Der schwarze Fürst der Liebe
ringelten. Im Schlaf erschien sein Gesicht kindlich und unschuldig. Auf einmal verstand er auch die panische Angst, die Matthias wahrscheinlich durchgestanden hatte – die tiefe Sorge, dass er sich von ihm trennen könnte. Wie sollte das weitergehen? Der Zufall wollte es, dass ausgerechnet dieser junge Mann jetzt der Diener des Hauptmanns der Palastwache des Königs war.
Matthias lebte von nun an in einer reinen Männerwelt – in einer Männergesellschaft, in der seine Vorliebe für ihn unentdeckt bleiben musste. Liebe unter Männern wurde streng bestraft. Die schonungslose Kirche führte das Regiment und die Leute gehorchten diesen unmenschlichen Gesetzen blind. Es war keine Seltenheit einen solchen Mann neben einer Hexe auf einem Dorfplatz brennen zu sehen.
Versonnen strich er dem Jungen über die blonden Locken. Er hatte das Bedürfnis ihn zu beschützen. Matthias spürte die Berührung und öffnete schlaftrunken die Augen. Er blickte in sein nahes Gesicht, lächelte als sei er weiterhin in einem Traum gefangen, und streckte die Arme nach ihm aus. Matthias umfasste seinen Kopf und zog ihn zu sich hinunter – drückte die weichen Lippen auf seinen Mund.
Mortiferius war zu überrascht, um sich zu wehren. Wie lange war es her, dass er von einem anderen Menschen liebevoll geküsst worden war? Er konnte sich nicht mehr erinnern.
Sanft löste er sich aus der Umarmung. Jetzt war Matthias wach, verstand, was passiert war – begriff, was er getan hatte – bemerkte, was er da noch in seiner Hand hielt. Es war ihm anzusehen, dass er am liebsten vor Scham in seinem Bett versunken wäre.
Mortiferius nahm die Haarsträhnen aus seinen verkrampften Fingern, legte diese in die Schachtel auf dem Nachttisch und schloss sie. Er blickte den Jungen durchdringend an.
»Du darfst das, was du fühlst, niemals zeigen. Sonst werden sie dich hetzen und abschlachten wie einen räudigen Hund.«
»Ich liebe Euch«, gestand er leise.
»Ich weiß, Matthias. Dein Geheimnis ist bei mir sicher. Lass es nur auf gar keinen Fall einen anderen Menschen wissen.«
Mortiferius erhob sich.
»Du musst nun wieder schlafen. Morgen wird ein anstrengender Tag.« Mit diesen Worten verließ er den Raum.
Als er auf sein Bett sank, fiel ihm ein, dass er das Messer vergessen hatte. Er besaß eine harte Rechte – die würde zur Not reichen müssen.
Kapitel 54 – Die Palastwache
Er hatte die Soldaten der Wache in den Exerzierraum bestellt, denn draußen türmte sich inzwischen der Schnee und der Wind heulte ein stürmisches Lied um das trutzige Schloss. Die Männer waren in einer Riege angetreten.
Mortiferius baute sich in voller Größe vor ihnen auf. Das Haar trug er streng nach hinten gekämmt und zusammengebunden. Wie üblich war er schwarz gekleidet. Die Gardisten blickten ihn aufmerksam an.
Er ließ sich Zeit die Reihe zu betrachten. An der Körperhaltung jedes Einzelnen konnte er bereits dessen Widerstand gegen ihn ablesen.
»Guten Morgen! Mein Name ist Mortiferius. Wie Ihr ja inzwischen erfahren habt, hat Ihre Majestät mich gebeten, den verstorbenen Kommandanten zu ersetzen.«
Einige der Männer murmelten.
»Bestimmt haben alle das Turnier verfolgt und gesehen, dass Graf Marten von mir in einem fairen Zweikampf besiegt wurde. Wer Zweifel an dieser Tatsache äußern möchte, sollte das jetzt tun.«
Mortiferius setzte sich in Bewegung, die Hände auf dem Rücken und schritt langsam die Reihe der Wachen ab, sah jedem Einzelnen von ihnen in die Augen. Einige der Männer senkten den Blick. Es kam kein Widerstand. Das war gut.
Er beendete seinen Durchgang und stellte sich wieder in die Mitte auf den harten Sandboden des Platzes.
»Ich habe eine langjährige Kampferfahrung und denke, ich bin geeignet, die Palastwache effektiv zu schulen und deren Einsätze zu planen. Natürlich sind die Gegebenheiten hier für mich neu. Ich werde Hilfe brauchen, um die althergebrachte Ordnung zu verstehen und die Örtlichkeiten kennenzulernen. Wer ist bereit mich dabei zu unterstützen?«
Die beiden Gardisten, die Mortiferius am Vortag auf dem Gang kennengelernt hatte, traten vor. Sie waren fast gleich groß. Der braunhaarige, schmalere Mann stand stramm:
»Franz von Meppen zu Euren Diensten.«
Der rothaarige, kräftigere Soldat mit dem dicken Schnurrbart salutierte ebenfalls:
»Reinhard von Turmach zu Euren Diensten.«
Mortiferius war zufrieden. Man hatte ihn nicht boykottiert. Er erwiderte den militärischen Gruß.
»Wir treffen uns in einer
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