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Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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Ich bitte dich und Gott um Vergebung meiner Sünde. Ich habe meinen Samen einem Succubus gegeben. Diese Teufelin wird ihn warm halten, sich in einen Incubus verwandeln und meinen mönchischen Samen irgendeiner schändlichen Hexe einflößen. Ich werde der Vater eines Dämons sein!«
     
    »Das ist doch verrückt! Glaubst du das wirklich?« Maria schüttelte verwundert den Kopf. So etwas konnte sich doch kein gesunder Geist ausdenken!
     
    »Das ist keine Frage des Glaubens«, lautete die Antwort aus der Finsternis neben ihr. »Die Kirche lehrt es so; selbst der heilige Thomas von Aquin hat es in seiner Summa Theologica genau so beschrieben! Und wenn es gelehrt wird, dann ist es auch wirklich! Martin Luther zum Beispiel ist so gezeugt worden; das hat Johannes Cochlaeus schlüssig nachgewiesen, und der Zauberer Merlin ist auf dieselbe Weise empfangen worden.«
     
    Maria wurde es kalt. Bitterkalt. Sie entfernte sich von dem jungen Mönch und tastete blind nach ihren Kleidern. Es dauerte lange, bis sie sie gefunden hatte, und noch länger, bis sie sie übergestreift hatte. Die Erinnerung an ihre eigene Lust war verstörend. Sie hatte so etwas noch nie mit einer Frau erlebt; die Gedanken daran waren zugleich abstoßend und erregend. Mit einer Frau? Mit einem Dämon? Wie ließe sich ihr Verschwinden sonst erklären? Oder waren sie nur Opfer einer Sinnestäuschung geworden; hatten ihre aufgereizten Nerven ihnen einen Streich gespielt? Sie wusste es nicht, aber sie wusste, dass sie diese Empfindungen nie vergessen würde.
     
    »Warum ist Magie in der Welt?«, fragte sie die Finsternis. »Warum ist das Dämonische in der Welt?«
     
    Die Finsternis antwortete mit der wieder fest gewordenen Stimme Martins: »Eine Welt ohne Magie und ohne Dämonen wäre auch eine Welt ohne Gott. Vielleicht wird es das in ferner Zukunft einmal geben; vielleicht wird auch Gott einmal sterben, aber noch ist es zum Glück nicht so weit.«
     
    »Zum Glück? Nennst du das hier Glück?«
     
    Eine lange Pause. Dann: »Ja.«
     
        
     

24. Kapitel
     
    Finsternis. Klamme Kälte, die durch die Kleider sickerte und den Körper wie mit einer feuchten, eisigen Zunge beleckte. Martin schlang die Arme umeinander. Wie lange saßen sie nun schon in diesem Verlies? Es stank erbärmlich, da sie ihre Notdurft hier verrichten mussten. Er sprach wenig mit Maria. In der ersten Zeit hatten sie sich Fluchtpläne ausgedacht, doch recht bald hatten sie eingesehen, dass sie dem schrecklichen Wesen, das sie hier gefangen hielt, auf Gedeih und Verderb ausgeliefert waren.
     
    Martin wusste nicht, ob es draußen Tag oder Nacht war, ob es jenseits der Mauern regnete, schneite oder ob die Sonne schien. Es war, als habe sich die Zeit in sich selbst verschlungen. Was für ein merkwürdiger Gedanke! Er kroch über den Boden in die Richtung, von der er hoffte, dass sie ihn zu dem Brot führte, das sie jeden Tag erhielten; es wurde durch eine kleine Klappe, die in Bodenhöhe in der Tür steckte, hineingeschoben, und das Wasser ebenfalls. Doch auch hinter der Klappe war es immer stockfinster; nie drang auch nur der schwächste Schimmer in das Verlies.
     
    Martin stieß mit etwas zusammen. Er streckte die Hand aus. Es war Maria. Sie atmete laut. »Wie lange noch?«, fragte sie. »Was hat sie mit uns vor?«
     
    »Ich habe keine Ahnung«, antwortete Martin in die Schwärze hinein; ihm war, als rede er mit der Dunkelheit selbst. »Vielleicht will sie uns nur gefangen halten, bis Hilarius … bis Hilarius … ach, ich weiß es einfach nicht. Vielleicht stören wir nur bei den finsteren Plänen Federlins und des Grafen.«
     
    »Manchmal glaube ich, es wäre besser, wenn ich meinem Leben ein Ende setzte«, sagte Maria leise.
     
    »An so etwas darfst du nicht einmal denken!«, erwiderte Martin erschüttert. »Selbstmord ist die schlimmste Sünde, die es gibt, weil sie das einzige Verbrechen im Leben ist, das man nicht mehr sühnen kann. Du würdest dein Seelenheil aufs Spiel setzen. Nein, wir müssen hier ausharren und abwarten, was geschehen mag.«
     
    »Wohl gesprochen, Mönch«, sagte eine andere Stimme. Eine weibliche Stimme. Martin erkannte sie sofort. Es war die Stimme des Succubus. Er hatte nicht gehört, wie die Verführerin den Raum betreten hatte – aber schließlich war sie ein Dämon, dem andere Möglichkeiten offenstanden als den armen Sterblichen. Sie fuhr fort: »Es wird etwas geschehen – etwas, das dein Herz sowohl mit Entsetzen als auch mit Faszination

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