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Der Schönheitschirurg

Der Schönheitschirurg

Titel: Der Schönheitschirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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viel genauer eingeschätzt, als er vermutete.
    «Ja, die Hochzeit soll im Februar stattfinden», sagte der Professor in der Great Ormond Street zu Graham. «Ganz still, natürlich. Ich glaube, bloß standesamtlich schickt sich besser.» Als Graham versuchte, einen passenden Glückwunsch hervorzustottern, lächelte sein Vater matt und fügte hinzu: «Wie merkwürdig, daß in so kurzer Zeit Robin, du und ich selbst Bräute finden sollten? Wir sind doch recht fidele Kerle, nicht wahr?»
    Aber er argwöhnte schon, daß nun jede Ausgelassenheit für ihn zu Ende sei. Mrs. Fanshaw war in seinen Augen etwa vierzig Jahre über das wünschenswerte Alter hinaus, aber der Mann, der den Mond ersehnt, muß schließlich in weiser Beschränkung mit einer Kerze vorliebnehmen.

17

    Der Professor fand ärgerlich, es sei für einen verhältnismäßig frischgebackenen Ehemann unfair, zweimal innerhalb dreier Monate Großvater zu werden.
    Es schien Graham, daß ganz London stillstand und atemlos auf Marias Niederkunft wartete. Sie hatte jegliche Anstrengung aufgegeben und las nur noch die anspruchslosen Werke von Mr. Wodehouse und Mr. Maugham. Er hatte ihr als ablenkendes Spielzeug einen Detektorempfänger gekauft - Northcliffe und die Daily Mail hatten Melbas Gesang durch die Kopfhörer produziert, während Val Arlott und die Daily Press Schaljapin zu bringen hofften -, aber die Gefahr solcher Aufregungen blieb ihr erspart, denn soviel Graham auch mit dem Kontaktdraht herumspielte, der Empfänger schien nie zu funktionieren. Ein Zimmer im oberen Stock wurde für die Geburt geräumt, eine Krankenschwester wurde engagiert. Dr. Whitehead schaute zweimal täglich vorbei. Die werdende Mutter aber verbrachte ihre Tage weiterhin auf dem Sofa im Salon, und jeder kleine Stich von Kreuzschmerzen sandte Wellen aufgeregter Erwartung durch den ganzen Haushalt. Es geschah am Tag der Sommersonnenwende. Maria war überpünktlich wie immer.
    «Das erste Stadium hat definitiv begonnen», lächelte Mr. Berkeley Graham zu, als er mit Dr. Whitehead die Treppe herabkam. «Wie Sie wissen, kann es bei einer Erstgebärenden bis zu achtzehn Stunden dauern, ehe die völlige Dilatation eintritt. Whitehead wird telefonieren, sobald ich gebraucht werde.»
    Es war zwei Uhr früh, als sie die Zeit für gekommen hielten, Mr. Berkeley wieder zu rufen. Er erklärte, daß das Kind in ein paar Stunden geboren werden würde. Graham saß unten mit Dr. Whitehead, der offenbar zu unvorstellbaren Kosten für die ganze Nacht vorbeischaute. Der Königliche Leibarzt unterhielt ihn mit Geschichten über königliche Persönlichkeiten, aber Graham hörte nicht zu. Trotz seiner Kenntnis des weiblichen Beckens war er in Sorge. Alles, was Marias Fortpflanzungsorgane betraf, schien so unzulänglich zu sein. Als Mr. Berkeley wieder erschien, immer noch lächelnd, aber bedauernd, daß die Sache nicht so glatt gehe, wie er gehofft habe, sprang Graham mit einem Schrei auf.
    Der Geburtshelfer erklärte ruhig, daß es sich um eine Steißlage mit gestreckten Beinen handle, er zeichnete sogar eine kleine Skizze des ballonförmigen Uterus mit dem Baby, das versuchte, sich mit den Beinen herauszustrampeln, statt mit dem Kopf voran zu stoßen. Bei einer ältlichen Primigravida - er entschuldigte sich hastig, daß er das Wort ältlich in einem rein relativen und technischen Sinne gebrauchte - sei Extraktion unter Anästhesie indiziert.
    Graham war außer sich. Seine Frau schwebte in unausdenkbarer Gefahr. Er fühlte, daß er sie inmitten der ihr von allen Seiten entgegengebrachten Fürsorglichkeit sehr liebgewonnen hatte.
    Eine Privatklinik am Regents Park wurde hastig antelefoniert, ein Krankenwagen angefordert. Lord Cazalay wurde aus der Half Moon Street gerufen und kam mit seinem Sekretär angefahren, als läge seine Tochter schon auf ihrem Sterbebett. Er blickte Graham als den Urheber ihres Unglücks düster und gewittrig an. Lady Cazalay war schon bei Beginn der Wehen ins Italienische verfallen, bei Mr. Berkeleys Rückkehr hatte sie Riechsalz verlangt, und nun mußte sie zu Bett gebracht und von einer Krankenschwester gepflegt werden.
    Dann fühlte sich Graham plötzlich wieder überflüssig. Wenn einer vom Stamme der Cazalays geboren werden sollte, und überdies unter gefährlichen Umständen, war er bloß ein Außenstehender, der im Wege war.
    Er nahm Mr. Berkeley zur Seite und fragte, wie hoch das Risiko sei. «Also wissen Sie», sagte der Gynäkologe ehrlich, immer noch lächelnd, «bei

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