Der Schönheitschirurg
manueller Extraktion nach Lageveränderung unter Anästhesie setzt man allgemein eine Müttersterblichkeitsquote von dreißig Prozent an.» Graham erschauerte. «In meinen Händen würde ich sagen, fünfzehn Prozent.»
«Könnten Sie nicht einen Kaiserschnitt vornehmen?»
« Ich fürchte, die Chancen wären nicht besser, Graham.» Er machte eine Pause. «Nicht einmal unter meinen Händen. Es ist eine hoffnungslose Operation, wenn die Wehen einmal angefangen haben, selbst heutzutage.»
Grahams Lippen zuckten, als er fortfuhr: «Wie steht es mit Kindbettfieber? Nach all diesen Komplikationen?»
Er erinnerte sich an allzu viele Fälle in den Entbindungstationen von Blackfriars, wo er den ersten furchtbaren Ausschlag der Fieberkurven der jungen Mütter gesehen hatte, und dann Zusehen mußte, wie das Fieber weiter anstieg, bis es unter den Augen der hilflosen Ärzte ihr Leben ausbrannte.
«Ich würde mir nicht allzu große Sorgen machen. Zwar besteht die Möglichkeit einer Puerperalinfektion, aber diese Gefahr ist doch weitgehend auf die öffentlichen Säle beschränkt. Privatpatienten in Einzelzimmern bleiben meist von solchen Dingen verschont. Und wir haben ja noch das neue Antistreptokokkenserum in Reserve.»
«Wenn es hilft», sagte Graham.
«Nun ja», sagte Mr. Berkeley.
Als Mr. Berkeley in die Privatklinik gefahren war, fiel Graham ein, daß er nicht einmal nach den Chancen des Kindes gefragt hatte. Das Ungeborene war so sehr Marias Eigentum geworden, daß sich niemand seine unabhängige Existenz vorstellen konnte.
Der Gynäkologe hielt Wort. Vor Tagesanbruch wurde Desmond George Arthur Graham Trevose aus dem erschöpften Uterus 'seiner Mutter gezogen, zwar mitgenommen und blau, aber bereit zu atmen. Lord Cazalay bestellte Champagner und gratulierte Graham großzügig. Wenn seine Tochter am Leben bleiben sollte, so faßte er dies als Kompliment für die Konstitution der Cazalays auf. Sie machte jedenfalls großartige Fortschritte, nach einer Woche war sie körperlich fast wieder sie selbst. Nach einem Monat begann sich sogar Lady Cazalay zu erholen.
Am anderen Ende der Welt bedeutete Ediths Schwangerschaft eine willkommene Abwechslung für die ganze Missionsstation.
Ihr Eheleben war friedlich. Die beiden gewannen einander immer lieber, zum Großteil deshalb, weil es in ihrer Natur lag, vor jedem Streit davonzulaufen wie ein Kaninchen vor einem Gewehr. So machte Robin mehr Aufhebens um die Schwangerschaft als sie selbst. Edith erklärte, das Kind würde im Oktober geboren werden, und da ihr Jahresurlaub fällig war, richtete es Robin so ein, daß sie einen Monat vorher nach Singapur reisen konnten, wo seine Frau den besten geburtshelferischen Beistand in ganz Südostasien genießen sollte. Edith war über die Reise so aufgeregt, daß sie die Koffer herausbringen ließ, um gute vierzehn Tage vor der Einschiffung mit dem Packen zu beginnen. In der Hitze war dies eine anstrengende Arbeit, und ihr Rücken begann zu schmerzen. Aber sie war nie wehleidig gewesen und sagte sich heiter, daß eine schwangere Frau ein paar Unannehmlichkeiten für die gute Sache ertragen müsse. Sie fühlte sich plötzlich erschöpft, sandte den Küchenjungen um eine Tasse Tee und fiel in einen Rohrstuhl in dem kahlen Wohnzimmer. Sie fühlte etwas Warmes zwischen den Beinen. Erst als das Fruchtwasser ihr Kleid durchnäßte, erkannte sie, daß die Dinge wahrhaft schlecht standen. Edith hatte sich verrechnet, was einem Mädchen schlecht anstand, das einst hinter der Kasse eines Fleischerladens gesessen hatte.
Robin wurde eilends aus der Apotheke geholt. Er hatte nur sehr vage Erfahrungen in der Geburtshilfe - seine Patienten duldeten die Einmischung eines Fremden nicht und benötigten sie auch nicht -, aber alle anderen im Umkreis von Hunderten Meilen hatten noch weniger als er. Er hob Edith auf und brachte sie ins Schlafzimmer, gleichzeitig verlangte er kochendes Wasser, saubere Handtücher und Desinfektionsmittel. Er ließ sie unter hastig gestammelten Beruhigungen auf dem Bett zurück und eilte ins Spital, um in der «Praktischen Geburtshilfe» nachzulesen. Das Lehrerpaar war auf irgendeiner Expedition. Die Assistenz des Missionars verwarf er schnell. Er überlegte, ob er um göttliche Führung flehen sollte, entschied aber, daß er keine Zeit dazu hatte. Außerdem hoffte er, daß kein übernatürliches Eingreifen nötig sein würde.
Die Geburt war so unkompliziert wie Edith selbst. Ein paar Stunden später drehte der Professor in
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