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Der Schritt hinueber - Roman

Der Schritt hinueber - Roman

Titel: Der Schritt hinueber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Tumler
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Waldlieder, und die Äxte klangen in der stillen Herbstluft, und als sie dann die ersten Bäume am Straßenrand eingruben und der Kapitän sie dabei beaufsichtigte, roch es nach Harz im Dorf.
    Wir arbeiten für Kapitän Waldfee, sagte einer der Soldaten. Der Name ging weiter zu den anderen. Nennt ihr ihn immer so? fragte ein Kraftfahrer, der neu hinzugekommen war. Nein, ab heute, sagte einer der alten erfahrenen Soldaten. Die anderen lächelten und nickten einander zu.
    Susanna war zuhause, ihre Nachtgedanken hingen ihr nach, sie dachte voller Zweifel an ihren Vorsatz, den Kapitän um einen Passierschein zu bitten. Als Oberleutnant Spasso kam, fühlte sie nur Mißtrauen. Oder war das ein Fingerzeig? Aufenthaltsgenehmigung, sagte sie zu Fini, wozu das? er will, daß ich zu ihm komme! Oder meint er es ehrlich? Gut, ich werde es sehen. Ich werde ein anderes Papier von ihm verlangen, als er glaubt. Ich mache das jetzt. Ich werde einen Passierschein verlangen, er muß mich in die Stadt lassen!
    Fini dachte, sie übertreibt, sie hat doch auch ein bißchen Gefallen daran, daß der Kapitän sich so um sie kümmert. Aber Susanna hörte nicht auf, von diesem Passierschein zu reden, als ob sie ihn schon hätte. Dabei konnte sie sich im gleichen Augenblick wieder nicht erinnern, ob sie den Brief an ihren Mann wirklich fertiggemacht hatte. Soviel Trubel, sagte sie, ich weiß gar nicht, wo mir der Kopf steht. Ach, Fini, ich werde einfach mit den Sachen nicht fertig!
    Fini antwortete: Aber natürlich haben Sie mir den Brief gegeben. Und ich habe ihn auch schon ins Pfarrhaus getragen, und der Pfarrer spricht zu niemand, und der Brief ist längst weg! – Dann sagte sie: Ich würde es lieber lassen!
    Was? Nicht hingehen? fragte Susanna.
    Nein, das mit dem Passierschein.
    Warum?
    Fini schwieg. Sie argwöhnte nicht, daß der Kapitän eine Täuschung beabsichtigte mit seiner Vorladung. Sie erzählte von seiner Erkundigung am Abend und seinen vertrauenerweckenden Worten; ihr Naturtrieb, der auch in diesem Falle Verbindung erstrebte, witterte eine Chance. Aber ob er ihr einen Passierschein geben würde, – das konnte man doch nicht von ihm verlangen!
    Axel saß zu dieser Zeit vor der Mühle auf der Bank und war damit beschäftigt, den neuen Hund abzurichten, den ihm der Müller gebracht hatte, dieselbe Rasse, dasselbe Alter auch ungefähr wie die Hexe, eine junge Vorstehhündin, sie hieß Asta. Axel versprach sich manchmal und sagte Hexe, dann gewöhnte er sich an den neuen Namen und sagte Asta; Asta komm, Asta faß! Dazwischen wölkte ihm Mißtrauen auf. Was trieb er hier eigentlich? Er dachte an Susanna, wie sie nachts bei ihm gewesen war, an ihre Nähe, ihre Hingabe, – nun machte es ihn eher unglücklich. So konnte sie sein. Ach, warum hatte er sie verloren! Aber er konnte sich nicht helfen, nein, auch wenn sie an diesem Abend wiederkäme, diese Sache mit dem Kind, er würde ihr doch nicht glauben.
    Susanna kam nicht an dem Abend. Statt dessen trat jemand anderer im Staublicht der Dämmerung an die Mühle, und das war freilich das Ende eines langen Wegs, den Kolja gemacht hatte an diesem Nachmittag – es war der dritte, den er als berittenes Gespenst verbrachte. Für eine Weile war er gebannt worden inzwischen, war zum Tor des Kapitäns hereingegangen, war mit Namen gerufen worden in dieser auf Sichtbarmachung dringenden Welt, dann aber wieder zum Tor hinaus in die zwielichtige Dämmerung, und da hatte er noch nicht gewußt, daß er zuletzt diesen scharfen Punkt treffen würde: Axel von Wilnow auf der Bank.
    Zuerst hatte er Bemelman getroffen, und der war es schon gewohnt, daß Kolja bei ihm oben seine Runde begann. Verwildert kam er daher, aber wenigstens war er noch nüchtern, und er benützte den Aufenthalt am Bemelmanhof auch, um das Pferd zu füttern und zu tränken, und wusch sich selber und ließ sich von der Sonne trocknen an dem Platz unterm Nußbaum, und rauchte und starrte ins Leere. Der Ort ließ ihn nicht los, der Brennesselbusch an der Holzhütte, ein abgebrochener Zweig auf dem Nußbaum; sie riefen ihm Kosannas Stimme ins Gehör – hatte sie nicht eben noch gesprochen, hatten ihn nicht Blicke getroffen? Das war seine Hand, sauber und kühl nach dem Waschen, aber die Hand Kosannas, die an die seine gerührt hatte, war noch nicht da, und die Sonne, die zwischen dem Laub durchfiel, malte Lichtkringel und Schatten auf ihn selbst und nicht auf Kosannas Kleid und Gesicht, und doch waren es dieselben bewegten Figuren, die

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