Der schwarze Engel: Horror-Thriller
Vanessa. »Du meinst, sie sind böse?«
Damona nickte.
»Dad hat es dir doch erzählt. Es gibt solche und solche. Da du meine Tochter bist, hast du auch meine Erbanlagen mitbekommen. Und ich habe mich damals gegen meine Schwestern gestellt.«
»Haben sie nie versucht, dich zurückzuholen?« fragte Damona. »Das wäre doch durchaus im Bereich des Möglichen. Du bist abtrünnig und die anderen ...«
»Keine Angst«, erwiderte Vanessa, »sie haben meine Spur verloren.«
»Und dieser Brodkin?«
Plötzlich herrschte Schweigen im Raum. Niemand wollte antworten. James King schaute betreten in sein Glas, Vanessa blickte zu Boden, und Damona wurde unruhig.
»Was ist denn? Redet!«
Jetzt sprach James King. »Er hat uns nicht vergessen«, antwortete er. »Brodkin ist ein Hasser. In den ersten Jahren unserer Ehe hörten wir nichts von ihm. Dann kamen aber Briefe, in denen er uns seine Rache ankündigte.«
»Was habt ihr unternommen?« wollte Damona wissen.
»Nichts. Gar nichts. Bisher ist nie etwas geschehen.«
»Aber es könnte etwas passieren.«
James King nickte.
Damona schaltete schnell. »Das heißt, dieser Brodkin würde sich sicher nicht nur an Ma rächen wollen, sondern an uns allen.«
»Das ist zu befürchten«, gab James King zurück.
»Kann denn da die Polizei nichts machen?« fragte Damona.
James King lachte. »Haben wir Beweise? Er hat sich nichts zuschulden kommen lassen. Nicht in England.«
»Weißt du denn, wo er sich aufhält?« fragte Damona.
»In Frankreich.«
»Also nicht weit von hier.« Damona strich sich über die Stirn. »Da müßte man doch etwas tun können. Jetzt, wo ich alles weiß, möchte ich nicht mehr mit der Angst im Nacken weiterleben.«
Vanessa preßte ihre Tochter an sich. »Das brauchst du auch gar nicht, mein Kind. Aber lassen wir das Thema vorläufig. Es paßt nicht zu dem heutigen Tag. Kommen wir zu deinem Geburtstagsgeschenk. Du wirst überrascht und vielleicht auch erfreut sein«, sagte sie. »Je nachdem.« Während sie sprach, ging sie auf eine Kommode zu, zog dort die oberste Schublade hervor und nahm ein kleines Päckchen heraus. Es war etwa so groß wie der Schmuckkasten für einen Ring. Vanessa öffnete den Deckel und ging auf ihre Tochter zu.
»Sieh ihn dir genau an«, sagte sie. Ihre Stimme klang dabei rauh.
Damona King senkte den Blick.
Auf feinstem Samt lag ein Stein. Er sah aus wie ein übergroßer Tropfen, schillerte grünlich, wechselte aber dann die Farbe, je nachdem, aus welchem Blickwinkel man den Stein ansah. Einmal war er blau, dann wieder rot, dann plötzlich tiefschwarz.
Vanessa sprach mit leiser Stimme. »Dieser Stein, Damona, ist das Wertvollste, das ich dir schenken kann. Durch ihn bist du in der Lage, Kräfte zu beschwören, die normalerweise tief verborgen sind. Lege den Stein nie ab, er wird dich sicher durch dein weiteres Leben führen. Ich kann dir jetzt die Fähigkeiten nicht aufzählen, die in ihm stecken. Die wirst du erst im Laufe der Zeit herausbekommen, aber noch einmal, trenne dich nie von ihm.«
Etwas ratlos hob Damona die Schultern. »Ich verstehe das alles nicht so recht. Woher hast du diesen Stein, Ma?«
»Das ist eine sehr lange Geschichte, Kind. Angeblich soll der Stein aus Deutschland stammen. Vom Blocksberg, der ja bekanntlich Treffpunkt der Hexen war. Genaues weiß niemand. Ich habe den Stein ebenfalls von meiner Mutter geerbt, und sie hat ihn von ihrer Mutter. Du siehst, er hat eine alte und auch wechselvolle Geschichte hinter sich. Und jetzt bekommst du ihn. Nimm ihn und lege ihn nie ab, denn nur er wird dich vor den Gefahren schützen, die noch auf dich zukommen.«
»Welche Gefahren denn?« fragte Damona.
Ihre Mutter lächelte schmerzlich. »Du bist die letzte in einer langen Kette, Damona. Auf dich wird sich all der Haß deiner ›Schwestern‹ konzentrieren. Sie werden versuchen, dich zurückzuholen, wieder in ihren Kreis aufzunehmen. Wehr dich dagegen, kämpfe gegen sie an und versprich mir in die Hand, Damona, daß du in Zukunft deine Kräfte nur für die Sache des Guten einsetzen willst!«
Vanessa hielt ihrer Tochter die Rechte hin.
Damona zögerte noch. In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken. Zuviel war in der letzten Zeit auf sie eingestürmt. Sie mußte sich erst alles in Ruhe durch den Kopf gehen lassen und das Durcheinander ordnen.
Zögernd streckte auch sie ihre rechte Hand aus. Dann aber griff sie fest zu.
Mutter und Tochter schauten sich an.
Tränen schimmerten in Vanessas Augen, und auch Damona
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