Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)
einmal im Monat, manchmal auch zwei- oder dreimal. Ein gequälter Mann, von seinem Gewissen geplagt, aber ohne eine Wahl …«
»Entschuldigung, Father, aber das ist doch Bockmist. Jeder hat eine Wahl. Ich habe meine getroffen, er seine. Und er entschied sich dafür, korrupt zu sein …«
»Man hat keine Wahl mehr, wenn es um das Leben der eigenen Kinder geht.«
Parrish musterte Briley.
»Wie gesagt, sie hatten ihn von dem Moment an in der Hand, als er sich mit Santos einließ. Santos lieferte ihn diesen Leuten aus. Er wurde wie ein Lamm zum Schlachter geführt. Sie konnten ihn mit dem Geld, das er bereits genommen hatte, erpressen. Santos trieb ihn der Mafia direkt in die Arme, und dann bedrohten sie dich.«
Briley ließ den Satz in der Luft hängen.
Erst nach einigen Sekunden kam er bei Parrish an, der langsam den Kopf schüttelte.
»Nein«, entgegnete Parrish. »Ich begreife nicht, warum Sie so etwas tun. Ich habe keine Ahnung, was Sie sich davon versprechen, aber das ist einfach Blödsinn.«
»Ich verspreche mir nichts davon«, erklärte Briley. »Du kamst zu mir in die Kirche. Da sah ich deinen Vater in dir. Ich sah, wie du dich wegen irgendetwas quältest. Schuldgefühle wegen deiner Kinder, wegen Clare, wegen … was weiß ich? Ich erkenne einen Trinker, wenn ich einen vor mir sehe. Ich arbeite in einer vorwiegend irisch-katholischen Gemeinde, Frank. Halte mich nicht für einen Idioten, ja? Ich erkenne einen Mann, der sich aus irgendwelchen Gründen innerlich zerreißt. Und wenn ich weiß, dass es etwas gibt, das ihm helfen könnte, soll ich es dann etwa für mich behalten? Nun, es tut mir leid, Frank. John ist schon lange tot, Gott sei seiner Seele gnädig. Und obwohl ich ihm geschworen habe, dass ich Schweigen bewahren würde, kam ich zu der Überzeugung, dass Nichtwissen sich auf dich möglicherweise destruktiver auswirkt als Wissen …«
»Was zu wissen? Was genau?«
»Dass er nicht der Mann war, für den du ihn hältst. Dass er nicht korrupt war … na ja, korrupt war er, aber er wurde unter Druck gesetzt. Diese Leute bedrohten dich, Frank. Nicht ihn, nicht deine Mutter, sondern dich . Wenn du nicht tust, was wir wollen, John Parrish, dann töten wir deinen Sohn. Wir töten dein einziges Kind.«
Parrish schüttelte den Kopf.
»Nein«, sagte er. »Scheiße … Scheiße, nein. Das glaube ich nicht. Sie haben nicht mit ihm zusammengelebt, Father Briley. Sie haben das Geld nicht gesehen, das ins Haus kam und das Haus wieder verließ.«
»Es war nicht sein Geld, Frank, sondern ihr Geld. Er musste es aufbewahren, er und sein Partner. Erinnerst du dich an ihn, George Buranski? Er hatte drei Kinder, drei kleine Mädchen. Erinnerst du dich an sie? Sie haben sich an beide herangemacht, Frank, an deinen Vater und an George, und sie für alles Mögliche benutzt. Und nach diesem Bankraub, bei dem dieser Polizist außerhalb der Dienstzeit getötet wurde, bekamen sie langsam Angst, dass die Loyalität deines Vaters der Polizeibehörde gegenüber stärker sein könnte als alle Druckmittel, die sie gegen ihn in der Hand hatten. Du warst kein Kind mehr. Du warst inzwischen selbst ein Cop. Dein Vater wusste, dass du auf dich aufpassen konntest. Und diese Leute fürchteten, dass John Parrish und George Buranski zu viel wussten und sie vielleicht schließlich doch verraten würden, und … nun ja, zu diesem Zeitpunkt wurden die beiden ermordet, Frank. Wie Hunde auf der Straße niedergeschossen.«
Parrish wurde übel. Er fühlte sich benommen. Er brauchte etwas zu trinken. Er brauchte dringend etwas zu trinken. Und er wünschte sich fort von hier. Er war in einem Zustand des Schocks und der Verwirrung, und er wollte das hier nicht hören . In diesem Augenblick konnte er einfach nicht damit umgehen. Was er hörte, entsprach nicht der Wahrheit, es konnte nicht der Wahrheit entsprechen. Sein Vater war ein schlechter Mensch gewesen, korrupt … diese Gewissheit würde er sich niemals nehmen lassen.
»Er hat mir alles erzählt, Frank. Ich traf ihn drei Tage, bevor man ihn umbrachte. Es war das letzte Mal, dass ich mit ihm sprach, später spendete ich ihm die Sterbesakramente und leitete sein Begräbnis, erinnerst du dich? Und ich sprach gemessene Worte und schaute auf das Bild von ihm, das neben dem Sarg aufgestellt war. Und wahrscheinlich war ich von allen der Einzige, der wusste, was wirklich mit deinem Vater geschehen war.«
»Warum jetzt? Warum erzählen Sie mir das alles jetzt? Warum haben Sie es mir nicht vor
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