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Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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zu einem regelrechten Hämmern geworden. Martin hielt den Atem an.
     
    Die Schritte hielten in der Höhe der Tür, hinter der er sich versteckt hatte! Nun kehrte eine entsetzliche Stille ein.
     
    Doch durch diese Stille wob sich ein Rascheln.
     
    Und dieses Rascheln kam aus dem Raum, in den Martin sich geflüchtet hatte! Er saß in der Falle.
     
    Dann donnerte etwas von außen gegen die Tür. Und fast gleichzeitig erhob sich eine Stimme in der Dunkelheit hinter Martin. »Ja!«, brüllte sie. »Ich bin noch hier!« Die Schritte hämmerten wieder über den Boden und entfernten sich; das Klacken folgte ihnen.
     
    Martin wirbelte herum. Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Finsternis dieses verdunkelten Gemachs. »Wer bist du?«, fragte die Stimme ihn.
     
    Diese Stimme! Diese so wohlbekannte, gefürchtete und verehrte Stimme! Die Stimme des Paters Hilarius! Er hatte ihn gefunden! »Ich bin’s, Martin! Ehrwürdiger Pater, ich bin gekommen, um Euch zu befreien, wie ich es versprochen habe.« Martin sah, wie die Gestalt auf ihm zukam. Sie stöhnte. Er erinnerte sich wieder an den zweiten Kopf, und unwillkürlich wich er zurück, bis er die Tür im Rücken spürte.
     
    »Wohin willst du mich denn bringen?«, fragte der Pater, als er so nahe vor Martin stand, dass dieser die Kutte und den sich darunter abzeichnenden Kopf des Paters deutlich erkennen konnte. Er konnte sogar sehen, dass Hilarius weiße Bartstoppeln gesprossen waren, die sich ihm wie harscher Schnee um Wangen und Kinn legten.
     
    Martin erklärte ihm, wie der Fluchtplan aussah. Hilarius seufzte und betete: »O Herr, führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.«
     
    »Kommt, wir müssen uns beeilen, bevor diese seltsame Wache zurückkehrt.«
     
    »Warum?«, fragte Hilarius.
     
    »Warum?«, wiederholte Martin. »Wollt Ihr etwa nicht fliehen? Wollt Ihr hierbleiben?«
     
    »Ach, Martin, mein guter Junge«, seufzte der Pater. »Du verstehst nichts auf Gottes weiter Erde. Es war ein Fehler von mir, dich zu meinem Gesellen zu machen. Die Welt ist für dich ein Buch mit sieben Siegeln. Du siehst nur das Vordergründige; das wahre Wesen der Dinge aber bleibt dir verborgen.«
     
    »Ich kann Euch doch nicht in diesem Schloss zurücklassen, das mir so gar nicht von dieser Welt zu sein scheint. Ehrwürdiger Pater, hier haust das Böse!«
     
    »Ja, das stimmt«, pflichtete der Pater ihm bei. »Aber manchmal muss man das Böse tun, um das Gute zu erlangen.«
     
    »Warum hat Euch der Graf entführt?«, wollte Martin wissen. Flüsternd fügte er hinzu: »Hat es etwas mit Eurem … mit Eurem …«
     
    »Ja«, schnitt ihm Hilarius die Rede ab. »Wenn ich ehrlich sein soll: Ich weiß selbst nicht, was für mich und für die Welt das Beste ist.«
     
    »Das Beste ist sicher nicht, in diesem Höllenpfuhl zu bleiben! Kommt mit mir, und ich bringe Euch hier heraus. Dann können wir zurück in unser Kloster gehen.«
     
    »Glaubst du das wirklich? Nach allem, was in der letzten Zeit passiert ist?«
     
    »Wenn Ihr hierbleiben wollt, dann bleibt«, sagte Martin niedergeschlagen. »Ich jedenfalls werde nun gehen. So lebt denn wohl.« Er hastete an der Tür herum, bis er die Klinke entdeckt hatte. Er drückte sie zaghaft herunter , öffnete die Tür einen Spaltbreit und spähte hinaus auf den dunklen Gang. Niemand war zu sehen; nichts war zu hören. Als er die Tür ganz aufdrückte, spürte er plötzlich, wie etwas an seinem Wams zupfte.
     
    »Warte«, zischte der Pater hinter ihm. »Ich habe es mir überlegt. Nimm mich mit.«
     
    Das ließ sich Martin nicht zweimal sagen. Sobald auch der Pater durch die Tür in den Gang hinausgeschlüpft war, verriegelte der junge Mönch die Tür wieder, damit es nicht sofort auffiel, dass der Gefangene geflohen war, und dann machten sich die beiden auf die Suche nach dem Ausgang aus der Burg.
     
    Als sie gerade durch einen weiteren verlassenen Gang liefen, meinte Hilarius: »Wie hast du dich verändert, Martin. Dein Gewand ist nicht mehr das eines Mönchs, und auch dein Gebaren hat den Geist des Mönchischen verloren. Wie bist du an diese obszönen Kleider gekommen?«
     
    Martin errötete. »Von der Theatertruppe, von der ich Euch erzählt hatte.«
     
    »Ja, ja, jene, die den Antichrist gibt«, meinte Hilarius. »Es ist schon eine unglaubliche Ironie: eine Theatertruppe, die der Welt den Spiegel vorhält, in dem sich das Kommende widerspiegelt …«
     
    Nun kamen sie in belebtere Gegenden der

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