Der schüchterne Junggeselle
aufzuklären«, sagte Hamilton Beamish triumphierend, »daß George Finch außerordentlich wohlhabend ist. Sein Onkel Thomas, dessen gesamtes Vermögen er vor zwei Jahren erbte, war die bekannte Anwaltsfirma Finch, Finch, Finch, Butterfield und Finch. George, mein Junge, laß dir gratulieren. Alles ist in Ordnung. Mrs. Waddington hat ihre Einwände zurückgezogen.«
»Aber …«
»Nein.« Hamilton Beamish hob die Hand hoch. »Sie können nicht zurücknehmen, was Sie gesagt haben. Sie haben klipp und klar gesagt, daß Sie der Heirat zustimmen würden, wenn George Geld hätte.«
»Und ich begreife überhaupt nicht, was das ganze Hin und Her soll«, sagte Molly. »Denn ich werde ihn heiraten, ganz egal, was alle Leute sagen.«
Mrs. Waddington kapitulierte. »Schön! Ich sehe, ich bin niemand. Was ich sage, darauf kommt es gar nicht an.«
»Mutter!« sagte George vorwurfsvoll.
»Mutter?« wiederholte Mrs. Waddington zusammenzuckend.
»Jetzt, da doch alles so schön in Ordnung ist, betrachte ich Sie natürlich in diesem Licht.«
»Ach so?« fragte Mrs. Waddington.
»Ach ja«, sagte George.
Mrs. Waddington schnaubte unbehaglich.
»Ich bin überwältigt und dazu gezwungen worden, meine Zustimmung zu einer Heirat zu geben, die ich durchaus mißbillige«, sagte sie, »aber vielleicht darf ich ein einziges Wort sagen. Ich habe ein Gefühl, als ob diese Hochzeit nie stattfinden würde.«
»Was willst du damit sagen?« fragte Molly. »Natürlich wird sie stattfinden, warum denn nicht?«
Mrs. Waddington schnaubte wieder. »Wenn Mr. Finch auch ein sehr unfähiger Maler ist, so hat er doch reichlich lange im Quartier latin gewohnt und sich täglich mit Bohemiens beiderlei Geschlechts und zweifelhafter Moral eingelassen …«
»Was sollen diese Anspielungen?« fragte Molly.
»Ich mache keine Anspielungen«, erwiderte Mrs. Waddington voll Würde. »Ich sage etwas. Und zwar sage ich folgendes. Komm nicht zu mir um Mitleid, wenn sich herausstellt, daß dein Finch da einen Moralkodex hat, wie er von jemand zu erwarten ist, der wohlüberlegt und aus eigenem Willen den Entschluß faßt, im Künstlerviertel zu leben. Ich sage noch einmal, ich habe eine Ahnung, daß diese Hochzeit nie stattfinden wird. Ich hatte eine ganz ähnliche Ahnung vor der Hochzeit meiner Schwägerin mit einem jungen Mann namens John Porter. Ich sagte damals: ›Mir ist, als ob diese Hochzeit nie stattfinden würde.‹ Und die Tatsachen gaben mir recht. John Porter wurde gerade in dem Augenblick, als er in die Kirche wollte, wegen Bigamie verhaftet.«
George gab Protestlaute von sich.
»Mein moralischer Wandel ist über jeden Tadel erhaben.«
»Das sagen Sie.«
»Ich versichere Ihnen, daß ich kaum eine Frau von der anderen unterscheiden kann.«
»Genau dasselbe«, gab Mrs. Waddington zur Antwort, »sagte John Porter, als man ihn fragte, warum er sechs verschiedene Mädchen geheiratet hätte.«
Hamilton Beamish sah auf die Uhr.
»Also, da jetzt alles zur Zufriedenheit geregelt ist …«
»Vorläufig«, sagte Mrs. Waddington.
»Da jetzt alles zur Zufriedenheit geregelt ist«, sprach Hamilton Beamish weiter, »werde ich gehen. Ich muß nach Hause und mich umziehen. Ich spreche heute abend beim Dinner in der Literarischen Gesellschaft.«
Das Schweigen, das seinem Abgang folgte, wurde von einer Frage Sigsbee H. Waddingtons gebrochen. »Mollychen, um wieder auf das Kollier zurückzukommen. Jetzt, wo sich herausgestellt hat, daß dieser prächtige junge Mensch sehr reich ist, wirst du es doch nicht verkaufen?«
Molly dachte nach. »Doch, ich glaube schon. Es hat mir nie besonders gefallen. Es ist zu auffallend. Ich werde es verkaufen und von dem Geld George etwas sehr Hübsches schenken. Eine Menge Brillantnadeln oder Uhren oder Automobile oder so etwas. Und so oft wir diese dann anschauen, werden wir an dich denken, Pappichen.«
»Danke«, sagte Mr. Waddington heiser. »Danke.«
»Nur selten in meinem Leben«, bemerkte Mrs. Waddington plötzlich aus tiefem Sinnen auffahrend, »habe ich eine stärkere Vorahnung gehabt als diese.«
»O Mutter!« rief George.
Als Hamilton Beamish in der Diele nach seinem Hut griff, merkte er, daß etwas ihn am Ärmel zupfte. Er blickte nach unten und gewahrte Sigsbee H. Waddington.
»Hören Sie!« sagte Sigsbee H. mit unterdrückter Stimme. »Hören Sie, sagen Sie mal!«
»Ist etwas passiert?«
»Sie können Ihre Schildpattbrille wetten, daß etwas passiert ist«, flüsterte Sigsbee H. »Hören
Weitere Kostenlose Bücher