?»
«Ja, das hoffe ich, sicherlich.»
«Und wer hat Ihnen Ihre Chance gegeben?»
Graham antwortete nicht. Er hätte dem Mann das Geld gern gegeben, aber Maria war nicht nur aus finanziellen Gründen dagegen. Wenn herauskam, daß er für den Sarazenen Partei nahm, könnte sein eigener professioneller Status in Frage gestellt werden. Außerdem hielt sie den Geldbeutel so fest in der Hand, wie ihn Lord Cazalay in der seinen gehalten hatte. Der Sarazene, der argwöhnte, wer seine Hoffnungen eigentlich enttäuscht hatte, fügte sauer hinzu: «Würden Sie die Güte haben, Mrs. Trevose zu sagen, daß ich kam, um mich nach der Gesundheit meiner dankbaren Patientin zu erkundigen?» Dann ging er mit Würde und überlegte, ob er eine Chance hätte, von John Bickley wenigstens einen kleineren Betrag zu erhalten.
Sir John Blazey kam am Heiligen Abend ins Haus und machte viel Wesens um seinen Besuch. Er entschuldigte sich, daß er zu solcher Zeit geschäftlich vorsprach, aber die Lage in St. Sebastian’s bedürfe dringend einer Klärung. Nun, da Dr. Sarasen aus so peinlichen Gründen außer Frage stehe - Sir John wiegte sich aufgeregt auf den Fersen -, sei das Komitee zusammengekommen und habe entschieden, daß man mit der Wahl seines Nachfolgers vorsichtiger sein müsse. Man habe Grahams Bewerbung um den Posten eines ersten Assistenten gründlich erwogen - vielen Dank, er müsse ein Glas Sherry ablehnen, er sei sehr in Eile -, und trotz Grahams Jugend seien sie der Meinung, daß seine Erfahrung und seine offensichtliche Begabung in dem streng begrenzten Fach der plastischen Chirurgie es rechtfertigten, ihn zum Chefarztstellvertreter zu ernennen. Er könnte die wertvolle Arbeit der neuen Abteilung beginnen, bis man einen passenden Chef finden könne. Wäre er bereit, eine so schwere Verantwortung auf sich zu nehmen?
Graham war bereit.
Um seinen sechsundzwanzigsten Geburtstag war er der alleinverantwortliche Leiter der Station für plastische Chirurgie. Ob seine Arbeit so brillant war oder ob das Komitee vor dem Risiko
Weitere Kostenlose Bücher