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Der Schönheitschirurg

Der Schönheitschirurg

Titel: Der Schönheitschirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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er mit Hilfe der Inschriften amüsiert fest, hatten ihr Ende durch Ertrinken, Gewehrfeuer oder Fieber in fernen Ländern gefunden, die Mitglieder seiner Familie hingegen schienen immer in ihren Betten gestorben zu sein. Er nahm an, daß sie eben angeborenes Glück hatten, eine der Eigenschaften, die für einen erfolgreichen Arzt Grundbedingung ist, wenn auch niemals für einen guten. Den Rest des Jahres beschäftigte er sich im St. Sebastian’s Hospital, schrieb Artikel für medizinische Zeitschriften, hielt Vorträge, wann immer sich eine Gelegenheit bot, und machte sich so einen Namen. Maria las jedes Wort, bevor es gedruckt oder gesprochen wurde.
    1924 brachte Maria Desmond schon früh nach Cornwall. Sie erklärte, die Massen, die sich zur British Empire Exhibition in Wembley drängten, machten London doppelt unmöglich. Graham konnte kaum vor August nachkommen. Sein Vater erholte sich, so gut man erwarten konnte, von einer Prostatektomie, die Sir Horace Barrow vorgenommen hatte, aber die Zellen im histologischen Schnitt hatten große, dunkle Kerne aufgewiesen, die bösartigen Augen des Krebses. Falls es zu einer Krise kommen sollte, war Diplomatie wahrscheinlich ebenso notwendig wie eine Operation -er bezweifelte, ob Tante Doris und seine Stiefmutter miteinander sprechen würden, selbst dann, wenn sie im selben Rettungsboot dahintrieben. Jedenfalls war seine Anwesenheit in London im Juli unbedingt notwendig. Denn es war überdies wahrscheinlich, daß er schon in so jungen Jahren den Ehrgeiz seines Lebens verwirklichen würde, die Berufung als Chefarzt für plastische Chirurgie an das Blackfriars Hospital.
    Er gab offen zu, daß Maria die Sache eingefädelt hatte. Wenn Graham eine Station für plastische Chirurgie in Blackfriars wollte, so würde sie eine schaffen. Sie versicherte sich der Hilfe Val Arlotts, dessen Daily Press ihren Lesern damals weniger wie eine Zeitung vorkam als wie ein Weihnachtsmann, der jeden Tag des Jahres auf
    Weihnachten bestand. Wenn einer von ihnen eine Lebensversicherung oder eine Versicherung gegen den Verlust eines Teiles seiner selbst eingehen, sein Haus mit einer sechsteiligen Suite in gebeizter Eiche einrichten, einen neuen Austin Seven besitzen, Dickens und Shakespeare von der ersten bis zur letzten Seite lesen oder Ferien in Biarritz, dem Tummelplatz der Millionäre, machen wollte, so mußte er sich bloß als Abonnent eintragen lassen und eines der amüsanten und unkomplizierten Preisausschreiben der Zeitung mitmachen. Wenn die Preise seltener aus gebeizter Eiche und der Gesellschaft von Millionären als aus Dickens’ Gesammelten Werken bestanden, so war das darauf zurückzuführen, daß Val Arlott Literatur en gros einkaufte und bei der Transaktion einen Profit einsteckte.
    Marias Idee gefiel ihm großartig. Daher mußte sie auch seinen Lesern gefallen. Er würde einen Feldzug zur Etablierung dieser wundervollen neuen Wissenschaft in einem der großen Londoner Krankenhäuser starten - es war eine öffentliche Schande, daß keine derartige Abteilung existierte -, er würde Gelder auftreiben und wichtige Leute interessieren. Und wo wäre das Heilungszentrum besser aufgehoben als im Blackfriars Hospital, das in Rufweite eines Zeitungsjungen von den Büros der Press lag?
    Aber Blackfriars war nicht der Stall für jedermanns geschenkten Gaul. Obgleich jünger als St. Bartholomew’s in Smithfield, dessen Mauern schon uralt waren, als sie von den Scheiterhaufen der Märtyrer unter der Blutigen Mary geschwärzt wurden, war es doch eine Institution der City, wie Old Bailey. Hinter ihm standen die Hochburgen der Freiheit und Rechte der Nation in der Fleet Street, ihm zur Seite das Füllhorn juristischer Weisheit, der Temple, vor ihm lag die sanft fließende, wenn auch nicht mehr süße Themse, und die Kirche von England blickte in Gestalt der gewaltigen Kuppel von St. Paul über seine Schultern. Es wurde eifersüchtig von seinem Aufsichtsrat regiert, da sich der Staat nicht herausnahm, sich in die Gesundheit seiner Bürger mehr einzumischen, als dafür zu sorgen, daß sie sauberes Wasser und nicht zu oft Pocken bekamen. Da die Aufsichtsräte Finanzgrößen waren, die nichts von medizinischen Fachfragen verstanden, war ihre Macht in die Hände der vier rührigsten Fachleute gefallen, wie dies in großen und schwerfälligen Institutionen so üblich ist. Diese waren Dr. Wedderburn, der Graham dem Grabe geweiht hatte, Sir Horace Barrow, der wie ein pensionierter Berufsboxer mit einem

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