Der Schuss nebenan Kommissar Morry
von Mr. Rodrigez kennen?"
Hoogan sah perplex aus. „Ich sollte ihn kennen? Wer behauptet das?"
„Eine junge Dame."
„Völlig absurd!" sagte Charles Hoogan.
„Ich dachte mir gleich, daß die junge Dame mich zu bluffen versuchte", meinte Lord Bramsey. „Allerdings ist es verwunderlich, daß sie sich überhaupt die Mühe nahm, einen Namen anzugeben. Das hatte sie nach der Lage der Dinge nicht nötig."
„Darf man erfahren, um welche junge Dame es sich handelt?"
„Das ist nicht so wichtig."
Hoogan zuckte die Schultern. „Wie Sie wollen. Aber Sie begreifen gewiß meine Neugier. Es ist schließlich ein ziemlich schwerwiegender Vorwurf zu behaupten, ich sei Zeuge der Tat gewesen."
„Es genügt, wenn Sie es in Abrede stellen."
„In Abrede stellen? Ich war nicht dabei. Das ist etwas ganz anderes!" korrigierte Hoogan.
„Erzählen Sie mir ein wenig von Janet", bat der Lord. „Sie kennen sie doch?"
„Natürlich, im gewissen Sinne gehöre ich zur Familie", meinte Hoogan. „Was wünschen Sie denn zu hören?"
„Geben Sie mir eine ganz allgemein gehaltene Schilderung... etwa so, als ob Sie die Presse informieren und ihr eine Kurzbiographie der jungen Dame geben müßten."
„Janet ist eine ungewöhnlich hübsche junge Dame. Ich neige sogar dazu, sie als schön einzustufen", erklärte Hoogan. „Sie ist klug, ein wenig aggressiv, selbstsicher und selbständig. Es liegt auf der Hand, daß ein Mädchen, das so viele Reize mit dem Plus eines beträchtlichen Vermögens verbindet, von Verehrern umlagert ist."
„.. . obwohl man dem Namen Rodrigez nicht gerade nachsagen kann, daß er zur Creme der Gesellschaft gehört?" unterbrach Lord Bramsey fragend.
Hoogan grinste. „Sie wären überrascht, wenn Sie wüßten, wie viel diese sogenannte Gesellschaft zu entschuldigen vermag, wenn es ums liebe Geld geht."
„Gehören Sie ebenfalls zu Miß Rodrige' Verehrern?" wollte Lord Bramsey wissen.
„Offen gestanden... ja!"
„Hat die junge Dame Heiratspläne?"
„Pardon, ich darf mir an dieser Stelle sicher die Frage erlauben, in welchem Zusammenhang Sie sich für diese Dinge interessieren?"
„Ich habe ein Recht, diese Frage zu stellen. Ich will Janet nach England entführen!"
Hoogan schluckte. „Wie bitte?"
„Sie haben richtig verstanden: ich möchte das Mädchen nach England entführen!"
„Sie wollen Janet heiraten?" fragte Hoogan, auf dessen Wangen eine leichte Röte sichtbar wurde.
„Davon kann keine Rede sein", meinte Lord Bramsey. „Ich kenne das Mädchen ja gar nicht; ich will Ihnen und Ihrer Nationalität nicht zu nahe treten, aber offen gestanden mache ich mir nicht viel aus amerikanischen Mädchen. Ihre allzu forsche Art des Selbstvertrauens hat oft recht unweibliche Züge."
„Langsam, langsam", sagte Hoogan. „Bleiben wir beim Thema. Sie wollen Janet nicht heiraten, behaupten aber, Sie nach England entführen zu wollen. Vielleicht hat mich die Mordgeschichte etwas begriffsstutzig gemacht, aber hört sich das nicht an, als wollten Sie Gewalt gebrauchen?"
„Stehen Sie unter diesem Eindruck? Dann muß ich mich beeilen, ihn zu verwischen. Wahrscheinlich habe ich mich lediglich ein wenig ungeschickt ausgedrückt. Ich möchte lediglich ein Unrecht wiedergutmachen."
„Ich glaube zu verstehen, worum es sich handelt", sagte Hoogan plötzlich.
„Ah, Sie sind eingeweiht?"
Hoogan nickte etwas verdrossen. „Mr. Rodrigez hatte vor mir nur wenige Geheimnisse."
„Wie beurteilen Sie meine Mission?"
Hoogan stülpte die Lippen nach vorn und überlegte. Dann sagte er: „Hier geht es nicht darum, was ich darüber denke. Hier geht es um die Realitäten. In ihrem Licht muß ich das, was Sie Ihre ,Mission' nennen, verdammen. Niemand ist damit gedient, wenn Sie eine Familie zu sprengen versuchen. Keinem Menschen! Denken Sie doch nur an die Mutter, an Mrs. Rodrigez. Sie hat ihren Mann geliebt. Sie steht am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Wollen Sie die arme Frau vernichten, indem sie ihr das letzte nehmen, was sie noch am Leben hält?"
„Es gibt noch eine andere Partei", erklärte Lord Bramsey.
„Sie arbeiten in deren Auftrag?"
„Nein, was ich tue, geschieht auf freiwilliger Basis. Bevor ich mich entschließe, zu handeln, muß ich prüfen, wie die Dinge hier liegen. Ich muß mit eigenen Augen sehen, ob mein Eingreifen zu rechtfertigen ist."
„Sie können nur zu einem Ergebnis kommen", meinte Hoogan überzeugt. „Janets Platz ist hier in diesem Hause . . ."
„Greifen wir den Dingen nicht vor.
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