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Der Schuss nebenan Kommissar Morry

Der Schuss nebenan Kommissar Morry

Titel: Der Schuss nebenan Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Wären Sie jedoch unter Umständen bereit, mich mit Ihrer Aussage in dieser Affäre zu unterstützen?"
    „Unter gar keinen Umständen!" sagte Hoogan entschlossen.
    „Sie vergessen, daß Sie kein Recht zur Aussageverweigerung haben", meinte Lord Bramsey. „Sie sind mit der jungen Dame weder verwandt noch verschwägert."
    „Das kann sich rasch ändern."
    „Ah, Sie wünschen Janet zu heiraten?"
    „Haben Sie etwas dagegen?"
    Lord Bramsey zuckte die Schultern. „Ich möchte jetzt mit Janet sprechen."
    „Sie werden nicht mit der Tür ins Haus fallen?"
    „Aber nein, ich sagte doch bereits, daß ich erst prüfen möchte, ob mein Eingreifen überhaupt vertretbar ist."
    Hoogan erhob sich. „Ich werde Sie melden."
    Er ging hinaus, und Lord Bramsey schaute sich in dem großen Büroraum um, ohne bewußt etwas von dem aufzunehmen, was er sah. In Gedanken beschäftigte er sich mit Charles Hoogan, diesem gut aussehenden, Zweifelsohne intelligenten und gebildeten Mann, der einem Gangster als Sekretär gedient hatte und jetzt versuchte, dessen Tochter zu heiraten.
    Plötzlich, ertönte nebenan ein Schuß. Lord Bramsey sprang auf. Mit ein paar Schritten war er an der Tür, die zum Nebenraum führte. Er stieß sie auf. Er erblickte einen Mann in dunkler, gestreifter Hose und ebenfalls gestreifter Weste. Der Mann hielt eine Pistole in der Rechten und starrte Bramsey verwundert an.
    „Was hat das zu bedeuten?" fragte der Lord.
    „Wie kommen Sie denn hier herein?" lautete die Gegenfrage des Pistolenschützen.
    Er hatte dunkles, gewelltes Haar, das offensichtlich von einer gehörigen Portion Brillantine festgehalten wurde, und ein längliches Gesicht mit großer Nase und vorstehenden Kaninchenzähnen. Lord Bramsey blickte in einen ziemlich kahlen, fensterlosen Raum. An der Decke brannten einige Neonröhren und spendeten ein kaltes, bläuliches Licht. An der hinteren Querwand des Raumes hing eine Scheibe mit zwölf Ringen. Darüber befand sich eine elektrische Anzeige. Im Augenblick leuchtete die Zahl 7 auf.
    „Ist das ein Schießstand?"
    „Ja. Mr. Rodrigez liebte es, seine ruhige Hand unter Beweis zu stellen", erklärte der Mann mit der Pistole. „Darf ich nochmals fragen, wie..."
    „Ich bin Lord Bramsey. Und wer sind Sie?"
    „Oh, Pardon, Sir. Ich bin Kingsley, der Diener. Gerade habe ich ein Verhör hinter mich gebracht. Keine sehr angenehme Sache, wie ich versichern möchte. Ich dachte, es sei ein guter Gedanke, mich hier ein wenig abzureagieren."
    „Was sagt die Polizei zu diesem Schießstand?"
    „Es mag sein, daß sie ihn ein wenig merkwürdig fand, aber schließlich ist daran nichts Verbotenes."
    „Sie schießen scharf?"
    „O nein, das ist eine Luftpistole."
    Bramsey hörte hinter sich ein Geräusch. Er wandte sich um und sah Hoogan, der durch eine andere Tür das Büro betreten hatte. „Miß Janet läßt bitten."
    Bramsey nickte und folgte Hoogan durch die Diele in ein mäßig großes, zur Terrasse weisendes Zimmer. Der Raum war hell, freundlich, und mit Geschmack eingerichtet; soweit es sich erkennen ließ, handelte es sich um echte Möbel der Empire-Epoche.
    „Nehmen Sie Platz", bat Hoogan. „Miß Rodrigez wird gleich kommen."
    Lord Bramsey blieb stehen. Während Hoogan sich zurückzog, trat Bramsey an die nur angelehnte Terrassentür und blickte nach draußen. Er sah den gepflegten Park, das bläulich schimmernde Wasser des nierenförmig angelegten Schwimmbassins . . . alle die großen und kleinen Zeichen eines komfortablen und sorglosen Lebens.
    Dann dachte er an einen hageren, gütigen Menschen in London, der dort ein sehr isoliertes Gelehrtendasein führte, und der nichts so sehr verabscheute, wie eine Zurschaustellung von Geld und Reichtum.
    Zwischen diesen , beiden Polen lagen Welten . . . und Janet, die er erwartete, konnte kaum zögern, sich für die Welt zu entscheiden, die sie kannte und liebte, ja, die sie vielleicht sogar brauchte. Ich werde mich möglichst diplomatisch aus der Affäre ziehen, dachte Lord Bramsey. Im Grunde genommen bleibt mir nur der taktische Rückzug. Die Tür öffnete sich und Janet trat ein. Lord Bramsey wandte sich um. Das unverbindliche Lächeln, das er ohne Mühe auf seine Lippen gezaubert hatte, drohte zu zerfasern. Er hatte gewußt, daß Janet jung und reizvoll war, aber er war nun doch von soviel Schönheit und Anmut überrascht, ja sogar betroffen. Janet ging auf ihn zu und reichte ihm die Hand. Er beugte sich darüber und hielt sie ungewollt einen Moment länger fest,

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