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Der Schönheitschirurg

Der Schönheitschirurg

Titel: Der Schönheitschirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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wollten später mit der Bahn zurückkommen, um den aufregenden Moment seines Abflugs nach Ägypten mitzuerleben und mittlerweile Ediths Mutter in Ramsgate besuchen. Der Fleischer war schon vor einiger Zeit den Weg allen Fleisches - ob eßbar oder nicht - gegangen.
    Klein-Alecs Schule war wegen ihrer Verbindungen zu Robins alter Missionsgesellschaft und ihrer bescheidenen Gebühren gewählt worden, vor allem aber wegen ihrer Luft. Die Luft um die Insel Thanet, erklärte Robin, habe im ganzen therapeutischen Rüstzeug nicht ihresgleichen für ein Kind mit schwacher Brust.
    Graham hoffte es. Alec hatte regelmäßig zweimal jede Nacht asthmatische Anfälle erlitten, die außerordentlich viel Lärm verursachten und beinahe langweilig wurden. Graham überlegte, ob die staubige Luft oder die psychologische Reaktion auf Desmond daran schuld sein mochte. Desmond verabreichte nämlich seinem Cousin listige Püffe und Stöße, sooft er irgend konnte, ohne dabei gesehen zu werden.
    Sie sollten früh am Morgen des 25. September, einem Donnerstag, nach Birchington fahren. Das Wetter hatte sich so sehr verschlechtert, daß Graham das Luftfahrtministerium anrief und fragte, ob der Abflug des Luftschiffes in der folgenden Woche verschoben werde. Ein Beamter versicherte ihm gereizt, daß nicht einmal der gewittrigste Himmel ein solches Monstrum verspäten könne, und außerdem müsse der Luftfahrtminister Mitte Oktober in London zurück sein, um glorreich pünktlichen Einzug bei der Empirekonferenz zu halten. Überdies sei es eine Frage des britischen Prestiges, zeitgerecht zu starten, zumal es um das britische Prestige wegen Ghandi und der Depression nicht zum besten stehe. Sie machten sich also nach Kent auf. Alec war so blaß wie seine neue hölzerne, eisenbeschlagene Futterkiste. Graham fürchtete, das Kind könnte den ganzen Weg über erbrechen. Alec tat es auch.
    An jenem Nachmittag schlief Grahams Dienstmädchen, noch in ihrer braunen Vormittagsuniform, in der Küche, als auf dem Bord über ihr die Glocke der Eingangstür anschlug. Desmond war in der Schule, ihre Gebieterin wie üblich oben im Bett, und sie erwarteten keine Gäste. Sie rieb sich die Augen, strich die Schürze glatt, klapperte über die Fliesen der Halle und fand draußen eine zarte, hellhaarige junge Frau in einfachem braunen Mantel und einem kleinen, runden, schwarzen Hut, der übrigens eigens für diese Gelegenheit gekauft worden war.
    «Kann ich bitte Mrs. Trevose sprechen?»
    «Welche Mrs. Trevose?» fragte das Mädchen halb verschlafen. «Es wohnen zwei hier, gnädige Frau.»
    «Mrs. Maria Trevose.»
    «Werden Sie erwartet?»
    «Nein. Ich nehme nicht an, daß sie von mir gehört hat. Aber ich muß sie sofort sehen. Es ist lebenswichtig.»
    Das Mädchen erschrak. Solche Ankündigungen waren zwar in den Tonfilmen gang und gäbe, kamen aber selten über menschliche Lippen. «Doch nicht ein Unfall?» hauchte sie. Sie war sich der Unzuverlässigkeit neumodischer Apparaturen wie Automobile nur allzusehr bewußt.
    «Nein, nichts dergleichen. Aber ich muß sie sehen. Bitte.»
    Maria empfing ihren Besuch im Bett sitzend, einen Umhang auf den Schultern, ein Buch aus Boots Bibliothek auf ihrem Bettischchen, ihre Medizinflaschen und Pillen griffbereit. Sie legte sorgsam ein ledernes Lesezeichen in ihr Buch, schloß es, deutete auf einen mit Chintz bezogenen geraden Stuhl und entschuldigte sich: «Sie müssen verzeihen, daß ich Sie in meinem Schlafzimmer empfangen muß. Meine schlechte Gesundheit ist, hoffe ich, Entschuldigung genug. Bitte nehmen Sie Platz. Ich habe leider Ihren Namen nicht richtig verstanden. Dieses dumme Mädchen war fast außer sich. Verläßliche Dienstleute gehören leider der Vergangenheit an.»
    «Miss Kitty Rivers. Ich bin die Sekretärin Ihres Mannes.»
    «Merkwürdig», überlegte Maria. «Er sprach oft von seiner Sekretärin, aber ich kann mich nicht erinnern, daß er ein einziges Mal Ihren Namen erwähnte. Also?» Sie lehnte sich in ihre Kissen zurück, als wäre sie der Unterredung schon müde. «Was haben Sie mir zu sagen?»
    Für ein Mädchen von solcher Sanftmut wie Kitty Rivers war die Gegenüberstellung beinahe undenkbar gewesen. Aber als die Verzweiflung versagte, trieb sie die Rache an. Jetzt wußte sie nicht, was sie sagen sollte. Die Worte kamen ihr nur, weil in jeder Frau eine Schauspielerin steckt, die in den Kulissen auf ihr Stichwort wartet, das in der eintönigen Aufführung des Lebens nur allzu selten fällt. «Ich bin die

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