Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)
er wurde erledigt.«
»Da hast du richtig gehört.«
»Und Sie glauben, ich weiß, wer es war?«
Radick beobachtete Thorson. Seine Augen waren schmal und hinterhältig, seine Haut junkiegelb und von Geschwüren und Pockennarben gezeichnet. Sein rechtes Ohrläppchen war durchstochen und wurde von einem schwarzen Reifen nach unten gezogen, durch den Radick das schmierige Fenster dahinter erkennen konnte. Insgesamt verriet das Aussehen des jungen Mannes, dass sein Leben bislang eine einzige Enttäuschung gewesen war.
»Ich glaube überhaupt nichts, Swede. Du solltest mich inzwischen etwas besser kennen. Das hier ist kein Überfall, mein Freund, sondern ein freundlicher Besuch.«
Swede lächelte verächtlich. Er schaute zu Radick hinüber. » Wer ist denn der neue Drecksack an Ihrer Seite?«
»Das ist Jimmy. Und Jimmy ist einer von den Guten, Swede. Jimmy ist kein Dummkopf, okay? Es gibt also keinen Grund, sich respektlos zu verhalten.«
»Scheißegal, Mann. Ich weiß jedenfalls nichts darüber, was mit Danny passiert ist, klar? Ich hab Danny seit zwei, drei Wochen nicht gesehen.«
»Hast du seine Schwester mal kennengelernt?«
Swede lächelte. Ein widerliches Lächeln. »Ich hab sie kennengelernt, ja. Warum?«
»Wann bist du ihr begegnet?«
»Ein paar Mal. Vielleicht vor drei Wochen. An dem Tag, als ich Danny zuletzt getroffen hab.«
»Waren die beiden hier?«
»Nein, Mann, sie waren nicht hier. Ich hab sie in dem Diner in der Nähe von Dannys Wohnung getroffen. Beim Park, wissen Sie? Da hab ich die beiden gesehen.« Swede lächelte wieder.
»Was ist los?«
»Geile Tussi, das Mädchen«, stellte er mit einem anzüglichen Grinsen fest.
»Geile tote Tussi«, entgegnete Parrish.
»Was …«
»Sie wurde auch erledigt, Swede. Jemand hat sie letzte Woche in Dannys Wohnung erdrosselt. Und das ist eine Sache, die ich ganz sicher nicht vergessen werde, verstehst du? Ich werde so lange Druck machen, bis ich etwas finde.«
»Mann … was, zum Teufel … was, zum Teufel, läuft hier? Gott im Himmel, sie ist auch tot?«
»Allerdings. Toter als Elvis. Ein süßes Mädchen. Ich sehe keinerlei Grund, warum jemand sie hätte töten wollen. Deshalb vermute ich, dass es nur passiert ist wegen irgendeiner Sache, in der Danny drinsteckte. Und deshalb bin ich hier bei dir. Mal sehen, ob dir ein paar Ideen kommen. Hatte er bei jemandem größere Schulden? Hat er jemanden beschissen? Hat er sich mit jemandem eingelassen, um den er besser einen Bogen gemacht hätte?«
Es war das Zögern, das Swede verriet, das ihn mehr als deutlich verriet.
Er schaute zu Parrish, dann zu Radick und wieder zurück zu Parrish. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, entschied sich dann aber anders.
»Wie bitte?«, hakte Parrish nach.
Swede schüttelte den Kopf.
»Rede mit mir, Swede, oder ich komme ab jetzt jeden Tag vorbei, bis ich dich wegen Drogenbesitz drankriege. Dann gehst du in den Bau. Du bist zwei Mal erwischt worden, mein Freund. Ein drittes Mal kannst du dir nicht leisten.«
»Aah, Scheiße, nein«, sagte Swede. Er trat ein Stück zurück und setzte sich auf eine der Matratzen. Er zog die Knie vor die Brust und legte seine Arme darum. Jetzt wirkte er wie ein Zwölfjähriger – mit den Augen eines alten, sterbenden Mannes.
»Swede, um Himmels willen, erzähl mir einfach, was du weißt«, sagte Parrish mit dem resignierten Tonfall eines Mannes, der die Unausweichlichkeit des Spiels vor sich sah, das sie nun spielen würden.
»Das können Sie nicht machen, Mann. Kommen Sie mir nicht mit diesem Scheiß. Ich weiß nichts, klar? Ich höre hier was, ich höre da was. Ich kenne Danny Lange nicht besser als die anderen Junkies, die hier auftauchen. Sie alle haben wilde Ideen. Das wissen Sie doch. Alle haben diesen Plan oder jenen Plan. Alle haben irgendeine Sache laufen, die sie endgültig aus dieser Art von Leben herausholen wird. Alle haben einen Scheißplan, der die große Rettung bedeutet. Sie wissen doch, wie es ist, Mann. Sie kennen das so lange wie ich.«
»Was hat Danny denn gesagt? Was hatte er am Laufen?«
»Das ist doch bloß Unfug. Alles bloß Hirngespinste.«
»Woran hast du zuerst gedacht, als du von seinem Tod gehört hast? Hey? Was war die erste Sache, die dir in den Sinn kam?«
»Es war nichts, Mann. Bloß der übliche Mist, mit dem diese Drecksäcke ständig kommen …«
»Sag mir, was es war, Swede.«
Swede blickte auf. Über seinen Augen lag ein Schatten. Er sah aus, als hätte er nur noch drei Wochen zu
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