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Der schwarze Korridor

Der schwarze Korridor

Titel: Der schwarze Korridor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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war kein Mensch auf der Oxford-Street zu sehen.
    Ryan stand am Wagen und betrachtete die Ruinen der ausgebrannten Geschäfte und der geplünderten Bürohäuser. Andenken an die Winteraufstände.
    Sarah sah aus dem Fenster. »Bewunderst du die Aussicht?« fragte sie. »Im Stillen bist du ein kleiner Romantiker.«
    »Vielleicht bin ich das wirklich«, sagte er, als er in den Wagen stieg und startete, »obwohl ich mich immer für einen Realisten gehalten habe.«
    »Ein egozentrischer Romantiker.«
    »Du bist schärfer als notwendig«, sagte Ryan, als sie die Straße entlang fuhren.
    »Sorry, ich bin nur nicht sentimental. Das kann man sich im Moment auch gar nicht leisten.«
    »Ich soll dich also die ganze Strecke bis nach Croydon fahren?«
    »Ich hoffe, du erwartest nicht, daß ich durch das Gebiet der Antifems zu Fuß gehe?«
    »Gebiet? Haben sie jetzt die Kontrolle über einen ganzen Stadtteil?«
    »So ziemlich. Sie versuchen ihren eigenen kleinen Staat in Balham zu gründen – Frauen sind unerwünscht. Jede Frau, die sie erwischen, bringen sie um. Zauberhaft!«
    Ryan schnaufte. »Vielleicht die einzig richtige Methode.«
    »Werd’ nicht geschmacklos, Liebling. Können wir Balham umfahren?«
    »Es ist der kürzeste Weg, seitdem die Brighton-Road gesprengt worden ist.«
    »Und andersrum?«
    »Ich werd’s versuchen.«
    Sie fuhren schweigend weiter.
    London war verdunkelt, traurig und kaputt.
    »Mal dran gedacht, abzuhauen?« fragte Sarah.
    »Wohin denn schon«, sagte er. »Der Rest der Welt scheint eher schlimmer dran zu sein als England. Und im Ausland braucht man Geld. Und nachdem niemand mehr irgend jemandes Geld anerkennt, wovon soll man leben?«
    »Glaubst du, daß du dieses Weihnachten viel Spielzeug verkaufen wirst?« Sie schaute auf die kleinen flachen Häuser zur Rechten. »Du und mein alter Herr haben den falschen Beruf. Er war wenigstens klug genug, in die Politik zu gehen. Das ist etwas sicherer, zumindest eine Zeitlang.«
    »Vielleicht.« Er fuhr über die Brücke. Sie schwankte.
    »Der nächste Wind macht auch hiermit Schluß.«
    »Halt’s Maul, Sarah!«
    »Komm, versuch, es anständig enden zu lassen, Liebling. Ich dachte, du wärst ein so guter Geschäftsmann, ein ganz cooler, cleverer Manager. Hast du das nicht selbst immer gesagt?«
    »Das mußt du mir nicht vorwerfen. Ich habe meine Pläne, meine Träume, von denen du keine Ahnung hast.«
    »Doch nicht etwa die Idee mit dem Raumschiff?« Sie lachte.
    »Woher …?«
    »Du hast mir nichts davon erzählt, Liebling. Vor ein paar Wo chen war ich an deiner Brieftasche. Bist du noch bei Trost? Du glaubst doch selber nicht etwa, du könntest mit dreizehn Personen so einfach nach Sibirien reisen und das UN-Raumschiff klauen?«
    »Es ist startklar.«
    »Die streiten sich doch noch heute, welches Teilchen wem gehört und welche Nation es also benutzen darf. Das startet nie.«
    Ryan lächelte wissend.
    »Du bist verrückter als mein alter Herr.«
    Ryan runzelte die Stirn.
    »Warte nur, bis ich es meinen Freunden erzähle. Seit Wochen warte ich auf eine Gelegenheit.«
    »Du wirst es niemandem erzählen, Liebling.« Er sprach durch die Zähne. »Glaube mir.«
    »Wir haben alle unsere Illusionen, aber das ist verrückt, Schätzchen. Wie willst du denn damit fliegen?«
    »Es ist vollautomatisch. Es ist die wunderbarste Erfindung aller Zeiten.«
    »Und du glaubst, du kannst es dir einfach unter den Nagel reißen?«
    »Wir sind in Verbindung mit den Leuten auf der Station«, sagte er. »Auch die sind der Meinung, es geht.«
    »Wie bist du mit ihnen in Verbindung?«
    »Das ist gar nicht schwer, Sarah, altmodischer Funk-Kontakt. Seit einiger Zeit arbeiten einige wissenschaftlich begabte Pragmatiker, wie zum Beispiel ich, daran, wie man aus diesem Schlamassel rauskommt. Genauer, seitdem es klar ist, daß die Menschen erneut einem dunklen Zeitalter entgegenstreben.«
    »Ihr hättet sie retten können«, sagte Sarah ihm ins Gesicht, »wenn ihr nicht so verdammt vorsichtig, so beschissen eigennützig gewesen wärt.«
    »So einfach ist es nicht.«
    »Deine Generation und die Generation davor hätten etwas tun können. Irgend jemand muß doch die Ursprünge dieser Paranoia und Xenophobie erkannt haben. Mein Gott, es hätte das Jahrhundert von Utopia sein können, ihr und eure Väter haben es in eine Hölle verwandelt.«
    »Es sieht beinahe so aus …«
    »Liebling, es ist so.«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Und nun steigst du aus«, sagte sie, »läßt den Dreck

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