Der schwarze Magier
und einfache Kleidung getragen. Er glaubte, damit die Liebe Gottes zu erringen und ihn zu erkennen.«
Moses winkte ab. »Und wohin hat es geführt? Er hat einen zweiten Kreuzzug ausgerufen. Er war nichts weiter als ein elender Kriegstreiber, eine Chimäre. Nicht ganz Mönch, nicht ganz Ritter. Um das geheiligte Land von den Muselmanen zu befreien, ließ er zu den Waffen greifen. Was ist denn das für ein Christ?« Moses schnaubte abfällig.
»Deswegen ist die ganze Sache auch vor Damaskus gescheitert. Und Clairvaux meinte, es sei die Strafe Gottes für die Sittenlosigkeit der Christen.« Rupert nahm die von einem Diener erneut gefüllte Teeschale auf und schlürfte vorsichtig das heiße Getränk. Über den Rand der Schale blickte er den jüdischen Arzt an. »Dann waren es die abendländischen christlichen Könige, die sich wieder auf den Weg machten, Friedrich, der Staufer, Philipp, der Franzose, und Richard, der Engländer.« Er stockte einen Augenblick bei dem Gedanken an Richard. Dann schüttelte er bekümmert den Kopf. »Die Reinigung der Christenheit ist überfällig.«
»Ich sehe, Ihr steht tatsächlich über den Dingen, weil Ihr keiner dieser Religionen angehört. Ich weiß nur nicht, ob das gut oder schlecht ist.«
»Für wen? Für die Gläubigen oder für mich?«
»Ich fürchte, für Euch. Denn Ihr werdet mit jeder dieser Religionen in Konflikt kommen, weil jede behauptet, die einzig wahre zu sein.«
Ruperts spöttisches Lächeln wurde breiter. »Das bin ich schon. Es hat mich jedoch nicht davon abgehalten, meinen eigenen Weg zu gehen. Denn Wahrheit ist relativ, je nachdem, von welchem Standpunkt aus man sie betrachtet.«
Moses beugte sich vor und schaute Rupert eindringlich in die Augen. »Kommt mit nach Kairo. Dort könnt Ihr Euch verwirklichen, als Philosoph und als Arzt, so wie ich.«
Rupert stellte die leere Teeschale vor sich auf den Tisch, als wolle er damit eine Grenze zwischen sich und dem Juden ziehen. »Wer mit den Mächtigen der Welt umgeht, muss sich wie ein Halm im Wind biegen. Lernt er es nicht, wird er schnell zu Boden getrampelt. Ich aber beuge mich keinem Menschen und keinem Gott.«
»Wie das, wo Ihr doch Berater des englischen Königs seid und nun ein Vertrauter des Sultans?«
Rupert schüttelte den Kopf. »Ob Richard oder Saladin, den Wind mache ich.«
Der Jude blickte ihn erschrocken an und sein Gesicht war blass geworden. Rupert bemerkte es mit einem kleinen, spöttischen Lächeln.
»Ich danke Euch für die Einladung. Es war für mich ein erquickliches Erlebnis, mit Euch über Gott und die Welt zu plaudern. Man findet nicht viele solch freier Geister unter der Sonne wie Euch. Ich hoffe, wir können dies einmal wiederholen.« Er erhob sich und verbeugte sich leicht vor Moses, nicht tiefer, als es ihm die Achtung für einen geistig ebenbürtigen Menschen gebot.
»Ich stimme mit Euch überein, Gott lebt nicht über, sondern in all den Dingen. Auserwählt sind die, die diese Göttlichkeit spüren. Ich wünsche Euch eine gute Nacht!«
Dicke Dampfschwaden waberten durch die Gewölbe des Bades. Der Badediener wischte sorgsam das Rasiermesser an einem Baumwolltuch ab. Kontrollierend strich Rupert mit der Hand über seine Wange. Die Rasur mit der fein geschmiedeten Damaszener Klinge war perfekt. Er fühlte sich ohne das lästige Gestrüpp im Gesicht wohl und unterschied sich darin von den Moslems und den Juden wie auch von den Kreuzfahrern und abendländischen Pilgern. Und er streckte sich lustvoll auf der Pritsche aus, als der Badediener seine Lenden einseifte und sorgfältig das Schamhaar entfernte.
Er zuckte zusammen, als ein rotbärtiger, splitternackter Franke neben ihm auftauchte und verständnislos auf Rupert starrte.
»Zum Teufel, was geschieht denn hier bei diesen Heiden?«, polterte er und beäugte argwöhnisch das Treiben des Badedieners.
»Seid Ihr das erste Mal in einem Badehaus?«, fragte Rupert spöttisch und blickte angewidert auf die unbedeckte Lendengegend des Franken. Die Muslime umschlangen nach dem Bad ihre Hüften mit einem weißen Baumwolltuch, doch dieser Mann stakste nackt wie Adam durch die Badehalle und präsentierte seine Blöße, deren Haare lang und struppig wie sein roter Bart waren. »Dann solltet Ihr wissen, dass Sauberkeit das oberste Gebot ist und Läusen und Flöhen kein Heim geboten wird. Oder mögt Ihr das Jucken zwischen Euren Beinen?« Spöttisch erhob er sich und schlang sich lässig sein Badetuch um die Hüften.
»Äh – nein
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