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Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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spürte, wie eine unvorstellbare Wut in ihm hochbrandete. »Ich soll davon nichts verstehen?«, brüllte er. »Ich bin ein Mann Gottes, ich bin Mönch und Priester, Gott spricht durch mich! Ich kenne Gott!«
     
    »Du kennst nur den Gott, den du dir einbildest«, gab Federlin darauf ruhig zurück.
     
    »Meine Freunde«, sagte Schemuel Meisl, »bitte streitet euch nicht. Der Pater hat ja recht mit seinen Einwänden. Ich will gern auf sie eingehen.« Er wandte sich an Hilarius und lächelte besänftigend. »Adonaj ist das unendlich Gute, ja, aber er ist auch das unendlich Böse.«
     
    Nun hielt Hilarius nichts mehr auf seinem Stuhl.
     
    »Verbrennen! Verbrennen und vergiften wird man euch alle!« Geifer schäumte um seine Mundwinkel.
     
    »Ja, das wird man«, sagte Meisl traurig und gelassen. »Die Menschen haben schon immer das vernichtet, was sie nicht verstehen konnten.«
     
    Die Ruhe des Alten bewirkte, dass Hilarius zur Besinnung kam. Federlin zerrte an seinem Arm, und der Pater setzte sich wieder.
     
    Nun erklärte Lejb Braunes weiter: »Wie du sicherlich weißt, haben wir Juden nicht eure Vorstellung von einer Hölle. Wir haben nur den Sheol, die Unterwelt, die man vielleicht als großen Warteraum bezeichnen könnte. Alles befindet sich in der Sphäre des Herrn. Auch kennen wir keinen Engelssturz. Adonaj Elohim ist das Allumfassende. Und wir sind der Ansicht, dass er deshalb nicht nur das Gute, sondern auch das Böse umfasst. Wir wissen, dass einige unserer Glaubensbrüder das anders sehen, doch wir, die wir hier versammelt sind, haben eine klare Vorstellung von dem Allwesen des Herrn. Aus diesem Grund ist sein Atem sowohl weiß als auch schwarz zugleich. Und so ist auch alles auf der Welt zur selben Zeit weiß und schwarz.«
     
    »Wir reden dieselbe Sprache, aber wir verstehen einander nicht«, warf Hilarius ein. »Ich bin weiß und ihr seid schwarz. Ihr dient nicht Gott, sondern dem Versucher, dem Zweifler, dem Verwirrer.«
     
    »Es stimmt, wir verstehen einander wirklich nicht«, gab Braunes zu. »Aber es ist wichtig, dass du uns glaubst.«
     
    »Warum sollte Gott denn seinen schwarzen Atem über seine Schöpfung wehen lassen?«, fragte Hilarius.
     
    »Weil eines seiner Geschöpfe versucht hat, mit ihm in Kontakt zu treten.«
     
    »Man munkelt noch von einem anderen Grund«, sagte ein weiterer Jude, der es nicht für nötig befand, seinen Namen zu nennen. »Man munkelt, dass mit dieser Errichtung der Pforte das Böse auf die Welt gebracht werden will. Zumindest gibt es Kräfte, die die Pforte zur Erschaffung des absoluten Bösen missbrauchen wollen.«
     
    Der Antichrist, fuhr es Hilarius durch den Sinn. Die Aussage des Hexers in Volkach! Die Behauptungen des Zauberers Laurenz Hollmann!
     
    »Selbst wenn es so wäre«, widersprach ihm Braunes, »dann würde das Böse diesmal nur dem Guten dienen – vorausgesetzt, wir tun das Richtige.«
     
    Hilarius sah verdutzt drein. Um was ging es denn eigentlich? Schemuel Meisl schien seinen ratlosen Gesichtsausdruck bemerkt zu haben und fügte hinzu, während er sich nachdenklich den weißen Bart kraulte: »Es gibt eine Anmerkung in einer SoharHandschrift, wonach der schwarze Atem des Herrn das Zeichen für die Ankunft des Messias ist. Sobald wir bemerkten, dass die Pforte existiert, suchten wir nach dem Vater des Messias. Und siehe, er wurde uns geschickt.«
     
    »Steckt etwa Federlin mit euch unter einer Decke?«
     
    Meisl wirkte nun noch nachdenklicher. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und faltete die Hände im Schoß. »Nein, wir kennen deinen Begleiter nicht. Wir hatten jedoch gehört, dass er zusammen mit dir bald hier eintreffen wird. Und siehe, das Wort des Herrn hat sich erfüllt.«
     
    Hilarius warf einen raschen Seitenblick auf den Gaukler. Zum Teufel, wer war dieser Federlin bloß? Er schien in sich hineinzulachen, sagte aber nichts. Der Pater schüttelte den Kopf und sagte zu Meisl: »Ihr irrt euch. Der Messias ist vor fast tausendsechshundert Jahren auf die Welt gekommen. Jesus Christus, das fleischgewordene Wort, ist der Messias und zugleich Gott.«
     
    »Das stimmt nicht«, meldete sich David Tebel zu Wort. »Die Schebirath Hakelim sind noch nicht getrennt; die göttlichen Elemente des Guten und Bösen sind noch vereint. Das erkennst du an dem, was augenblicklich geschieht. Wenn Jesus Christus der Messias gewesen wäre, dann wäre diese Einheit bereits aufgehoben. Olam haTikkun, die geordnete Welt, beginnt erst, wenn der Adam

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