Der schottische Seelengefährte (German Edition)
schlecht gelaunte diktatorische Bruder.
Nur nichts anmerken lassen, machte sie sich selber Mut, richtete sich zu ihrer stolzen Größe von fast 1,80m auf und straffte die Schultern. Ihre hohe Gestalt hatte schon so manchen jungen Mann eingeschüchtert. Angriff war doch die beste Verteidigung, oder?
„Wie schön, dass ich noch die Gelegenheit habe, Sie zu treffen, denn ich befinde mich gerade im Aufbruch. Ich wollte mich noch bei Ihnen bedanken, dass man sich nach meinem kleinen Unfall um mich gekümmert hat. Jetzt bin ich wieder wohlauf und muss unbedingt zurück zum Gasthof. Man wird mich sicherlich schon vermissen und nach mir suchen.“ Während ihrer Ausführungen bewegte sie sich langsam immer näher zur Tür.
„Nochmals vielen Dank und auf Wiedersehen.“ Mit diesen Worten griff sie nach dem Türriegel, doch ihre Hand erstarrt in der Luft, als sie seine ruhige Stimme vernahm.
„Ihr geht nirgendwohin.“
Jetzt reicht's! Mary unterdrückte ihre überreizten Nerven und drehte sich langsam um und funkelte ihn an. Der Kerl hatte sich nicht einen Zentimeter gerührt und stand immer noch breitbeinig und mit verschränkten Armen im Raum. Er schien sogar etwas belustigt zu sein, denn eine seiner Augenbrauen hatte sich ironisch fragend erhoben. Das war der berühmte letzte Tropfen und Mary legte los.
„Ich glaube, wir müssen hier mal etwas klären. Sie haben mir netterweise geholfen, aber das gibt es Ihnen noch lange nicht das Recht, hier solche Befehle zu erteilen. Nur weil Sie vielleicht ein maßgeblicher Organisator dieser Veranstaltung sind, können Sie gerne ihre Mitarbeiter so herumkommandieren, aber ich bin ein Gast. Somit nehme ich keine Befehle entgegen, und schon gar nicht von einem Testosteron gesteuerten Macho, der sich in seiner Freizeit mit mittelalterlichen Highland Games vergnügt. Ich werde mich über Ihre anmaßende Art bei Ihrem Vorgesetzen beschweren.“
Zeit zu gehen, schoss ihr durch den Kopf, als sein Gesicht während ihres Ausbruchs immer finsterer wurde und er nun einen Schritt auf sie zukam.
Schwungvoll drehte sie sich um, riss die Tür auf und stürmte auf einen dunklen Flur, der nur mit ein paar Fackeln beleuchtet war. Panisch schaute sie nach rechts und links, aber kein Weg ließ erkennen, wohin er führte. Da, von links waren Stimmen zu hören und automatisch lenkte sie ihre Schritte in diese Richtung. Menschen waren gut, da konnte sie im Getümmel untertauchen.
Schnell lief sie den schmalen Gang entlang und eine gewundene Treppe hinunter. Ihr Verfolger war dicht hinter ihr, sie meinte schon seine Hände auf ihren Schultern zu spüren. Der Gang mündete plötzlich auf einer Art Galerie, von der eine weitere Treppe nach unten in eine große Halle führte. Kurz vor der Brüstung wurde sie schlingernd langsamer und blieb erstarrt stehen. Ihre Hände krallten sich in den kalten Stein. Ungläubig sah sie in eine große rechteckige Halle unter sich, in der es rege zuging. An Tischen, die in einem großen U angeordnet waren, saßen Männer in alten traditionellen Kostümen, aßen mit kleinen Dolchen von Brettern und tranken aus Tonbechern. Ein paar Frauen liefen emsig hin und her und versorgten die Männer mit Nachschub. An einer Längsseite befand sich ein großer Kamin, vor dem ein paar ältere Männer sich niedergelassen hatten und erzählten, während ein paar Kinder zuhörten und dabei Hunde kraulten, die sich auch an der Wärme des Feuers erfreuten. Auf der Stirnseite gab es ein großes, zweiflügeliges Tor, an der zwei Männer Wache zu stehen schienen. Der Geruch von feuchtem Stroh, das auf dem Boden lag, gemischt mit Essensgerüchen und ungewaschenen Körpern drang empfindlich an Marys Nase. Sie schluckte hart und fühlte sich völlig benommen. Auch ohne sich umzudrehen, spürte sie seine Nähe in ihrem Rücken.
„Wo in drei Teufels Namen bin ich hier“ kam es erstickt aus Marys Kehle. Ihr Herz schlug wie wild sowohl durch ihre Flucht als auch von der Panik, die sie unvermittelt ergriff. Sie war noch nie ängstlich gewesen, aber dies hier ließen ihr sämtliche Körperhaare zu Berge stehen.
„Ihr befindet Euch auf Drumrudha Castle, auf dem Land der McAllister“ hörte sie seine Stimme leise an ihrem Ohr. Es dauerte eine Weile, bis das Gehörte in ihren Verstand eingesunken war. Ihre Beine schwankten und diesmal war es nicht auf die Wirkung von Mairis Tee zurückzuführen. Sie lehnte sich schwer gegen die kalte Mauer, um Halt zu finden und spürte, wie Hände sich mit
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