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Der Schuss nebenan Kommissar Morry

Der Schuss nebenan Kommissar Morry

Titel: Der Schuss nebenan Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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krachte es kurz hintereinander dreimal. Hoogan zuckte zusammen, als wäre er von Peitschenschlägen getroffen worden. Sein Gesicht wurde leer, beinahe töricht, als habe es nie die Fähigkeit besessen, Freud und Leid widerzuspiegeln. Dann fiel er in sich zusammen. Der Mann mit der Maske kam langsam auf Lord Bramsey zu.
    „Jetzt sind Sie dran!" sagte er.
     
    *
     
    Lord Bramsey hatte ein Gefühl, als habe er zu lange und zu tief getaucht und käme nun mit letzter Willensanstrengung an die Oberfläche des Wassers zurück. Er öffnete die Augen und blickte in das besorgt aussehende Gesicht von Mr. Miller. Der Detektiv kniete neben ihm auf dem Boden.
    „Was ist los, zum Teufel?" fragte Bramsey.
    „Das wollte ich gerade Sie fragen!"
    Lord Bramsey sah, daß Miller sein Jackett ausgezogen hatte. Es lag zusammengerollt unter seinem, Lord Bramseys Kopf. Dann sah er das andere. Die staubigen Möbel. Die zum Teil mit weißen Tüchern bedeckten Polstermöbel. Und den Toten. Hoogan lag nur einen halben Meter von ihm entfernt.
    „Wo haben Sie gesteckt?" fragte Lord Bramsey und richtete sich auf. In seinem Kopf war ein dumpfer Schmerz.
    „Ich habe eine Möglichkeit gesucht, über die Mauer zu kommen", erklärte Miller. „Ich bin sonst recht gewandt, aber das Ding war einfach zu hoch. Außerdem mußte ich warten, bis die Luft auf der Straße rein war! Immer wieder tauchte jemand auf, der mein Vorhaben störte ... ein Fußgänger, ein Wagen, es war zum Verrücktwerden! Dann hörte ich, ziemlich schwach, einen Schuß. Das reichte mir. Ich kletterte über die Mauer, ohne auf eventuelle Zuschauer Rücksicht zu nehmen. Sollte mich nicht wundern, wenn man inzwischen die Polizei alarmiert hat."
    „Ist Ihnen jemand begegnet?" fragte Bramsey, der mit Millers Hilfe auf die Beine kam.
    „Keine Menschenseele."
    „Aber Sie müssen den Mörder gesehen haben!"
    Miller warf einen kurzen Blick auf Hoogan und schüttelte dann den Kopf. „Vermutlich gibt es noch einen zweiten Ausgang. Was ist eigentlich passiert?"
    Lord Bramsey schilderte mit kurzen Worten, was sich ereignet hatte.
    „Dann ist Hoogan also ein_ ermordeter Mörder!" sagte Miller kopfschüttelnd.
    „Daran besteht kein Zweifel."
    „Ob die Polizei das glaubt?"
    „Darauf müssen wir es ankommen lassen."
    „Es klingt alles ein bißchen unwahrscheinlich, wissen Sie."
    „Sie glauben mir nicht?"
    „Es geht ja nicht um mich, es geht um die Polizei", sagte Miller rasch.
    „Was schlagen Sie vor?“
    „Das einfachste", meinte Miller. „Lassen Sie uns von hier verschwinden."
    „Ist das einer Ihrer Hundertdollar-Ratschläge?"
    „Haben Sie eine bessere Idee?" fragte Miller mit beleidigt aussehendem Gesicht.
    „Das will ich hoffen. Aber Sie waren es doch wohl, der mir helfen wollte ... oder?"
    „Ich bleibe bei meinem Vorschlag."
    „Und?"
    „Nichts."
    „Man kann nicht behaupten, daß sich Ihre Gedankengänge durch besondere Brillanz auszeichnen."
    „Ich möchte Sie nur davor bewahren, in Untersuchungshaft zu kommen. In diesem schönen Land gibt es leider einige Polizisten, deren Verhörmethoden keineswegs fein zu nennen sind."
    „Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Kommen Sie jetzt, hier können wir doch nichts mehr beginnen."
    „Was haben Sie vor?" fragte Miller mißtrauisch.
    „Wir gehen zur Konkurrenz, zu Ihrer Konkurrenz!" meinte Lord Bramsey.
    „Zur Polizei?"
    „So ist es."
    „Mylord, ich protestiere, das ist glatter Selbstmord!"
    „Mir scheint, es ist sehr viel selbstmörderischer, sich auf Sie zu verlassen!"
     
    *
     
    Kingsley saß in seinem großen, im Dachgeschoß des Hauses gelegenen Zimmer.
    Vor ihm auf der Tischplatte standen eine Flasche Whisky, ein gefülltes Glas und ein Wecker. Kingsley beobachtete träge das langsame Vorrücken der Zeiger. Als es neun Uhr war, stand er auf und trat an die Tür. Von unten, aus der Halle, ertönten neun Schläge der alten, kostbaren Standuhr. Dann war es still. Kingsley ging zum Haustelefon und wählte die Nummer des Apparates, der im Büro stand; dann versuchte er, Hoogans Zimmer zu erreichen. Als sich auch dort niemand meldete, legte er auf und setzte sich zurück an den Tisch.
    Er griff nach dem Glas und trank es langsam, sehr bedächtig leer. Er benötigte dazu genau fünf Minuten. Diese Frist hatte er sich selbst gesetzt.
    Dann stand er abermals auf. Als er den Telefonhörer in die Hand nahm, zögerte er ein wenig. Er legte den Kopf zur Seite, als könnte ihn das Geräusch einer sich öffnenden Tür von

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