Der schwarze Fürst der Liebe
lächelte der Fürst, »selbstverständlich nicht. – ihm würde ich das natürlich nie sagen.«
Rudger setzte sich hin, noch nicht ganz beruhigt.
»Wie ist es eigentlich mit dir?«, erkundigte sich der Fürst und biss in sein Hähnchenbein.
»Was soll mit mir sein?«
Mordersberg schluckte das Fleisch und spülte es mit etwas Wasser nach. »Willst du dir nicht auch einmal ein Weib suchen?«
Rudger runzelte die Stirn. War er seinem Gastgeber zu viel geworden? Möglich konnte es schon sein. Nach seiner Heirat würde er vielleicht durch seine Anwesenheit das traute Glück stören. Er versuchte es mit Humor.
»Willst du mich loswerden?« Rudger sagte es lachend, aber war sich bewusst, dass die Munterkeit nicht in seinen Augen ankam.
»Gott bewahre!«, polterte der Fürst. »Du bist mir inzwischen schon fast wie ein Sohn, Mark! Außerdem bin ich sicher, dass du und Lena euch verstehen werdet.«
»Selbstverständlich«, bestätigte Rudger. »Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest. Ich möchte noch ein wenig in der Bibliothek studieren.«
Der Fürst legte das abgenagte Hähnchenbein zur Seite und steckte sich ein Stück Brot in den Mund. Er nickte. »Ja, mach das.«
Allein zwischen den Bücherwänden ballte Rudger die Fäuste. Warrenhausen setzte ihm wegen Engellin das Messer auf die Brust. Er wollte dem Schwein keine Auskunft geben und die Frau, die er liebte, nicht verraten. So viel stand inzwischen für ihn fest. Was, wenn Bartel von einem seiner Raubzüge nicht mehr wiederkäme? Würde sie sich von ihm, Rudger, trösten lassen? Ihm in die Arme sinken? Er schüttelte nachdenklich den Kopf. Auf der anderen Seite war sie eine schutzsuchende Frau. Würde er für sie seinen luxuriösen Lebensstil im Schloss aufgeben? Er dachte lange nach. Ja, das würde er. Sie wäre für ihn wirklich der einzige Grund, warum er erneut ein Leben als Söldner, Wegelagerer und Strauchdieb begänne. Aber, das waren alles nur Vermutungen.
Bartel wollte von ihm Einzelheiten zu der Mitgift. Bestimmt käme von ihm die Frage, ob er sich dem Raubzug anschloss.
Rudger kratzte sich an seinem stoppeligen Kinn. Er hatte an dem Morgen versäumt den Bart abzunehmen. Gleichgültig. Er musste nachdenken. Was geschah, wenn Bartel das Geld stahl? Warrenhausen und Mordersberg würden ihn jagen – mit allen Mitteln. Bei einer solchen Fahndung wäre Engellin ebenfalls in Gefahr.
Auf der anderen Seite war da ja auch noch sein erstes Problem: Warrenhausen. Bei dem musste er unbedingt Zeit schinden. Rudger warf sich auf einen der Ledersessel und streckte die Beine aus. – Allmählich reifte ein Plan in seinem Kopf.
Einige Wochen vergingen. Der Winter stand vor der Tür. Er hatte sämtlichen Laubbäumen die herbstliche Farbenpracht genommen und sie in kahle, schwarze Gestalten verwandelt. Nun ballte er die grauen Wolken zusammen und trieb sie mit einem eisigen Hauch in Fetzen über das Land.
Rudger fror. Er zog seinen Umhang fester bei seinem Ritt durch den erbarmungslosen Wind. Seine Besprechung mit Warrenhausen, die den ersten Teil seines Plans darstellte, war erfolgreich verlaufen. Er wusste, dass es nicht die winterliche Kälte allein war, die ihn frieren ließ. Es war das Grauen über seinen eigenen Entschluss, das ihm wie ein festgefrorener Stein in der Brust saß, denn was er vorhatte, entsprach nicht seinem Wesen, sondern war aus der Not geboren. Rudger versuchte, nicht in den Abgrund zu blicken, in den er seine Seele bald stürzen würde. Er näherte sich dem Schloss, um dem Fürsten Bericht zu erstatten.
Friedrich Mordersberg saß in seinem Arbeitszimmer am Schreibtisch. An der Wand über ihm hing ein neu erschaffenes Ölgemälde. Es zeigte die dralle Lena Warrenhausen, die zukünftige Fürstin Mordersberg, in einem roten, tief ausgeschnittenen Samtkleid. Das Bild war schmeichelhaft, fand Rudger, als er vor dem Adligen stand, und darauf wartete angesprochen zu werden.
Dieser hob den Kopf und blickte ihn neugierig an. »Nun, Mark, was konntest du erreichen?« Er deutete auf den Sessel vor seinem Schreibtisch.
Rudger setzte sich. »Ich habe mit Warrenhausen folgenden Plan besprochen: Wir setzen die Kutsche des Freiherrn in Bewegung, bewacht mit vier Soldaten, die die vermeintliche Mitgift hierher bringen soll.«
Der Fürst nickte zustimmend.
»Zeitgleich macht sich ein unauffälliger Reiter mit dem Geld auf den Weg zum Schloss und bringt es so sicher ans Ziel. Sollten Angreifer es auf die Mitgift abgesehen haben, werden sie sich die
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