Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)
haben mich zum Reden gebracht. Verbuchen Sie das doch als Gewinn, ja? Verbuchen Sie es als Gewinn, dass Sie Frank Parrish dazu gebracht haben, über seinen alten Herrn zu sprechen. Machen Sie so weiter, dann kriegen Sie mich dazu, hier auf der Couch wie ein Baby zu heulen und meiner Mutter sagen zu wollen, was für ein böser Junge ich gewesen bin.«
»Wir sehen uns morgen, Frank … ein bisschen später. Sagen wir um zehn Uhr dreißig?«
»Sie arbeiten samstags?«
»Ja. Und viel Glück mit dem Mädchen.«
»Danke schön.«
16
Es erschien naheliegend, in Brooklyn anzufangen, also taten sie es auch. Von Danny Langes Wohnung aus drei Blocks in jede Richtung. Sie gingen gemeinsam die Straßen ab und besuchten Schönheitssalons, Boutiquen, Maniküren, Pediküren, Friseure und sogar Massagesalons, in der Hoffnung, dass vielleicht in einem kleinen Raum ganz hinten Nägel gefeilt und lackiert wurden.
Als sie alle Möglichkeiten ausgeschöpft hatten, fuhren sie nach Williamsburg und begannen dort von vorn. Drei Blocks in jede Richtung von Helen Jarvis’ Haus. Sie klopften an Türen, die möglichst schnell wieder vor ihnen geschlossen wurden; sie stellten Fragen; sie zeigten ihre Dienstausweise und das Foto vor – Was sagten Sie noch gleich, wie das Mädchen hieß? Rebecca wie? –, bloß um schließlich ohne irgendwelche neuen Erkenntnisse zum Wagen zurückzukehren. Niemand hatte Rebecca erkannt, und es schien, als ob auch niemand sie erkennen wollte .
Radicks Meinung nach hatten sie nichts Wesentliches übersehen. Der Schuldirektor, Trevitt im 91sten Revier in Williamsburg, Helen Jarvis; sie hatten sogar eine Auflistung aller in Rebeccas Schule eingegangenen Anrufe angefordert. Radick hatte keine Vorstellung davon, wie viele Anrufe es sein konnten und ob es ihnen gelingen würde, aus der Masse den einen herauszufiltern, der von Rebeccas angeblichem Vater gekommen war. Die ganze Aktion würde sich als sinnlos erweisen, das war ihm klar, und trotzdem war es ein Versuch, den sie nicht auslassen durften.
»Ihre Freunde«, sagte Parrish. »Ich werde noch mal zur Schule fahren und mit ihren Freunden und Freundinnen sprechen. Und das will ich allein tun.«
Radick zog seinen Entschluss in Zweifel.
»Einer allein ist weniger bedrohlich, weniger offiziell. Wir haben es hier mit halben Kindern zu tun.«
Radick erklärte, er würde Parrish zur Schule fahren. Sie einigten sich darauf, dass Parrish seinen Partner dazurufen würde, falls sich im Gespräch mit einem der Schüler etwas Wichtiges ergeben würde. Dann sollte Radick der Aussage als Zeuge beiwohnen, denn wenn Parrish sie allein aufnähme, wäre sie nicht verwertbar.
Parrish rief David Carlisle an, den Direktor, der zwar skeptisch reagierte, das Ansinnen aber nicht zurückwies. Allerdings erklärte er, dass er auf der Anwesenheit der Schulanwältin bei jedem einzelnen Gespräch bestand.
Nach dem Mittagessen fuhren die Partner zur Schule. Sie sprachen ab, dass Parrish Radick anrufen würde, sobald er fertig wäre – falls er ihn nicht schon vorher bräuchte.
Carlisle stand zu seinem Wort und hatte bereits einen Raum für Parrish und die Anwältin organisiert.
»Ruth Doyle«, stellte diese sich mit einem kräftigen und geschäftsmäßigen Händedruck vor. Wir sind hier auf Augenhöhe , drückte dieses Händeschütteln aus. Ich kann es mit den Besten von euch aufnehmen. Sie trug ein Kostüm – ein Nicht-zu-lässig-nicht-zu-modisch-Outfit, das ausdrücken sollte, dass sie hier war, um ihren Job zu erledigen, aber trotzdem in der Lage war, einen Draht zu den Schülern zu finden. Parrish war hunderttausend dieser Leute begegnet – in sozialen Einrichtungen, im Jugendamt, bei der Sozialfürsorge –, und sie alle sagten dieselben Dinge und dachten dieselben Gedanken. Sie waren Diener der bürokratischen Maschinerie, und sosehr sie sich auch bemühten, etwas zu bewirken, steckten sie doch in den Fesseln eines Systems, das ihnen jegliche Eigeninitiative untersagte.
»Wir haben gut zwei Dutzend Namen«, teilte sie Parrish mit. »Es sind diejenigen, die Rebecca mit Namen kannten, dieselben Kurse besuchten, und ein paar Freundinnen, mit denen sie ihre Zeit verbrachte. Wir sehen die Notwendigkeit dieser Befragungen ein, möchten allerdings klar darauf hinweisen, dass alle Schüler durch die Ereignisse ziemlich erschüttert sind. Der Direktor hat gestern ein paar Worte an die ganze Schule gerichtet, und wir hatten einen Priester von St. Barnaby hier, um mit denen zu
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