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Der Schritt hinueber - Roman

Der Schritt hinueber - Roman

Titel: Der Schritt hinueber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Tumler
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grünem Licht und grünem Schatten über ihrem Haupt nach hinten zog, wie wenn sie unter Wasser liefe, auf tiefem Meeresgrund weggesaugt würde in Dickicht und Moder, wo sich die Dornenruten der Sträucher an sie hefteten – ich habe es umsonst angezogen, es hat mir nicht geholfen, ich habe alles gutmachen wollen, nichts hat mir geholfen!
    Kolja aber dachte: mir hilft jetzt, was ich sehe. Damals war Nacht, jetzt ist Mittag, damals habe ich Kosanna nicht sehen können hinter der Holzhütte, wie sie bei dem Mann war, aber jetzt habe ich sie fortrennen sehen von ihm. Er hat noch nicht Zeit gehabt, sich zu verstecken, um mir aufzulauern. Ich bin ein wenig zu früh gekommen für die beiden. Aber für mich bin ich zur rechten Zeit gekommen!
    Und auch Axel dachte: da bin ich ja zur rechten Zeit gekommen, ich brauche gar nicht zu fragen, ich brauche nur hinzusehen!
    Über das Wollgras neben dem Tümpel hinweg sahen sie einander an und nahmen jeder seine Wahrheit zu sich. Der Leutnant hielt die Pistole in der Hand. Axel wich einen Schritt zurück.
    Was wollen Sie von mir? Ich bin den Spuren nachgegangen, ich bin Jäger! … aber das habe ich Ihnen doch erzählt gestern abend, daß ich früher Jäger gewesen bin!
    Kolja sah nur angestrengt herüber. Sein Gesicht flimmerte vor Schweiß, und seine Hand zitterte. Dann riß er die Pistole hoch, er zielte lange und schoß auf den Mann vor ihm wie auf einen Gegenstand, von dem man nicht ertragen kann, daß er aufrecht steht, und schoß so oft, bis der Gegenstand in sich zusammensackte.
    Susanna hörte ein glucksendes Echo, es klopfte an den Baumstämmen und tropfte von fern herein zwischen die Laubschatten, unter denen sie dahinkeuchte. Sie blieb nicht stehen.

Siebentes Kapitel
Kolja und das Flämmchen
    Der Kapitän strich ein Zündholz an und setzte seine Pfeife in Brand. Er ließ das Zündholz abbrennen, bis ihm die Flamme an die Haut kam. Dann nahm er die Pfeife aus dem Mund und sagte: Hereinkommen!
    Durch die Tür trat mit raschen Schritten wie jemand, der sich zu Unermüdlichkeit über seine Kräfte hinaus beflügelt, der schmächtige kleine Oberleutnant Spasso mit blassem Gesicht. Er griff mit eiligen Fingern nach seiner Stahlbrille und blinzelte mit den kurzsichtigen, kindlich blauen Augen.
    Spasso, sagte der Kapitän, warum haben Sie sich nicht sofort gemeldet, als Sie zurückkamen?
    Befehl war, ich sollte mich erst zum Abend melden, antwortete der Oberleutnant. Er fügte eindringlich hinzu: Herr Kapitän selbst haben befohlen, zum Abend!
    Und warum haben Sie dann die Streife abgebrochen, Spasso?
    Aus gewissen Gründen, Herr Kapitän!
    Der Kapitän sah kurz auf Spasso, dann glitten die stumpfen grauen Augen wieder zurück. Das Gesicht des Kapitäns war voller Falten und Alter. Er setzte seine Lesebrille auf und schob einen Zettel über den Tisch.
    Spasso las: Ärztlicher Befund: vier Einschüsse … alle von vorn … einer im Kopf … einer durch die Lunge … der im Kopf war sofort tödlich.
    Der Kapitän sagte: Von einer einheimischen Ärztin. Ich wollte sie gestern abend schon holen lassen, aber sie hatte keine Zeit. Sie ist erst heute morgen gekommen.
    Oberleutnant Spasso sagte: ja, es verzögert sich alles. Hier ist das so. Es wird alles verschleppt.
    Dem Kapitän war die Pfeife ausgegangen. Er rollte den ärztlichen Befund zu einem Fidibus zusammen. Spasso sah ihm erstaunt zu und wartete eine Weile, dann zündete er ein Streichholz an.
    Wie meinen Sie das, Spasso, – verschleppt? fragte der Kapitän. Er nahm das Streichholz und hielt es gegen das zusammengerollte Papier. Aber es brannte nicht richtig ab, es blieb dem Kapitän in der Hand wie ein Finger aus Asche.
    Er sagte: Ach, wissen Sie, Spasso, man kann sich nicht vorstellen, wie es zu solchen Sachen kommt. Dieser Kolja war doch ein tadelloser Junge. Natürlich war etwas bei ihm nicht in Ordnung in der letzten Zeit. Und ich habe ihn hier in unserem Park beschäftigt, da hätte er eigentlich merken müssen, daß es noch andere Dinge gibt als seine Weibergeschichten und Einbildungen, und daß er nicht allein ist. Niemand ist allein, Spasso, merken Sie sich das! Aber vielleicht hätte ich ihn gar nicht weglassen sollen?
    Es wäre besser gewesen, Herr Kapitän.
    Ja, besser. Aber Sie dürfen das nicht unterschätzen, Spasso! Sie denken wahrscheinlich, diese paar Bäume, die wir da einpflanzen, naja, es sieht hübsch aus. Die Leute fühlen es ganz genau, ich sehe es an den Mannschaften, es ist ein anderer Geist, sie

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