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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrún Eva Mínervudóttir
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benutzte. Das ahmte er der Natur auch nach, ohne dass es mit bloßem Auge sichtbar war.
    Sveinn war davon überzeugt, dass dies einer der Gründe für die Erfahrung der Männer war, die ihm schrieben, die Puppe sei für sie mehr als ein Gerät zur Befriedigung, sie biete ihnen mehr Gesellschaft, als sie es bei einem toten Gegenstand für möglich gehalten hätten, und sie stellten vielfältige Charaktereigenschaften an ihr fest.
    Einer ging sogar so weit, ihre Charaktereigenschaften aufzulisten: Wenn seine Heißgeliebte eine lebendige Frau wäre, wäre sie eine verträumte Studentin, die einen schicken Schal anhätte und oft mit einem Buch unter dem Arm gesehen würde, zum Beispiel Die Glasglocke von Sylvia Plath.
    Jedes Mal, wenn Sveinn an diesen Brief dachte, konnte er sich eines schaurigen Grinsens nicht erwehren. Die Glasglocke war zweifellos eines der wichtigsten Flaggschiffe der Feministinnen im zwanzigsten Jahrhundert, und es hatte etwas Tragikomisches,
sich eine Sexpuppe zu kaufen und sie sich als literarisch interessierte Frauenrechtlerin vorzustellen.
    Meistens war Sveinn froh, nichts mit seinen Kunden zu tun haben zu müssen. Er hatte zum Beispiel keine Ahnung, was er dem Sylvia-Plath-Bewunderer entgegnen sollte. Man kann sich um Kopf und Schwanz reden, wie Kjartan zu sagen pflegte.
    Es gehörte natürlich nicht zu seinen Aufgaben, seine Kunden zu beurteilen. Aber er hielt es auch nicht für seine Aufgabe, ihnen alles recht zu machen. Er interessierte sich nicht im Geringsten für zielgerichtetes Marketing; was der Durchschnittsmann an einer Silikonpuppe am begehrenswertesten fand, war ihm egal. Er wollte nur gute Arbeit leisten. Darin lag der Genuss. Das war für ihn der wahre Lohn seiner Arbeit.
    Der unbekannte Beamte stand unerschütterlich schief auf seinem Podest, mit einem kastenförmigen Steinblock anstelle von Kopf und Schultern. Die Aktentasche musste ihn nach all den Jahren nach unten ziehen, ebenso wie der hübsch gemeißelte Steinanzug. Was für ihn wohl der wahre Lohn seiner Arbeit war?
    Sveinn spülte eine weitere Tramol mit dem letzten Schluck Kaffee hinunter und beschloss, nach Hause zu fahren. Er konnte nicht endlos rumhängen und warten, ohne eine Ahnung zu haben, wie lange er warten musste. Er konnte noch mal im Framnesvegur vorbeischauen und, wenn er dort niemanden antraf, einfach wieder nach Hause fahren und die ganze Sache vergessen. Er würde ein neues Exemplar von der Schwarzhaarigen anfertigen, sobald er wieder arbeitsfähig war.
     
    Er hielt Ausschau nach Lóas grünem Renault, sah ihn aber nicht in der Straße stehen, daher parkte er direkt vor ihrem Haus, überlegte, ob er den Motor anlassen sollte, beschloss dann aber,
dass das unnötig war. Unabhängig davon, ob jemand zu Hause war, hatte er nicht vor, das Haus zu stürmen und dann wie ein Dieb wegzurasen.
    Sein Herz schlug schneller, als er den Zettel an der Klingel las. Hieß sie wirklich Hansdóttir, oder hatte er sich geirrt?
    Er kam der Wahrheit nicht näher, denn auf dem Zettel standen nur Vornamen in linkischen Blockbuchstaben: Lóa, Margrét und Ína . Mit rosafarbenen und braunen Schmetterlingen verziert. Eindeutig die Schrift eines Kindes, das gerade die Buchstaben gelernt hatte.
    Die Gegensprechanlage ging fast im selben Moment an, als er auf die Klingel gedrückt hatte. Eine geschäftige Stimme sagte: »Hallo?«, und ein schneidendes Surren gab zu erkennen, dass ihm die Tür ohne Umschweife offen stand.
    Eine junge Frau kam die Treppe heruntergelaufen, und ihrem Gesicht nach zu schließen schien etwas Ernsthaftes vorgefallen zu sein. Sie war eindeutig enttäuscht, dass er nicht jemand anders war. Wen hatte sie erwartet? Lóa?
    Vielleicht war Lóa mit ihrer Beute abgehauen, fuhr gerade über die isländischen Straßen und suchte eine geeignete Klippe, von der sie sich mit der Schwarzhaarigen im Arm stürzen konnte. Offenbar wurde sie von dieser Schwester, Liebhaberin, Freundin – oder wer auch immer sie war – schmerzlich vermisst.
    »Guten Tag«, sagte Sveinn und verstand nicht, warum er ausgerechnet so klingen musste wie ein hoffnungsloser Verkäufer. »Könnte ich mal kurz die Dame des Hauses sprechen?«
    Die Frau hob die Brauen und schaute ihn an. Blauschwarze Haare, wahrscheinlich gefärbt, fielen ihr in die Stirn und verdeckten ihr Auge halb. Sie war hübsch, aber ein bisschen verhärmt, hatte vielleicht schon einiges durchgemacht.

    Ihr Haar und ihre Figur erinnerten ihn an die mit den kurzen Haaren und

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